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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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daheim euren Gottesdienst. Da droben seid ihr weitab und allein, da braucht ihr den Segen Gottes um so mehr. Tut fest zusammenhalten, damit kein Streit und Unfrieden aufkommt zwischen euch. Es ist, als ginget ihr ans Ende der Welt, aber es hängt nur von euch ab, ob es ein glückliches Ende der Welt ist. Wenn ihr da droben friedlich und zufrieden lebt, dann können euch alle beneiden. Ich weiß, die wenigsten da in Stinglreut wollen euch verstehen, weil sie von der Einsamkeit nichts wissen wollen und lieber im Tal bleiben, um nichts entbehren zu müssen. Es ist die Freude an der Natur, am Wald und der Stille nicht allen gegeben. Ich wünsche nur, daß ihr diese Freude habt.«
    Unruhig wetzte der Keppl Ambros, verzog die lange Nase, als müßte er sie erst im Gesicht zurechtrücken, zog pfeifend die Luft ein und vermeinte nun auch etwas sagen zu müssen, was den geistlichen Herrn beruhigen könnte:
    »Wird schon stimmen, Herr Pfarrer«, räusperte er, »werden schon zusammenhalten. Möchten aber am Samstag schon in aller Früh und still getraut werden und auch gleich auf die Gschwend ziehen, damit wir uns gleich ein wenig einrichten können, weil wir am Montag eh schon wieder in die Arbeit müssen. Hochzeitsfeier wollen wir keine halten. Haben das unter uns so ausgemacht.«
    Bestätigend nickten die anderen drei.
    »Eigentlich ist es schade, wenn diese Doppelhochzeit nicht gefeiert wird«, meinte der Pfarrer. »Das werden euch die Stinglreuter übelnehmen. Aber ich versteh euch, und ihr habt auch recht.«
    Die Trauung wurde festgesetzt, und dann schoben sich die zwei Paare wieder zur Türe hinaus, um heimzugehen.
    Drüben stand der Reibenwirt vor der Haustüre und rief den Ambros an. Als dieser zögernd hinüberging, empfing er ihn mit einem unbefangenen Lächeln, als wäre sowieso alles in Ordnung.
    »Wird eine große Hochzeit, aber wir werden die Leute schon unterbringen. Gibt ein feines Mahl: Schweinernes für die Gäste, und für die Brautleute und die Verwandtschaft Rehbraten. Die Musik bestelle ich. Braucht euch weiter um nichts zu kümmern.«
    »Brauchst dich auch du um nix zu kümmern, Sepp, weil wir nämlich gar nix halten. Net einmal einen Frühschoppen«, schnüffelte der Ambros.
    »Ihr seid ja Narren! Eine Schenkhochzeit bringt doch was ein!«
    »Geschenkt wollen wir nix. Wir schaffen uns unser Zeugl schon selber.«
    Der Ambros ging den anderen nach, und der Reibenwirt kehrte mit finsterem Gesicht in die Gaststube zurück. Dort sorgte er dafür, daß von den beiden Holzhauern und ihren Bräuten, die auf die’ gottverlassene Einschicht Gschwend ziehen wollten, nicht viel gute Worte gesprochen wurden. Die Männer, die nach dem Kirchgang bei ihm zugekehrt waren, taten ihm den Gefallen und pflichteten ihm bei. Nur wenige brachten Einwände zu Gunsten der künftigen Bewohner von Gschwend.
    »Wenn der Mensch närrisch wird, gibt er ein Zeichen.«
    »Die werden schon die Augen aufmachen, wenn sie eine Weile da droben sind! Gar nix haben sie! Net einmal das Elektrische, und der stundenweite Weg, wenn sie ins Dorf wollen!«
    »Daß die Weibsleute das mögen? Ich glaube, wir erleben es, daß ihnen die Weiber davonlaufen.«
    »Aber holzfrei sind sie und wohnungsfrei auf drei Jahre.«
    »Was ist das schon!«
    »Man wird sie halt bald nur mehr die Narren von Gschwend heißen.« »Das ist gut. Aber vielleicht haben sie doch eine Freude an der Einschiebt? Im Sommer ist es ja da droben recht schön.«
    »Und fleischfrei sind sie auch, meine ich«, feixte der Reibenwirt. »Da darf der Förster Greiner die Augen offenhalten! Und die Grenze ist auch nahe! So dumm sind die gar net!«
    Nur der Holzbauer beteiligte sich nicht an diesen Reden und rauchte, auf alles hörend, seine Pfeife. Als er schließlich doch bemerkte, daß er unter Umständen ebensogerne auf die Gschwend gehen würde, hatte der Reibenwirt dafür nur ein mitleidiges Grinsen.
    »Ich weiß net«, maulte der Holzbauer gemächlich, »hab ihnen vor ein paar Tagen den Kalk, die Farbe und ein paar Schindeln hinaufgefahren: mir gefällt es da droben.«
    Unweit der Schenke saß als stiller Zuhörer der alte Waldhirte Schreindl.
    Fünf Tage lang waren die beiden Holzhauer, in der Woche vor der Hochzeit, nicht mehr nach Stinglreut heruntergekommen. Schon vor Sonnenaufgang schloffen sie aus ihrem Heulager unter dem Dach des Hauses, in das einmal der Keppl Ambros mit seiner Frau Karolina einziehen wollte, und solange die Taghelle ausreichte, hämmerten und werkten sie,

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