Das glückliche Ende der Welt.
flickten die Dächer, strichen die Fensterstöcke und die Fensterrahmen mit brauner Farbe, besserten die Fußböden aus, kalkten die Stubenwände hellblau, zimmerten einen neuen Brunnentrog und schafften einen Brennholzvorrat herbei. Sie kochten am steinernen Herd ihre Suppe, jagten nach den Mäusen und freuten sich jeden Morgen am aufsteigenden Tag. Aus dem vorjährigen Schmielengras kam das neue Grün, die Ahorne erwachten und bekamen goldgelbe Blattknospen, und der Wildkirschbaum öffnete die ersten Blüten. Der späte Frühling zog über den Grenzkamm. Die tauende Frühe streute farbensprühende Tröpfchen über das Geäst und die bemoosten Steine auf den Dächern, die Waldvögel wurden nicht müde, den Tag anzusingen. Satt und warm lag dieser dann am Mittag über der Einöde, in der Ferne verblauend, sonnten sich die Waldberge. Die unermeßlich weiten Wälder hauchten ihren Harzduft aus, und es war den beiden Hochzeitern, als müßte hier oben die Natur immer Sonntag feiern. Ehe sich das Land drunten zum Schlafen eindunkelte, saßen sie noch eine Weile auf der selbstgezimmerten Hausbank. Wenn dann die letzten rötlichen Strahlen der sinkenden Sonne von der grünenden Waldwiese auf die höchsten Bäume kletterten, beteuerten sie sich gegenseitig, daß es auf der Welt kein schöneres Plätzchen geben könne als diesen Wiesenflecken um zwei alte Holzhauerhäuser auf der Höhe der Grenzberge.
Gelegentlich kam der Förster Greiner. Er war wortkarg geworden, und sie hatten das Gefühl, als wollte er von ihnen etwas Bestimmtes hören oder ihnen etwas sagen. Um die Wochenmitte kam auch der Holzbauer mit seinem Pferdefuhrwerk und brachte einen Teil der kleinen Habe der Brautleute. Wie der Förster, so lobte auch er die Arbeit der beiden und versicherte, daß nun die Häuser blitzsauber wären. Besonders der Kaspar hatte sich als ein Alleskönner entpuppt und wußte sich m allen Handwerken zu helfen. Mit der letzten Farbe hatte er über die Haustürstöcke der Häuser noch in feiner Schrift die Namen gemalt und das Heiratsdatum dazu gesetzt:
Ambros und Karolina Keppl
Kaspar und Walburga Thums
21. Mai 1920.
Gemeinsam richteten sie den kärglichen Hausrat ein, schrubbten die Fußböden und schmückten die Haustüren mit Tannengrün. Und voller Freude über ihr Werk pfiffen und sangen sie. Auf dem Weg nach Stinglreut hinunter meinte der Kaspar, daß er nun endlich der Burgl noch vor der Hochzeit eine Liebeserklärung machen wolle, und was ihm der Ambros dazu an Ratschlägen gab, machte sie beide so heiter, daß ihr lautes Gelächter das Echo des Waldes weckte. Als es einmal klang, als hätte sich ein fremdes Lachen hineingemischt, wurden sie ruhig und horchten, ob nicht dieses kurze höhnische Gelächter noch einmal zu hören wäre. Mußte wohl eine Täuschung gewesen sein.
Es sollte eine stille Trauung sein, und dazu hatten sich die Brautpaare, die Brauteltern und auch der Förster Greiner von der Guglwies schon eine halbe Stunde nach dem Taganläuten in der Kirche eingefunden. Der frische Maimorgen und das Prangen in der Natur, das stille Dorf und das betende Rauschen des Baches, der frühe Vogelsang und der feierliche Glockenton hatten sie schweigend und besinnlich anwandern lassen. Die Sonne ließ die bunten Kirchenfenster leuchten und streute das Rot des Rosenkorbes der heiligen Elisabeth über die kleine Hochzeitsgesellschaft. Der Förster Greiner und der alte Sterl walteten als Trauzeugen, und in sich gekehrt sahen die jungen Bräute auf ihre gefaltenen Hände. Der Kaspar hatte ein rotes Gesicht, indes er für sich seinem ihm zugeflogenen Glück nachdachte, und der Ambros, der sie alle um Kopfeslänge überragte, schneuzte und sah wie gebannt auf das Altarbild, auf dem der Schein der leuchtenden Kirchenfenster über das Bild des heiligen Wendelin, des Schutzpatrons der Waldhirten und Holzhauer, huschte. Ab und zu knarrte die Kirchentüre und tappten schwere Schuhe über das Steinpflaster des Kirchenbodens, wenn sich verspätet eine neugierige Weibsperson aus dem Dorfe in die Kirche schlich. Bis in die Stille des heiligen Raumes drang das Geschwätz der Stare auf dem Kirchendach. So füllte sich das kleine Gotteshaus trotz der frühen Stunde mit dem Leben des Tages und mit Schaulustigen, die diese Doppeltrauung mit ansehen wollten. Während der Priester die Paare zusammengab und sie einsegnete, tuschelten im Hintergrund die Frauen.
Nur das Sonntagsgewand hatten die Brautleute an! Kein Brautkleid und kein
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