Das Glück von Brins Fünf
Ich rieb mir die Augen und blickte weiter hin, aber die Maschinen waren allzu entfernt, sich langsam bewegende Punkte, die sich zum Dritten Mal schleppten. So saß ich lange Zeit auf dem Turm und beobachtete diese fünf Punkte, kaum fähig, an sie als an Flugmaschinen zu denken, an Fahrzeuge voll so großer Hoffnung, die von lebenden Personen durch die Luft gesteuert wurden. Immer wieder konnte ich diesen oder jenen der Konkurrenten erkennen: Jebbal, die einen Bogen machte, um die Führung zu übernehmen; Dah-gan, der mit Tomarvan dicht hinterher schwebte; aber dann änderte sich das Muster. Alle Maschinen wurden Silbertropfen oder Wolkenfetzen, oder ich stellte fest, daß ich versehentlich einen vorbeifliegenden Vogel verfolgt hatte.
Ich saß wippend und blinzelnd auf dem Turm, unter den anderen Jugendlichen, die ihre Zeigefinger ausstreckten und schrien und dachten, diesen oder jenen in Führung zu sehen. Manchmal ruhte ich meine Augen aus und döste vor mich hin, um dann von Panik ergriffen aufzuwachen und festzustellen, daß die Maschinen nicht näher gekommen waren … aber war das nicht Dah-gan, gefolgt von Tomarvan? Und plötzlich war ich hellwach und stellte hastig das Fernrohr richtig ein, denn sie umkreisten das Vierte Mal und die Sicht war klar. Dah-gan! Dah-gan ein ganzes Stück voraus, Tomarvan darüber, dann Tildee rechts davon; hoch darüber die beiden Gleiter, Hadeel und Peer-lo-vagoba, die sich gegenseitig den Wind streitig machten. Ich konnte den zweiten Vogel-Clan-Gleiter und die Zeremonienmeister darin sehen. Die drei führenden Maschinen setzten ihren verzweifelten Kampf fort: Tildee griff an und Dah-gan ging in die Schräglage, während Tomarvan versuchte, zwischen ihnen hindurch zu stoßen, was mißlang, so daß er eine Kurve ziehen und sich tief auf seinen dritten Platz zurückfallen lassen mußte. Tildee flog seitlich einwärts, um die Führung zu übernehmen, und ich konnte den Luftwirbel fühlen, als Schwarzlocke Dah-gan nahe genug heran lenkte, um einen Flügel zu schneiden. Jetzt, Taucher … übernimm jetzt die Führung! Und Tomarvan übernahm die Führung, aber Tildee, dieser gemeine Tildee stieß herab und hackte nach Tauchers Flügel – wo steckten denn diese verflixten Zeremonienmeister? –, woraufhin Dah-gan verbissen einen Bogen darum machte und sich vor die beiden anderen setzte. Dann flitzte Peer-lo-vagoba von hoch oben hinab und erwischte den Wind so vollkommen, daß er die Führung übernahm, gefolgt von Hadeel.
„Kommt runter!“ Der Turm wackelte wie verrückt, und der Startmeister stand an dessen Fuß und brüllte mit seiner donnernden Stimme: „Runter mit euch dreisten Grünschnäbeln! Runter, ehe wir den Turm abreißen, während ihr euch an seine Stangen klammert!“
Zwei Clan-Vasallen und ein Zeremonienmeister standen bereits auf der Plattform, um die Jugendlichen zu den Leitern zu schubsen und Seile an den Turm zu binden. Ich kletterte um mein Leben mit den übrigen nach unten, und kaum hatten wir den Boden berührt, als auch schon der Turm von den Seilen in zwei Teile gerissen wurde. Im Nu war unser Sitz nur noch ein Haufen Stangen und Bindungen, der in einem Transportnetz über das Gelände geschleift wurde. Ich sah, daß die Tore geöffnet worden waren und eine drängelnde Menge sich an die gelben Seile der Absperrung preßte. Ich rannte zu den Startblöcken zurück oder zumindest dorthin, wo sie gestanden hatten, und fand Brin und Ablo, die zwischen den stummen, in Reihe und Glied aufgestellten Eskorten aller Entscheidungsflugteilnehmer warteten. Ich konnte kaum glauben, daß sie nichts gesehen hatten.
„Bald ist es soweit …“ keuchte ich. „Sie nähern sich dem Fünften Mal!“
„Kein Absturz?“ keuchte Ablo. „Gut, gut, wahrhaftig die Gunst der Winde! Wo liegt Tomarvan?“
„Das letzte, was ich beobachtet habe, ist, daß er mit Dah-gan und Tildee kämpft.“
Die Stimme eines Zeremonienmeisters mit einem Kürbistrichter berichtete ruhig vom Pavillon aus. „Jetzt beim Fünften Mal. Alle Konkurrenten nähern sich ihm …“
Die Eskorten atmeten erleichtert auf.
„Dah-gan, Tildee, Tomarvan … in der Höhe verfolgt von Peer-lo-vagoba und Hadeel.“
„Woher wissen sie das denn? Wie können sie so weit sehen? Sie müssen ein Fernrohr haben!“
„Sie haben etwas Besseres und hätten uns über den ganzen Wettflug auf dem laufenden halten können, wenn sie den Mut dazu gehabt hätten. Ein Stimmen-Draht ist um den ganzen Großen Kreis gespannt
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