Das Glück reicht immer für zwei
auf Erden, was mich anbelangt.«
»Vielleicht wird es ja nicht so schlimm, wie du denkst.« Mia schnitt eine Grimasse und sah dann ihre Schwester grinsend an. »Vielleicht wird es ja ein paar Schiffsscheidungen geben, dann hast du was zu tun. Wie auch immer, was geht das uns an! Was gehen uns all die Liebespaare an. Wir können uns die Zeit auch anderweitig vertreiben, zum Beispiel, indem wir uns an der Schatzsuche beteiligen.«
Sie hatten im Newsletter des Schiffs darüber gelesen. Die Schatzsuche würde in Form einer Schnitzeljagd auf der Privatinsel Espada beginnen. Den glücklichen Finder lockte ein Diamantring im Wert von fünftausend Dollar aus dem Bordjuwelierladen.
Mias Augen hatten sich beim Lesen geweitet. Sie hatte bereits einen Blick in den Laden geworfen und sehnsüchtig die Diamanten
betrachtet, die unter den Vitrinenstrahlern um die Wette funkelten.
»Also, die Schatzsuche hört sich schon verlockend an«, stimmte Britt zu.
»Außerdem kann man ja nie wissen«, sagte Mia schalkhaft. »Vielleicht gibt es ja zwei atemberaubende Kerle an Bord, die unser Herz im Sturm erobern, sodass du deine Meinung über die wahre Liebe für immer über Bord wirfst.«
»Was ich ernsthaft bezweifle«, erwiderte Britt lachend.
Mia freute sich, ihre Schwester lachen zu sehen. Ihr wurde bewusst, dass sie Britt, seit sie sich in London getroffen hatten, zum ersten Mal unbeschwert erlebte. Und es war ihr Job, dafür zu sorgen, dass Britt unbeschwert war. Sie nippte an ihrem Champagner. Nicht gerade eine leichte Aufgabe. Sie zweifelte, dass Britt in ihrem Leben je wirklich unbeschwert gewesen war. Warum sollte sie ausgerechnet jetzt damit anfangen?
»Vielen Dank, vielen Dank.« Der Bandleader sprach ins Mikrofon. »Wir hoffen, Sie alle bald wiederzusehen.«
Mia warf einen Blick auf ihre Uhr. Es war fast sieben, und das Restaurant würde bald öffnen. Die Restaurants, besser gesagt. Die Aphrodite verfügte über fünf davon. Im Unterschied zu den größeren Kreuzfahrtschiffen, die riesige Zahlen von Passagieren verköstigen mussten, gab es hier kein Essen »in Schichten«. Die Restaurants hatten von neunzehn Uhr bis dreiundzwanzig Uhr geöffnet, und man aß à la carte. Der einzige Nachteil war, dass man nicht reservieren konnte, sodass man damit rechnen musste, mit anderen Passagieren an einen Tisch platziert zu werden. Der Broschüre zufolge (die Mia vor ihrer Abreise von vorn bis hinten mindestens ein Dutzend Mal studiert hatte) war dies durchaus beabsichtigt. So habe man Gelegenheit, interessante Menschen kennenzulernen und womöglich lebenslange Freundschaften zu schließen.
Mia machte es nichts aus, mit Menschen zu Abend zu essen, die sie nicht kannte, bezweifelte aber, dass daraus lebenslange Freundschaften wurden. Genau wusste sie stattdessen, dass Britt diese Aussicht bestimmt nicht reizvoll fand. Mia kannte Britts Abneigung gegen oberflächlichen Small Talk mit fremden Menschen. Schon als kleines Mädchen war ihre ältere Schwester beinahe lähmend schüchtern gewesen und hatte es gehasst, mit Menschen zu reden, die sie nicht kannte. Daher war es umso erstaunlicher für sie, dass Britt ihre öffentlichen Auftritte rund um ihr Buch mit Bravour überstanden hatte. Natürlich hatte Britt, als sie älter wurde, ihre Schüchternheit überwunden – wozu ihr kometenhafter Erfolg in dem von ihr gewählten Beruf erheblich beigetragen hatte. Und was ihre zweite Karriere als Schriftstellerin anging, so war es zum großen Teil Merediths Verdienst, dass sie den öffentlichen Rummel bislang unbeschadet überstanden hatte. Mia wünschte, sie hätte die Gelegenheit gehabt, sich mit Britts Agentin zu unterhalten und sie zu fragen, wie sie es anstellte, dass ihre Schwester in der Öffentlichkeit so geistreich und spontan wirkte, obwohl jeder in ihrer Familie wusste, dass Britt nie etwas tat, was sie nicht penibel geplant hatte.
Das einzige Mal, als sie wirklich spontan gehandelt hatte und verrückt gewesen war, hatte es in einem Fiasko geendet, sodass Mia vollkommen verstand, dass Britt jetzt umso vorsichtiger war. Mia (ebenso wie James, Paula und Gerry) hatten verblüfft miterlebt, wie es einem Mann gelang – auch wenn Ralph verdammt gut aussah und zweifelsohne über eine Menge Charme verfügte –, Britt im Sturm zu erobern. Als sie in Templeogue aufwuchsen, war Britt gegenüber gut aussehenden Jungen völlig immun gewesen; sie meinte, dass das Aussehen keine Rolle spiele, bei den meisten handle es sich um dumme
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