Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
Zukunft mit Marlboro Man und gleichzeitig erschüttert und voll böser Vorahnungen und Ängste, weil ich wusste, dass meine stabile, glückliche, ganz normale Familie vor meinen Augen auseinanderfiel. Wie konnte dieser strahlende, perfekte Haushalt in eine solche tieftraurige Abwärtsspirale geraten? Es war ein Treppenwitz der Geschichte, dass ich zur selben Zeit die große Liebe meines Lebens fand.
Ich schleppte mich hoch in mein Zimmer, streifte meine Schuhe ab und rollte mich in dem weichen Sessel neben meinem Bett zusammen. Ich wollte einfach nur weg, wollte dem ganzen verfluchten Mist entkommen. Schließlich war es das Problem meiner Eltern, nicht meines. In meiner Macht lag es ganz gewiss nicht, sie wieder zusammenzubringen. Doch anstatt mich befreit zu fühlen und diese Tatsache zu akzeptieren, hatte ich nur einen Gedanken im Kopf, nämlich wie um alles in der Welt ich die nächsten Monate meiner Verlobung überstehen sollte. Ich sah schon alles vor mir: ein endloses schizophrenes Auf und Ab von Hochgefühl, weil ich bei meinem Liebling war, und tiefer Niedergeschlagenheit, sobald ich das Haus meiner Eltern betrat. Ich war mir nicht sicher, ob ich die innere Stärke hatte, diese Achterbahn der Gefühle zu ertragen.
Da rief mein Retter an, so wie immer, wenn wir einen Tag oder Abend miteinander verbracht hatten. Er meldete sich, um gute Nacht zu sagen … war ein schöner Tag heute … was hast du morgen vor … ich liebe dich. Seine Anrufe waren Balsam für meine Seele; sie hoben meine Laune, beruhigten mich, heilten mich, machten alles wieder ganz. Das war dieses Mal nicht anders.
»Hey, du«, sagte er. Seine Reibeisenstimme erreichte neue Sphären der Erotik.
»Hey«, erwiderte ich und seufzte.
»Was machst du gerade?«, wollte er wissen.
»Ich sitze hier«, sagte ich und hörte dumpf die Stimmen meiner Eltern durch die Zimmerdecke. »Und denke nach …«
»Worüber?«, fragte er.
»Ach, ich dachte nur …«, fing ich an und zögerte kurz. »Ich dachte, ich würde am liebsten durchbrennen.«
Zuerst lachte mein Cowboy. Doch als er merkte, dass ich nicht mitlachte, hörte er auf, und wir schwiegen beide.
»Wirklich?«, fragte Marlboro Man. »Du willst durchbrennen?«
»Hm, ja … irgendwie schon«, antwortete ich. »Was hältst du davon?«
»Also«, hob er an. »Wie kommst du darauf?« Er sagte es nicht, aber ich wusste, dass er nicht durchbrennen wollte. Er wollte richtig heiraten. Er wollte feiern.
»Ach, weiß nicht«, sagte ich zögernd, weil ich gar nicht genau wusste, was ich fühlte und sagen sollte. »Ich hab nur gerade drüber nachgedacht, als du anriefst.«
Er überlegte eine Weile. »Ist alles in Ordnung?«, fragte er dann. Ihm war meine veränderte Stimme aufgefallen, er spürte, dass eine dunkle Wolke über mir schwebte.
»Klar, mir geht’s gut!«, versicherte ich ihm. »Total gut. Ich dachte nur … ach, ich dachte, es wäre lustig, zusammen abzuhauen.«
Doch ich hatte etwas völlig anderes gemeint.
Ich hatte gemeint, dass ich nichts mehr mit Familienfeiern zu tun haben wollte, mit Anspannung, Stress und Eheproblemen. Ich wollte mir nicht jeden Tag aufs Neue Sorgen machen, ob meine Eltern die nächsten Monate mit den Hochzeitsvorbereitungen überstehen würden. Ich wollte einfach nichts mehr damit zu tun haben. Ich wollte raus. Ich wollte, dass es aufhörte.
Das sagte ich jedoch nicht; es war zu viel für das spätabendliche Telefongespräch, es war mir zu viel zu erklären.
»Egal, wie du willst«, erwiderte der Cowboy und musste gähnen. »Darüber können wir ja morgen noch sprechen.«
»Ja«, sagte ich und gähnte ebenfalls. »Gute Nacht …«
Ich schlief in meinem bequemen Sessel ein, im Arm den Fuchs Johnson, ein abgewetztes Steifftier, das ich von meinen Eltern bekommen hatte, als wir noch eine glückliche Familie waren.
»Kannst du heute rauskommen zu mir?«, fragte er mich am nächsten Morgen. »Du kann mir beim Brennen helfen.«
Ich grinste, weil ich wusste, dass er meine Hilfe ganz und gar nicht nötig hatte. Aber ich mochte es gerne, wenn er so tat.
»Ah, okay«, sagte ich und rieb mir die Augen. »Was soll ich anziehen?«
Marlboro Man lachte laut auf. Wahrscheinlich fragte er sich, wie viele Jahre ins Land gehen müssten, bis ich diese Frage nicht mehr stellte.
Kontrolliertes Brennen oder einfach Brennen, wie Farmer es nennen, erfolgt meistens im Frühjahr, wenn das junge Gras nachwächst. Durch das Brennen wird man das alte tote Gras der
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