Das Glück reicht immer für zwei
ja in meinen Mails berichtet.«
Mike trank von seinem Bier. Die beiden Freunde hatten sich in ihrer Lieblingsbar verabredet, weil es dort einen großen Fernseher gab und man live Fußball schauen konnte. Doch bislang hatten sie dem Fußballspiel auf dem großen Bildschirm kaum Beachtung geschenkt, weil Mike Leo Löcher in den Bauch fragte.
»Also abgesehen von der Liebesromanautorin und ihrer Schwester gab es keine weiteren allein reisende Frauen? Das kann ich mir gar nicht vorstellen.«
»War aber so. Wobei die Liebesromanautorin und ihre Schwester wirklich sehr interessant waren.«
»In welcher Hinsicht?«
»Nun, sie waren irgendwie anders. Und die Schmonzettenautorin war überhaupt kein bisschen kitschig, was umso erstaunlicher ist, wenn man ihr Buch gelesen hat. Sie war im Gegenteil sogar ziemlich distanziert, anfangs zumindest, denn später ist sie dann aufgetaut. Ihre Schwester wäre wahrscheinlich eher dein Typ gewesen.«
»Du hast gesagt, sie sei ein bisschen verrückt.«
»Stimmt. Aber unterhaltsam.«
»Sollte ich sie mir vielleicht mal anschauen?«, fragte Mike. »Hast du ihre Telefonnummer?«
»Die Schmonzettenkönigin hat eine Webseite, da findest du ihre Adresse.« Leo zögerte, ehe er weitersprach. »Die Schwester hat ein Kind …«
»Sie gibt es also nur mit Kind und Kegel?« Mike schüttelte den Kopf. »Um ehrlich zu sein, suche ich eine Frau, die keine Kinder möchte. Ich kann mit diesen kleinen Ungeheuern nichts anfangen.«
»Dann kommt, fürchte ich, weder die Verrückte noch die Schmonzettenkönigin für dich infrage«, sagte Leo. »Im Übrigen mag ich diese Bezeichnungen nicht, passt irgendwie nicht zu den beiden. Mia war mir von Anfang an sympathisch und Britt ebenfalls,
nachdem ich sie etwas näher kennengelernt hatte. Sie ist … scharfsinnig.«
Mike sah ihn nachdenklich an. »Wie äußert sich das?«
»Sie hat es erraten. Die Sache mit Vanessa.«
»Im Ernst?«, sagte Mike erstaunt.
»Sie hat mich gefragt, ob meine Freundin gestorben sei.«
»O Mann, hört sich verrückt an.«
»Aber sie ist überhaupt nicht abgedreht. Sie hat mich einfach so gefragt, als wäre es das Normalste der Welt.«
»Sie ist also nicht so eine Eso-Tante, die behauptet, hellseherische Fähigkeiten zu haben? Geht es in ihrem Buch denn nicht um Liebe über den Tod hinaus und diesen Quatsch?«
»Natürlich nicht«, entgegnete Leo entrüstet. »Damit hat es überhaupt nichts zu tun. Außerdem schien sie …« Seine Stimme verebbte.
»Was?«
»Keine Ahnung.« Leo zuckte die Schultern. »Ich habe noch nie eine Frau wie sie kennengelernt. Sie ist ganz anders, als man zunächst denkt.«
»Trotzdem, hört sich nicht so an, als wäre eine der beiden etwas für mich«, sagte Mike, nachdem er einen kräftigen Schluck von seinem Bier genommen hatte. »Eine Singlemutter und eine ziemlich beängstigende Liebesromanautorin. Ich weiß nicht, mein Freund. Scheint, als hättest du dir die einzige normale Frau an Bord geangelt. Knackiges Model mit großem Busen.«
»Ich mag sie nicht wegen ihres Busens«, erwiderte Leo.
»Aber ich würde wetten, dass er eine klitzekleine Rolle gespielt hat«, sagte Mike lachend. Dann gab er dem Barmann ein Zeichen für zwei weitere Bier.
Britt stieg aus der Dusche, wickelte sich ein Duschtuch um den Körper und ein Handtuch ums Haar. Es war halb sieben Uhr morgens, und obwohl sie eigentlich nicht so früh aufstehen müsste,
hatte sie in den letzten Wochen festgestellt, dass sie frühmorgens am besten schreiben konnte. Und wenn sie sich an den Tisch in ihrem kleinen Wohnzimmer setzte, wollte sie frisch geduscht und fertig angezogen sein. Beim Perfekten Mann war es anders gewesen. Ihren ersten Roman hatte sie nachts nach der Arbeit in der Kanzlei geschrieben, im Bett, mit dem Laptop auf dem Schoß. Aber so war es ihr lieber. Morgens war es einfacher, sich mit den Problemen ihrer Figuren abzugeben. Sie hatte sich eine Routine angewöhnt: duschen, frühstücken und gleichzeitig im Radio die Nachrichten hören, sich das Haar fönen, anziehen, den Laptop aufklappen und loslegen.
Dummerweise wollte es ihr jedoch seit einer Woche nicht mehr gelingen, die Figuren, die sie fertig im Kopf hatte, auf dem Papier weiterzuentwickeln, und fürchtete, unter einer Schreibblockade zu leiden. Sie wusste zwar nicht genau, was eine Schreibblockade war (schließlich war sie keine wirkliche Schriftstellerin; sie war Anwältin, die vorgab, eine Schriftstellerin zu sein), aber wenn es bedeutete, vor
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