Das Glück reicht immer für zwei
E-Mail ein weiteres Mal. Während sie las, konnte sie Steves warme, fröhliche Stimme hören. Der unkomplizierte Steve, der gesagt hatte, dass er sie liebe, und der zu ihrem Erstaunen so verführerisch küsste. In dessen Armen sie sich sicher und beschützt gefühlt hatte und ihr bewusst geworden war, dass sie wieder bereit war, mit einem Mann zu schlafen. Davor hatte sie nicht im Traum daran gedacht, mit Steve ins Bett zu gehen. Aber am Abend ihres Rendezvous, als er sie geküsst hatte, wollte sie genau das. Und das hatte sie schockiert. Es war ihr wie ein Verrat an Alejo und an allem, was sie zusammen getan hatten, vorgekommen. Ein Verrat an ihrem heißen, leidenschaftlichen Sex. Ein Verrat an sich selbst.
Nach Alejo hatte sie hin und wieder an andere Männer gedacht, das schon. Doch das Wissen, dass sie im selben Land wie Alejo war, keine zwei Stunden von ihm entfernt, dass sie jederzeit an seine Tür klopfen könnte, hatte sie davon abgehalten, diese Gedanken weiterzuspinnen (im Übrigen hatte es höchstens in ihrer Fantasie geeignete Kandidaten gegeben). Sie hatte sich für ihn aufgehoben, wie ihr nun klarwurde. Für den Tag, an dem er zu ihr zurückkommen würde.
Und genau das hatte er nun getan.
Fast zehn Minuten lang saß sie da und starrte vor sich hin. Dann loggte sie sich aus ihrem E-Mail-Konto aus und klappte den Laptop zu.
Am nächsten Tag wählte sie erneut die auf der Visitenkarte angegebene Handynummer.
»Ariza, dígame.«
Sie atmete tief durch. »Alejo, ich bin’s, Mia. Ich habe beschlossen, zu dir zu kommen.«
31. Kapitel
POSITION: DUBLIN.
WETTER: SCHWERE REGENGÜSSE.
WIND: SÜDLICH, 15 KM/H.
TEMPERATUR: 18°. LUFTDRUCK: 1001.5 MBAR.
Im Foyer des Four Seasons Hotel drängten sich Menschen im Partylook. Die Hälfte waren Gäste einer Party, mit der eine preisgekrönte Werbekampagne für eine Haarpflegeserie gefeiert wurde; die andere Hälfte strömte zu einer Veranstaltung von Dagger Press, einem Schwesterunternehmen von Britts Verlag Trevallion. Auch Dagger Press gab eine Party – und zwar zu Ehren seiner drei erfolgreichsten Thrillerautoren, die seit zwei Wochen die ersten Plätze der Bestsellerlisten anführten. Dagger, Trevallion und Trefoil, ebenfalls ein Tochterunternehmen, hatten alle Autoren und einige Buchhändler zu diesem Event geladen.
Britt, die kein einziges bekanntes Gesicht in der Menge im Foyer ausmachen konnte, gab ihren beigefarbenen Regenmantel, den sie über ihrem schwarzen Cocktailkleid getragen hatte, an der Garderobe ab. Dann strebte sie in Richtung des Konferenzraums, in dem die Verlagsparty stattfand. Die Wände waren mit Postern dekoriert, die die Cover der meistverkauften Titel präsentierten.
Auch dort herrschte ein ziemliches Gedränge. Sie ließ den Blick durch den Raum wandern auf der Suche nach jemandem, den sie kannte. Schließlich entdeckte sie Lisa-Anne, ihre Lektorin, die, an einem Glas Weißwein nippend, mit Chesney Price plauderte, einer feministischen Schriftstellerin, die als äußerst energisch und provozierend galt. Britt überlegte gerade, ob sie sich zu ihnen
gesellen sollte, als Lisa-Anne in ihre Richtung blickte und sie zu sich winkte.
»Hallo«, sagte sie, als Britt zu ihnen trat, »schön, dich zu sehen.«
»Danke, gleichfalls«, erwiderte Britt. »Hi, Chesney.«
Chesney sah sie fragend an.
»Britt McDonagh«, erklärte Britt. »Brigitte Martin.«
Chesney schien sie nicht zu erkennen, auch wenn sich die beiden Frauen zuvor bereits zwei Mal bei einer Radiosendung begegnet waren, an der sie teilgenommen hatten.
»Der perfekte Mann«, half Lisa-Anne ihr auf die Sprünge. »Britts Bestseller.«
»Ach so, ja«, sagte Chesney schließlich. »Ich habe ihn natürlich nicht gelesen. Solche Bücher sind nichts für mich. Derlei Titel werfen die feministische Bewegung um Jahrzehnte zurück.«
»Oh, das ist aber ein harsches Urteil«, entgegnete Britt.
»Na ja, den Frauen den Floh ins Ohr zu setzen, dass sie sich nur einen Mann zu angeln brauchen, dann sei die Welt in Ordnung …« Chesney stieß ein abfälliges Schnauben aus.
»Das ist nicht die Botschaft meines Buches.« Britt war irritiert von Chesneys rüdem Kommentar. »Im Übrigen wäre das auch nicht schlimmer, als den Frauen weiszumachen, sie könnten alles haben, und ihnen das Gefühl der Unzulänglichkeit zu vermitteln, wenn ihnen klarwird, dass das für sie gar nicht möglich ist.«
»Das habe ich nie gesagt«, erwiderte Chesney. »Mein Standpunkt ist, man sollte die
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