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Das Glück von Brins Fünf

Das Glück von Brins Fünf

Titel: Das Glück von Brins Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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nehme an, daß auch einige entkamen … vielleicht brachten die Dorfbewohner sie in Sicherheit … dieser Bohnenzüchter wußte mehr, als er erzählte.“
    „Verschlagen ist das richtige Wort für den Großen Ältesten“, sagte Harfner Roy. „Wirbler haben nach ihrem Tanz keine Kampfkraft mehr in sich.“
    „Aber die Alten auf dem Vogel-Boot … die Zeugen seines Verbrechens waren und die Wirbler beförderten …“ Taucher war verdutzt. „Warum hat er sie in Freiheit gelassen?“
    „Pah! Kein Verbrechen, junges Glück“, kicherte die Alte Gwin. „Tiath Pentroy begeht keine Verbrechen. Erstens ist er ein Richter, der nach Bedarf eine Gerichtssitzung einberufen kann, überall in seinem Land. Er arbeitet nach den alten Fäden. Er hatte keinen Streit mit den Vogelträgerinnen … sie sind laut Sitte und Brauch verpflichtet, Passagiere zu befördern.“
    „Er verhaftete die Wirbler …“, warf Mamor ein. „Sie wurden wegen Vergiftung des Flusses zur Gerichtssitzung in Wellin gebracht.“
    „Alter Kram …“, seufzte Gwin. Sie wiegte ihren Körper hin und her, während sie leise für die dahingegangenen Wirbler sang.
    „Eine falsche Anklage“, sagte Taucher.
    „Natürlich“, sagte Brin. „Es besteht eine alte Verleumdung gegen die Wirbler. Die Stadtfünf und Hirten benutzen sie, um sie zu vertreiben. Sie haben Kräuter für ihre Ekstase bei sich …“
    „Die Vogelträgerinnen waren so alt und hilflos“, sagte ich, „daß der Älteste keinen Gedanken an sie oder ihre klägliche Ehre verschwendete.“
    „U tsagara neri fogoban“ , sagte der Harfner. „Kannst du aus dem alten Runenband des Ruderers klug werden, Taucher?“
    „Ich kenne Feuer und ‚brennt weiter“, sagte Taucher.
    „Ein Feuersamen, ein Funken, brennt weiter“, sagte Brin. „Wir sind friedliche Leute, hier im Norden, aber sehr dickköpfig. Ein Samen der Ungerechtigkeit, der Entehrung, nistet sich hinter unseren Augen ein und treibt uns vielleicht in den Tod, um Recht und Ehre wieder herzustellen. So verhielt es sich bei den Vogelträgerinnen …“
    Das Schiff streifte einen Baum, und Mamor, der Anker geworfen hatte, rannte hinaus, um es frei zu steuern. Wir kamen im grauen Nachmittagslicht ängstlich aus dem Zelt. Windwellen kräuselten die glatte Oberfläche des Troon, und die Bäume schwankten über unseren Köpfen. Es war beschlossen worden, den ganzen Tag an der Stelle liegenzubleiben, an der wir uns befanden, etwa eine Meile vor Wellin und am gegenüberliegenden Ufer. Mit dem letzten Licht wollten wir rasch flußabwärts fahren und durch die tiefe Fahrrinne beim Kai gleiten. Wir mußten nahe am Schiff des Ältesten vorbei, denn an dieser Stelle verengte sich der Ruß – es gab im Osten Baumstümpfe und Sandbänke.
    Ich glaubte, daß die Dunkelheit nie anbrechen würde; meine Eingeweide waren verheddert wie ein Webstuhl mit schlecht gespannten Fäden. Ich saß abseits auf dem Deck und umklammerte das lange lose gewebte Botschaftsband der drei Vogelträgerinnen. Kurz danach kam Taucher und setzte sich neben mich.
    „Diese Namen …“, sagte er, „laß sehen, ob ich sie lesen kann.“ Er tastete die letzte Gruppe der Knoten ab und zog die Lehrrune zu Rat, die Roy für ihn geknüpft hatte.
    „Itho … La-bar?“
    „Ianar“, sagte ich. „Itho ist richtig. Dann Lanar und Meedo.“
    „Arme alte Frauen.“ Er benutzte die Wörter aus seiner eigenen Sprache, und ich fragte mich, ob ein großer Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Moruianern bestand. Ich war mir der Antwort nicht sicher; als ich zum erstenmal eine „Frau“ sah, wußte ich nur, daß sie Tauchers Rasse angehörte. Sie war in ihre Kleidung gehüllt, geschlechtslos und fremd wie ein weiblicher Grande.
    Taucher fuhr fort, mir eine merkwürdige Geschichte zu erzählen, eine Geisterlegende aus seiner eigenen Welt. Es scheint, daß es drei alte Geister gab, die angeblich über das Leben der Menschen herrschten und ihr Schicksal bestimmten. Sie hockten in einer Höhle, und zwei sponnen den Lebensfaden, während die dritte dabeisaß, um ihn durchzuschneiden. Ich mühte mich mit den Namen ab, wie er es bei den gewebten Symbolen tat: „Clotho, Lachesis und Atropos.“
    „Als ich die drei Alten sah“, sagte Taucher traurig, „fiel mir diese Geschichte ein.“
    „Ich wollte, es würde dunkel.“
    „Woran denkst du?“ Taucher hatte meinen Blick aufgefangen: er sah zuviel. Vielleicht gedankenblind, aber von schnellem Auffassungsvermögen. „Du denkst an

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