Das Glück über den Wolken: Roman (German Edition)
nicht glücklich.
Sophies Zuversicht, bereits durch den Jetlag deutlich gedämpft, sank weiter. »Ich war vor meiner Abreise nicht mehr online.«
»Oh, Liebes, wie dumm! Wir haben hier eine Familienkrise und müssen alle nach Kalifornien. Wir packen gerade.«
»Oh.«
»Meine Mutter ist krank, und ich kann die Kinder nicht bei jemandem lassen, den sie nicht kennen – ich bin sicher, du verstehst das. Ich habe dir sofort eine Mail geschickt, als ich feststellte, wie krank meine Mutter ist. Ich habe sogar versucht anzurufen.«
Sophie wollte sich gerade dafür entschuldigen, dass sie die Nachricht und auch die Mail nicht bekommen hatte, doch dann fiel ihr wieder ein, dass es nicht ihre Schuld war. Sie unterdrückte ein Seufzen. Ernüchterung machte sich in ihr breit. Vor einer Stunde war sie noch ganz aufgeregt gewesen, endlich angekommen zu sein und ihre Reise sogar bezahlen zu können, und jetzt hatte man ihr das alles mit einem Schlag wieder genommen. Was um Himmels willen sollte sie jetzt tun?
»Natürlich bezahlen wir dir den Rückflug und alles, weil wir dich hergeholt haben«, fuhr die Frau fort. »Wir haben deine Kontonummer, wir überweisen dir das Geld einfach.« Sie hielt inne. »Kannst du irgendwo anders wohnen? Wenn du Geld für ein Hotel brauchst …«
»Ja. Ich meine, ich weiß, wo ich bleiben kann. Ich brauche kein Geld für ein Hotel.« Milly würde ihr ganz sicher helfen. »Ich komme zurecht. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich muss jetzt los.« Eigentlich wollte sie sagen: »Könnten Sie mir das Geld sofort überweisen?«, doch sie unterdrückte diesen Impuls.
Sie hatte die Wahl. Sie konnte eine Panikattacke bekommen und dann Milly anrufen und um Hilfe bitten, oder sie konnte nur Milly anrufen und um Hilfe bitten. Obwohl es ziemlich unheimlich war, in einem riesigen Flughafen in einem fremden Land allein zu sein, sprach sie doch zumindest die Sprache, na ja, so in etwa jedenfalls, und Panik war nicht konstruktiv. Sie rief Milly auf dem Handy an.
Die Freundin fluchte auf ziemlich angelsächsische Weise, als sie hörte, was Sophie passiert war, aber sie kam sofort zur Sache. »Nimm dir ein Taxi zu meiner Wohnung. Doch bezahl nicht mehr als vierzig Dollar.« Sie hielt inne. »Hast du vierzig Dollar?«
»Ja.«
»Okay, aber du musst dem Fahrer auch ein Trinkgeld geben. Es wird ungefähr eine Stunde dauern. Ich warte in der Wohnung auf dich, dann muss ich jedoch wieder zurück. Ich bin bei der Arbeit.«
»Es ist doch schon fast zehn Uhr abends! Und heute ist Samstag!« Sophie spürte erneut Panik in sich aufsteigen.
»Ich weiß, aber wir haben ja morgen unsere Vernissage, und es gibt noch so viel zu tun. Ich glaube, das habe ich dir erzählt.«
Sophie erinnerte sich. Milly hatte einen Traumjob; sie arbeitete für einen Künstler, der nicht nur berühmt für die hohen Preise war, die er für seine Kunstwerke nahm, sondern auch für seine verschwenderischen Partys. Aber seine Mitarbeiter arbeiteten hart für ihr Geld. »Stimmt, das hast du.«
Erst als sie im Taxi saß, wurde Sophie bewusst, dass sie nicht eine Sekunde darüber nachgedacht hatte, direkt wieder nach Hause zu fliegen. Wie hätte sie ihrer Familie gegenübertreten sollen? Wie hätte sie Milly so nah kommen können, ohne sie zu besuchen, und wie hätte sie ein Flugticket nach New York so verschwenden können? Außerdem befand sie sich auf einer Mission, und jetzt würde sie die Zeit haben, sie durchzuführen.
Sicher tat sie das Richtige. Sophies Laune stieg. Sie war in New York, würde gleich ihre Freundin sehen, und allein die Tatsache, dass sie hier war, machte sie schon fast zu Sarah Jessica Parker!
Sophie blickte aus dem Fenster und hielt nach Sehenswürdigkeiten und Bauwerken, die sie kannte, Ausschau, aber dann wurde ihr klar, dass der Flughafen weit außerhalb der Stadt lag. Deshalb lehnte sie sich zurück und schloss die Augen. Wenn sie sie wieder öffnete, wollte sie schon in Manhattan sein.
Lautes Hupen schreckte sie auf, und sie stellte fest, dass sie eingedöst war. Sophie setzte sich auf und blickte aus dem Fenster, überrascht, wie vertraut und doch fremd ihr alles vorkam. Die Straßenlaternen und Leuchtreklamen glitzerten und blinkten, schienen zu pulsieren. Jeder Liedtext oder Dialog, den sie jemals über New York gehört hatte, ging ihr durch den Kopf, fast immer mit Frank Sinatras Stimme: »Die Stadt, die niemals schläft«; »Wie gut, dass sie ihr zweimal einen Namen gegeben haben«; »Ich liebe es, in Amerika zu
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