Das Glück von Brins Fünf
Rohr, und die Vasallen griffen ein. Die in ihrer Ekstase gestörten Wirbler wehrten sich und schrien wie die Irren. Eine Panik breitete sich unter den armen, winterlich eingemummelten Bürgern aus; ein paar eilten den Wirblern zu Hilfe oder schlugen schwach auf die Vasallen ein, die sie zurückdrängten. Die stämmigen Stadtwächter griffen in das Handgemenge ein, wobei sie – wie ich sah – vor allem auf die Vasallen einhieben und die Städter lautstark aufforderten, die Straßen zu räumen.
Durch eine Öffnung in der Menge kamen zwei Vasallen, die mit einem armen, nackten, weitäugigen und blutüberströmten Wirbler kämpften. Ich versuchte auf diesem Wege zu entschlüpfen, aber eine Bewegung der Menge warf mich zu Boden. Ich erinnere mich, daß ich wild um mich schlug und selbst wie ein Wirbler schrie, ehe Taucher mich wieder auf die Beine brachte. Wir versuchten, unseren Weg fortzusetzen, aber die Vasallen und ihr Gefangener waren hinter uns und stießen die verängstigten, aber aufgebrachten Zuschauer zurück. Einige von ihnen, darunter der Harfner, riefen:
„Laßt den Wirbler los! Schämt euch! Gebt den Geisterhelden frei! Raus mit Pentroy! Zur Hölle mit den Vasallen!“
Die Vasallen schritten mit grimmigen Gesichtern weiter.
„Sie werden den Wirbler in Straße 4 abliefern“, flüsterte der Harfner mir ins Ohr. Wir drängten uns aus ihrer Bahn; und als die Menge zurückwich, folgten wir den Vasallen und ihrer kreischenden Bürde in die dunkle Mündung der Straße.
Taucher hatte die Führung übernommen. Mein Herz hämmerte; ich dachte, ich wüßte, was er tun würde, aber ich irrte mich. Er hatte keine Waffe nötig. Als wir außer Sichtweite der Menge waren, schlug er seinen Umhang zurück und warf einen der Vasallen zu Boden. Taucher hatte eine merkwürdige Kampfmethode. Ich habe keinen gesehen, der sich mit ihm messen konnte, außer Schwarzlocke selbst. Er versetzte mit seiner Handkante dem Vasallen einen Schlag quer in den Nacken, und der Kerl stürzte wie ein Stein hin.
„Einer für dich“, rief er Harfner Roy zu.
Der Harfner war keineswegs abgeneigt und vollführte eine Hüftrolle bei dem anderen. Ich stellte mich in Position, wobei ich rief: „Baumstamm!“, und gemeinsam packten wir den Vasallen bei den Armen und rammten seinen Kopf an die erste beste Mauer. Der Baumstamm, der einer der ältesten Bergringertricks ist, funktioniert in der Stadt sogar noch besser, wo es so viele Mauern gibt. Ich zitterte vor Aufregung und Angst; die Erfahrung, den Baumstamm anzuwenden, um eine Person zu fällen, nicht bei einer sportlichen Übung, bei der man anhielt, lange bevor der Kopf den Stamm traf, sondern in Wirklichkeit, war zuviel für mich.
Wir wandten uns dem Wirbler zu, der sich aufrecht an eine Mauer lehnte. Der Harfner trat mit besänftigenden Worten zu ihm, aber der Wirbler war immer noch außer sich. Eine Hand, die sich auf seinen bebenden braunen Arm legte, rief weitere Schreie, mehr Tritte hervor. Schon hatte sich die Straßenmündung mit Städtern gefüllt.
„Komm“, sagte Taucher. Er packte die schmächtige Gestalt des Wirblers, wobei er versuchte, die um sich schlagenden Arme mit den scharfen Muscheln festzuhalten.
„Nur ruhig“, sagte er in seinem unbeholfenen Moruianisch. Einen Augenblick ruhte der Lampenschein auf Tauchers Gesicht: Mit einem Schrei – beim Anblick jener blauen Augen – fiel der Wirbler in Ohnmacht.
Taucher schulterte den schlaffen Körper, und wir rannten in den Schatten davon. Um zwei Ecken, während der Lärm des Tumults verklang, und Harfner Roy pochte an die Tür von Beeth Ulgans Haus neben der Wettermacherin geschlossener Bude. Wir standen fröstelnd davor, bis eine tiefe Stimme antwortete.
„Wer ist da?“
„Die Fünf von Brin“, rief der Harfner. „Liebe Ulgan, öffne Freunden in Not!“
Es folgte das Geräusch des hastig zurückgezogenen Türriegels, und auf der Schwelle stand im trüben Licht die große gebeugte Gestalt der Wahrsagerin.
„Großer Nordwind“, rief Beeth Ulgan aus. „Harfner … und dein Ältester …“
„Wir bitten um Zuflucht …“ keuchte der Harfner. „Pentroys Vasallen …“
„Das überrascht mich nicht. Kommt herein.“
Wir drängten uns ins Haus, wo es herrlich warm war, warm wie in einem richtigen Zelt. Im Vorderzimmer stand ein Metallofen, der die Alte Gwin zu Tode ängstigte, wenn wir zu Besuch kamen. Neben ihm lag Ulgans Lehrling, ein junger Städter, nicht viel älter als ich. Taucher legte seine Last
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