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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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die stoßende und schiebende Stierherde und verschwand seitwärts im Tann auf dem Steig, der durch den Teufelsgrund hinauf zum Hochruck führte. Das Geschöll der Viehglocken verlor sich in der Tiefe der Schlucht. Auch der Teufelsbach schwenkte ab, um das Brautgefährt der künftigen Bewohner von Gschwend war nun wieder nur das Klappern der Hufe, das Stoßen der Räder auf dem groben Gestein und die tiefatmende Ruhe des Waldes. Unruhig und erwartungsvoll sahen sich die jungen Frauen um. Ihre Männer hatten sich ausbedungen, daß sie die Gschwend erst an ihrem Hochzeitstag sehen sollten.
    Steilan ging es weit und lange dem hellblauen Himmel entgegen. Aus dem satten Dunkelgrün des Tannenforstes prunkten die jungen Buchen im hellen Laub.
    Nun stiegen die Männer ab, um das Gespann zu entlasten. Die Wegspuren waren vom Schneewasser ausgewaschen, das immer noch in kleinen Rinnsalen abwärtssickerte.
    Endlos schien diese Parade der Bäume links und rechts des Sträßleins, und wenn die Sonne einen Blick über die Wipfel in den Schatten auf dem Weg tun konnte, wurde ihnen warm.
    Die Guglwies tat sich wie ein lichter Flecken in dem grünen Meer auf. Der Holzbauer ließ die Pferde verschnaufen. Die Försterin kam vom Forsthaus herüber und beglückwünschte die jungen Leute. Blaß und verhärmt, unsicher und die jungen Frauen forschend betrachtend, sagte sie leise:
    Ich wünsche euch nur, daß euch die Einöde da droben nicht alle Lebensfreude nimmt. Es ist schrecklich, wenn man so allein ist — und vielleicht kommt ihr dann und wann ein wenig zu mir herunter.«
    Die Tränen schossen ihr in die Augen, sie wandte sich rasch ab und ging mit schleppenden Schritten ins Haus zurück. Ein kleines, bildhübsches Mädchen kam angesprungen und sah mit großen Augen auf die Pferde und die fremden Leute. Als die Burgl das Kind freundlich anreden wollte, huschte es davon.
    »Ist die Frau Försterin krank?« wollte die Karolina wissen.
    »Waldkrank und weltkrank«, gab ihr der Ambros kurz Bescheid.
    Wieder wurde der Weg steiler, die Steine waren größer, und nun mußten auch die Frauen zu Fuß gehen. Immer wieder anhaltend, brauchte das Gespann für die Entfernung bis zur Gschwend noch eine Stunde. Mit einem Schlitten fuhr man dieses Stück im Winter in wenigen Minuten ab …
    Niederer und gedrungener wurde der Baumwuchs, viel dürres Geäst spreite sich im Gehölz, und der vergangene Winter hatte viele Gipfel gebrochen. Brauner Farn, vom Schnee plattgedrückt, lag im lichter werdenden Wald, verkrüppelt und verkümmert schleppten sich buschige Kiefern am Boden dahin. Die frühlingsgrünen Buchen waren zurückgeblieben, nur ein paar uralte Mutterstämme behaupteten sich. An ihrer grauen und rissigen Rinde saugten die Baumschwämme.
    »Brennholz für hundert Jahre«, bemerkte der Ambros zufrieden. Scheltend mußte der Holzbauer die Pferde antreiben, und die Wagenräder sprangen über große Steine, daß Kasten und Truhe schwankten.
    Vor ihnen tat sich endlich die große Waldwiese der Gschwend auf. Mit weißen Blüten überschüttet neigte sich der Wildkirschbaum, mit ausgebreiteten Astarmen empfingen sie die vielhundertjährigen Ahorne, und in der kleinen Mulde sonnten sich die zwei Holzhauerhäuser im späten Vormittag. Die großen grauen Schindeldächer lagen wie schmutzige Bettücher auf den niederen Balkenwänden, und die kleinen Fensterchen blinzelten.
    »Oh, ist es da schön!« schnaufte die Burgl begeistert, und die beiden Frauen eilten voraus, hielten die hohlen Hände unter das Holzrohr des Brunnens und tranken das kühle Naß, andächtig, zwei glückliche Menschen, die ahnten, daß auf dieser Höhe dieses kleine Waldwässerlein ein Lebensquell war, ohne den sie nicht existieren konnten.
    Als ihnen die Männer die Häuser aufschlossen, gingen sie durch die Stuben und freuten sich wie die Kinder über die frische Tünche, die blanken Fußböden und das gestrichene Holzwerk der Fenster. Während die Männer den Wagen abluden, der Holzbauer die Pferde tränkte und selber ein Riesenstück Bauernbrot verzehrte, guckten sie in die Öfen und bewunderten die karge Einrichtung, zu der im Hause des Kaspar Thums nun noch ein Kasten und die Betten und zum Ambros Keppl eine Truhe und das Bettzeug kam. In Schachteln hatten die Frauen noch andere Habseligkeiten und ihre Kleider mitgebracht.
    Als der Holzbauer sich auf die Rückfahrt machte, trug ihm die Burgl auf: »Kannst es meinen Leuten drunten sagen, so schön wie da, ist es überhaupt

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