Das Glück reicht immer für zwei
angebracht. Davor gab es ein Parkverbotsschild, sodass Mia ein Stück weiterfuhr, ehe sie am Straßenrand anhielt.
»Nun?« Britt sah sie forschend an. »Was willst du jetzt tun?«
»Es ist riesig«, sagte Mia. »Wirklich riesig.«
»In Dalkey habe ich schon größere Villen gesehen«, meinte Britt abschätzig.
»Ach, nun gib schon zu, Britt, es ist beeindruckend.«
»Na gut, es ist beeindruckend«, räumte Britt ein.
»Ich kann ihn mir nicht hier vorstellen«, sagte Mia. »In Guatemala war er so lässig und locker. So überhaupt nicht der Typ, der in einem Haus mit hohen Mauern und Alarmanlage wohnt. Auf ihren Exkursionen haben er und seine Kollegen in Zelten geschlafen.«
»Die Zeiten ändern sich«, meinte Britt.
»Wem sagst du das …«
»Willst du ein bisschen herumgehen?«
»Was ist, wenn er herauskommt?«
»Mia, Schätzchen, dann wirst du es rechtzeitig merken. Dieses Tor öffnet sich elektrisch. Bis das aufschwingt, dauert es eine Weile.«
»Gut, dann lass uns aussteigen.«
Sie kletterten aus dem Jeep und folgten der Mauer in Richtung Tor. Das Herz schlug Mia bis zum Hals. Er ist hier, dachte sie. Nur ein paar hundert Meter entfernt. Vielleicht sitzt er in diesem Moment auf der Terrasse oder im Garten oder schwimmt im Pool. Wer weiß, wenn sie jetzt seinen Namen riefe, würde er womöglich herbeieilen. Er würde sie in seine Arme ziehen, herumwirbeln und ihr Gesicht mit Küssen bedecken, ihr sagen, dass er sie noch immer liebe. Dass er nie aufgehört habe, sie zu lieben …
»Warum sind wir hier?«, quengelte Allegra, die hinter ihnen her trödelte.
»Das ist eine gute Frage.« Mia blieb vor dem Tor stehen, hob ihre Tochter hoch und drückte sie an sich; schnell verbannte sie sämtliche Gedanken an Alejo. »Es gibt keinen speziellen Grund. Wir fahren gleich zu unserem Hotel zurück.«
»Gut«, sagte Allegra, »ich bin müde.«
»Aber wolltest du nicht …« Britt verstummte, als plötzlich ein Motor zu hören war und das Tor aufzuschwingen begann.
»Oh, verdammter Mist!«, entfuhr es Mia. Sie machte auf dem Absatz kehrt. »Komm, Britt. Lass uns abhauen.«
Doch Britt rührte sich nicht vom Fleck, sodass sie, als ein schwarzer Mercedes auf die Straße herausfuhr, einen Blick auf die Frau hinter dem Steuer erhaschte.
Britt trat wieder zu Mia, die sofort wissen wollte, wer in dem Wagen saß. »Seine Frau. Sie ist hübsch«, sagte Britt widerstrebend zu Mia, während sie zum Jeep zurückkehrten. »Aber ich habe sie nur flüchtig gesehen und ihre Makel natürlich nicht erkennen können.«
»War er nicht dabei?«
Britt schüttelte den Kopf. »Nein. Sie war allein.«
»Das hat nichts zu bedeuten.« Mia warf einen Blick zurück zum Haus. »Hierherzukommen war eine saublöde Idee.«
»Warum?«
»Es gibt keine Zukunft für mich und Allegra gemeinsam mit Alejo.«
»Was lässt dich so sicher sein?«
»Ich war mir diesbezüglich von Anfang an sicher. Und von wegen er hat einen Anspruch darauf, von Allies Existenz zu wissen … Nun, bis zu einem gewissen Grad magst du ja recht haben, aber ich kann jetzt unmöglich sein Leben verpfuschen. Vielleicht, wenn sie groß ist. Und was eine Vaterfigur anbelangt, wird es vielleicht eines Tages jemand anderen geben, wer weiß.«
»Schwebt dir jemand Bestimmtes vor?«, fragte Britt in betont beiläufigem Ton.
Mia lachte. »Du bist so durchschaubar, meine Liebe. Nein, im Moment schwebt mir niemand vor. Doch Steve hat mir klargemacht, dass es in Zukunft vielleicht jemanden geben könnte.«
»Wirst du dich bei ihm melden?«
»Nein. Es hat keinen Sinn. Aber ich bin froh, dass er mich geküsst hat.«
Am nächsten Abend, als Allegra tief und fest in ihrem Hotelbett schlief, fragte Britt Mia, ob sie sich sicher sei, dass sie Alejo nicht
anrufen wolle. Mia blieb jedoch hartnäckig bei ihrem Entschluss, dass es ihr völlig genügt habe, sein Haus zu sehen, und dass sie auf keinen Fall beabsichtige, Allegra ein Leben in einem Hochsicherheitstrakt zuzumuten. Britt versuchte, sie zu überzeugen, dass das Unsinn sei; Allegra würde sowieso nicht dort leben wollen, und Alejo habe gewiss nicht die Absicht, sie ihr wegzunehmen. Trotzdem ließ sich Mia nicht umstimmen: Selbst wenn Alejo nicht das Sorgerecht für seine Tochter wolle, würde eine Familie wie die Arizas in Zukunft bestimmt mehr Einfluss auf Allegra ausüben als sie selbst. Und das wollte sie auf jeden Fall vermeiden. Im Übrigen, argumentierte sie erneut, hatte sich Alejo schändlich verhalten.
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