Das Glück reicht immer für zwei
Peru –, auf einem Liegestuhl bequem machte, bemerkte sie, dass einige Der perfekte Mann lasen. Es war wirklich eigenartig zuzusehen, wie sie bedächtig Seite um Seite umblätterten, offensichtlich völlig in Bann gezogen von der
Liebesgeschichte, die, wer hätte es gedacht, ihre Schwester geschrieben hatte.
Womit mal wieder die Frage geklärt wäre, ob Schreiben immer autobiografisch sei, dachte Mia. In Britts Fall zumindest traf das nicht zu. Im Gegenteil, ihre männerverachtende Haltung schien sich noch verstärkt zu haben, seit das verdammte Buch herausgekommen war. Was sich in ihrer zynischen Art zeigte, wie sie über die »großen« Liebespaare der Weltgeschichte dachte.
Sie muss ja auch nicht von allem überzeugt sein, dachte Mia, schloss die Augen und ließ ihr Rucksackreisebuch neben der Liege zu Boden fallen. Es reicht, wenn sie sich überzeugt anhört. Und darin ist sie wirklich sehr gut.
Als sie kurz darauf die Augen wieder öffnete, sah sie, wie Leo Tyler in den Pool stieg. Sie war überrascht gewesen, ihn bei Britts Vortrag zu sehen, und noch überraschter von seinen schroffen Fragen darüber, wie Frauen Männer wahrnehmen. Versuchte Leo etwa, die perfekte Frau zu finden? Ein Vorhaben, das freilich zum Scheitern verurteilt war, weil es genauso wenig die perfekte Frau gab wie den perfekten Mann. Niemand war perfekt. Niemand konnte alle Wünsche und Sehnsüchte von jemand anderem erfüllen.
Wie auch immer, dieser Leo scheint mir jedenfalls nicht über die soziale Kompetenz zu verfügen, eine Beziehung mit einer Frau einzugehen, dachte Mia, während sie ihm beim Treiben im Wasser zusah. Eine Frau, die sich mit ihm einließe, müsste ein ebensolcher Gesellschaftsmuffel sein wie er selbst. Und genau aus diesem Grund, sinnierte sie weiter, während unvermittelt ein Grinsen auf ihrem Gesicht erschien, würde Britt perfekt zu ihm passen. Und er perfekt zu ihr! Als Paar könnten sie ganze Tage allein auf ihrem Balkon verbringen und auf das Vergnügungsprogramm auf dem Schiff pfeifen. Das Abendessen könnten sie an einem langweiligen Zweiertisch einnehmen. Gemeinsam könnten sie irgendwelche intellektuellen Vorträge besuchen und unbarmherzige
Kommentare über die anderen Teilnehmer abgeben. Sie würden ein absolut perfektes Paar abgeben!
Mia kicherte in sich hinein und seufzte dann. Wahrscheinlich waren sie sich zu ähnlich für eine dauerhafte Beziehung. Bald würden sie in eisigem Schweigen verharren, und ihr ungeselliges Leben würde sie zutiefst langweilen. Das war nämlich das Problem von perfekten Paaren: dass die Partner oftmals grundverschieden waren. Einer der Partner war ruhig und introvertiert und der andere extrovertiert. Nachdenklich der eine und kontaktfreudig der andere. Und wie in jeder Beziehung gab es einen, der sich mehr um die Beziehung kümmerte und dafür sorgte, dass sie von Dauer war, der nicht aus jeder Mücke einen Elefanten machte und nicht zuließ, dass die Beziehung durch Kleinigkeiten bedroht wurde.
Nicht, dass irgendetwas davon bei ihr und Alejo zugetroffen hätte, dachte Mia traurig. Er war die Liebe meines Lebens, aber wir hatten keine wirkliche Beziehung. Eigentlich war es nichts gewesen. Und eines Tages werde ich in der Lage sein, es zu akzeptieren. Auch wenn ich damals gedacht habe, er sei der perfekte Mann für mich. Das Problem ist, dass ich noch nie jemanden getroffen habe, der wirklich zu mir gepasst hat. Diesen Mann gibt es natürlich nicht, kann es nicht geben.
Aus diesem Grund tat ihr Sierra Bonita mit seinem ruhigen, beschaulichen Leben so gut. Sie brauchte kein aufregendes Nachtleben mehr. Ausgehen bedeutete für sie nunmehr, ein, zwei Stunden im Frisiersalon von Señora Diez zu verbringen oder sich im Cayetana’s Estética mit einem Körperpeeling verwöhnen zu lassen. Zwar hatte sie sich mit ein paar anderen Müttern des Ortes angefreundet, allen voran mit Ana und Ramira, mit deren Kindern Allegra regelmäßig spielte. Sie ging aber abends nicht mit anderen Singlefrauen in die einschlägigen Clubs wie in der Zeit vor Allegra. Und bevor sie Alejo kennengelernt hatte.
Im Grunde suchte sie keinen Mann mehr. Alejo war noch immer
der einzige Mann in ihrem Leben, obwohl er nichts davon ahnte. Davon abgesehen gab es gewiss nicht viele Männer, die darauf aus waren, eine Beziehung mit einer Mutter einer dreijährigen Tochter einzugehen. Zumindest nicht in Sierra Bonita. Beim Gedanken an Allegra musste Mia ein paar Mal blinzeln. Sie liebte sie – noch nie hatte
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