Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
flossen in Strömen, so wie der L.-A.-Slang über meine glänzend rot geschminkten Lippen. Mal fand ich alles supi, mal megakrass. Ich hatte eine supergeile Wohnung in Marina del Rey, und im Großen und Ganzen war ich der Meinung, dass das Leben voll durch die Decke ging. Aber so was von.
Ich war so dämlich gewesen.
Aber nach und nach waren Sushi, High Heels und die Autobahnen Nummer 110, 405 und 10 zu Schlingen geworden, die sich mir um den Hals legten. Mit jedem Tag zogen sie sich enger zusammen, ich bekam schlechter Luft und merkte, wie mein eigentliches Ich drohte, einen langsamen, qualvollen Tod zu sterben. Es hätte nicht viel gefehlt, und ich wäre endültig in L.A. geblieben, hätte immer weitergemacht und mein ehrgeiziges Ziel verfolgt, jedes Restaurant in Los Angeles und Umgebung auszuprobieren. Dann hätte ich J geheiratet, meinen Elektroingenieur. Fast wäre ich eine beneidenswerte Orange-County-Hausfrau mit 1,698 Kindern, flachem Bauch und drei Autos in der Garage geworden. Ich war auf dem besten Weg dorthin gewesen.
Doch dann hatte sich innerhalb weniger Monate das Sushi vor meinen Augen in Steak verwandelt, und an die Stelle von Nachtclubs war die Veranda von Marlboro Mans abgelegenem Landhaus getreten. Schon seit Monaten hatte ich keine wummernden Disco-Beats mehr gespürt. Meine Nerven waren endlich zur Ruhe gekommen.
Damit war es schlagartig vorbei, als Marlboro Man eines Morgens im August anrief und mir eine einfache Frage stellte: »Mein Cousine Kim heiratet nächstes Wochenende«, sagte er. »Hast du Zeit?«
Mir wurde ganz anders.
»Bist du noch dran?«, fragte er. Ich hatte länger geschwiegen als beabsichtigt.
»Ja … ich bin noch da«, erwiderte ich. »Ähm, heißt das, ich lerne wieder jemanden kennen?«
Marlboro Man lachte. Natürlich lautete die Antwort ja. Ja, ich würde »jemanden« kennenlernen. Beziehungsweise ich würde alle kennenlernen: jedes Mitglied seiner erweiterten Familie, Cousins und Cousinen, Tanten, Onkel, Großeltern und Freunde; und seine Familie war, nach allem, was ich bisher gehört hatte, riesig. Wir hatten uns schon mal über unsere Familien unterhalten, und er wusste ganz genau, dass ich gerade mal drei Cousins und Cousinen hatte. Drei. Er, im Gegensatz dazu, hatte fünfzig. Mein Freund wusste, wie eingeschüchtert ein Außenstehender bei solch einem Familienfest sein würde, besonders wenn die Familie so groß war wie seine. Er wusste, dass das für mich alles andere als ein Anlass zur Freude war. Und damit hatte er recht.
Ich konzentrierte mich auf die Kleiderfrage und fing sofort an, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was ich zu diesem Anlass anziehen sollte. Er hätte bedeutender nicht sein können – es war mein Debüt als Marlboro Mans Freundin –, und mit diesem Gedanken im Hinterkopf machte ich mich auf die Suche. Ein enges, aufreizendes Kostüm? Das wirkte vielleicht zu selbstbewusst, zu kess. Ein luftiger Seidenrock? Zu auffällig für eine Hochzeit. Ein kleines Schwarzes? Zu konservativ, zu steif. Unzählige Möglichkeiten drehten sich in meinem Kopf, während ich mich durch die Kleiderständer wühlte. Ich probierte ein Kleid, ein Kostüm, ein Outfit nach dem anderen. Mit jedem Reißverschluss, den ich öffnete und schloss, wurde ich verzweifelter. Ich wäre gern ein Mann gewesen. Männer mussten sich keine Gedanken machen, was sie zu einer Hochzeit tragen sollten. Sie probierten nicht sieben Stunden lang Kleider an. Für sie ging es bei der Kleiderfrage nicht um Leben und Tod.
Da sah ich es: ein atemberaubendes Kostüm in der Farbe von Butter. Es war eng geschnitten, ein klein wenig sexy, aber die wunderschöne reine Farbe machte das wieder wett. Es war aus einem leichten Wollstoff, doch da die Hochzeit abends stattfinden würde, wusste ich, dass es genau das Richtige war. Ich schloss das Kostüm sofort in mein Herz – ich würde mich darin nicht nur hübsch genug für Marlboro Man fühlen, sondern auch auf seine Cousins und Cousinen einigermaßen selbstbewusst wirken, aber nicht zu übertrieben, und gleichzeitig ordentlich und anständig auf seine Großmütter.
Als wir am Tag der Hochzeit das Haus der Großeltern meines Liebsten erreichten, blieb mir kurz die Luft weg. Es wimmelte nur so von Menschen: Sie liefen hin und her, standen in Grüppchen auf dem Rasen, tranken Sekt und lachten. Als Erstes sah ich Marlboro Mans Mutter. Sie trug ein braunes Leinenkleid, in dem sie wie eine elegante Statue aussah, erblickte mich sogleich und
Weitere Kostenlose Bücher