Das Glück trägt Cowboystiefel: Eine wahre Liebesgeschichte (German Edition)
Kreaturen bewohnt wurden. Kleinere Renovierungsarbeiten im Haus waren nie fertiggestellt worden. Es roch penetrant nach Mäusepisse.
»Herrlich!«, rief ich aus, als Marlboro Man mich herumführte und Bretter zur Seite schob, damit ich vorbeischlüpfen und den Flur entlanggehen konnte. Er hielt meine Hand, damit ich mir nicht wehtat. Und es stimmte: Ich fand es herrlich. Das Haus war alt, sehr alt. Es hatte viele Geschichten zu erzählen.
»Wirklich?«, fragte er lächelnd. »Gefällt es dir?«
»Aber ja!«, wiederholte ich und sah mich um. »Das ist echt was Besonderes!«
»Na ja, wir können hier auf jeden Fall erst wohnen, wenn wir ein paar Sachen repariert haben«, sagte er. »Aber ich fand dieses alte Haus immer schon toll.« Mit ersichtlicher Achtung vor dem Gebäude, in dem wir standen, schaute er sich um.
Der Vorbesitzer – ein alter Rancher aus der Gegend, dem das Land gehört hatte, bevor er es schließlich an Marlboro Man und seinen Bruder verkaufte – hatte Gegenstände zurückgelassen, die nun verstaubt herumstanden. Umgekippt lag eine alte Trophäe in Form einer Urne in der Ecke. Ich hob sie auf und wischte den Schmutz beiseite. Absolvent des Jahres 1936 stand darauf. Darunter der Name des Ranchers. Daneben lag ein Karton mit leerem Briefpapier der Ranch: ein vergilbter Briefkopf mit einem Aquarell des alten Mannes, der damals noch nicht so alt war. Mit Hornbrille stand er neben einer Herde Herefordrinder. Seine khakifarbene Hose hatte er in die großen braunen Stiefel gestopft. Das Briefpapier stammte aus den Fünfzigern, schätzte ich. Ich nahm es in die Hände und roch daran.
Überall waren Staub und Schmutz, Spinnweben und Erinnerungen … auf dem Boden, unter der Decke, in der Luft. Es war seltsam, fast unheimlich, dass ich mich trotz avocadogrüner Geräte und der dicken Staubschicht dem alten gelben Backsteinhaus sofort nahefühlte. Vielleicht lag es daran, dass ich spürte, wie sehr mein Cowboy es mochte; es konnte auch die Einzigartigkeit des alten Gemäuers sein oder das Wissen, dass es uns gehören würde, das Erste, was wir beide gemeinsam besäßen. Vielleicht war es aber auch nur das Gefühl zu wissen, dass ich dort stand, wo ich hingehörte.
»Achtung, Stufe!«, sagte Marlboro Man, als wir die wacklige Treppe hinaufstiegen, um uns oben umzuschauen. Ein geräumiger Absatz erwartete uns, ein Spiegel in weißem Eisenrahmen hing noch an der Wand. Mein Zukünftiger führte mich durch einen kurzen Flur zum Schlafzimmer, in das durch eine über die gesamte Breite verlaufende Reihe von Fenstern strahlendes Licht fiel. Ich konnte mindestens zwei, drei Kilometer nach Osten blicken, über einen bewaldeten Bach, der sich durch das Grundstück schlängelte. Hinter der Badezimmertür entdeckte ich schmutzige alte sechseckige Kacheln. Wo die Toilette gewesen war, klaffte ein Loch im Boden. Im Nebenraum gegenüber erspähte ich eine klapprige Kommode in demselben verblassten Gelb wie die Backsteine der Fassade. Warum hat man sie zurückgelassen? , fragte ich mich. Was wohl in den Schubladen war?
»Und … was meinst du?«, fragte Marlboro Man.
»Ach, ich find’s herrlich«, sagte ich und fiel ihm um den Hals. Tatsächlich hatte ich keine Vorstellung, wie wir dieses Haus jemals wieder bewohnbar machen sollten und wie lang das dauern würde. Es mochte sich über mehrere Jahre hinziehen, es konnte uns die Haare vom Kopf fressen. Ich sah mir öfter die Schuldenberatung im Fernsehen an; ich wusste, wie schnell man in eine Abwärtsspirale geriet. Doch aus irgendeinem Grund machte ich mir keine Sorgen; es fühlte sich einfach richtig an, im Schlafzimmer des Hauses zu stehen, in dem Marlboro Man und ich unser neues Leben zu zweit beginnen wollten. Wo wir morgens gemeinsam aufwachen würden, beziehungsweise wo ich, wenn es noch keine acht Uhr war, mir die Decke wieder über den Kopf ziehen und im Bett bleiben würde, während Marlboro Man aufstünde und zur Arbeit ginge. Dieses Zimmer, in das wir irgendwann ein Bett, einen Nachttisch und ein, zwei Lampen stellen würden … und so wie ich uns kannte, wahrscheinlich einen Fernseher, damit wir U-Boot-Filme, Schwarzenegger-Streifen und Vom Winde verweht schauen konnten, ohne jemals unsere heiligen Laken zu verlassen.
Während ich mir das alles ausmalte, führte mich Marlboro Man über den Flur zurück und am Treppenabsatz vorbei zu den anderen Schlafzimmern im ersten Stock.
»Hier sind noch zwei Zimmer«, sagte er und stieg über einen Haufen
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