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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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Schlinge hängend, bereits verendet war. Eine ohnmächtige Wut stieg in ihm auf, aber rasch überlegend schlug er sich seitlich ins Unterholz und kauerte sich nieder. Auf den Schlingenleger würde er warten, und wenn dabei der ganze Tag vergehen sollte! Eigentlich waren diese Burschen ja nur in den Morgenstunden tätig, und da würde schon noch einer kommen, um seinen Fang einzuholen. Entweder hatte sich dieser Wilddieb verspätet, oder er fühlte sich so sicher, daß er seine Beute auch noch am frühen Vormittag abholen würde.
    Von Stinglreut herauf hörte er die Kirchenglocken, und von der Waldblöße am Hochruck herüber leise das Plempern des Viehgeläutes. Fliegen summten um ihn herum, und überall knisterte es. Die kleinen Wasserlein gluckerten, doch trotz aller kleinen Geräusche überhörte Greiner das Scharren und Schlurfen nicht, das seitlich über ihm aus dem Walde kam und wieder verstummte. Das war kein Wildtritt, so ein Geräusch verursachten nur Schuhe auf dem Waldboden! Er horchte so angestrengt, daß ihm die Ohren sausten. Jetzt würde sich der Bursche umsehen, ob die Luft rein ist. Na, warte nur, mein Freundchen! Das Gefühl einer wilden Schadenfreude erfaßte den Förster. Nur einen wenn er einmal stellen konnte, sah die Sache schon ganz anders aus!
    Ein Steinchen rollte abwärts, und ein dürres Ästchen knackte. Das klang schon näher. Junges Buchengehölz störte seinen Blick. Nur das Reh in der Schlinge konnte er sehen. Der Arm, der hinter einem buschigen Tännling hervorkam und nach der Schlinge griff, überraschte ihn so sehr, daß er die Nerven verlor.
    »Halt!«
    Einen unterdrückten Fluch hörte er noch, dann sprang der Unsichtbare in das Unterholz und stürmte davon. Der Förster rumpelte auf und rannte in weiten Sprüngen hinterher, achtete nicht mehr auf den Waldboden, fiel in eine kleine Grube, die der vorjährige dürre Farn verdeckte, raffte sich auf und stürzte vorwärts. Ein Ast schlug ihn ins Gesicht und blendete ihn, und als er aus dem Unterholz kam und wieder im Hochwald unter den hohen, braungrauen Stämmen stand, konnte er keinen Laut mehr ausmachen. Nichts deutete darauf hin, welche Richtung der Flüchtende eingeschlagen hatte, vermutlich aber war er kaum in die Teufelsschlucht hinunter, sondern bergan.
    Es war zum Verzweifeln! Er hätte heulen mögen! Überlegend stand er und entschloß sich plötzlich, aufwärts zu steigen. Das Gewehr schußbereit tragend und nach allen Seiten horchend, verfolgte er einen Steig, der bis zum Hochruck führte. Es gab nur drei Möglichkeiten: entweder der Bursche flüchtete zur Grenze, dann mußte es einer von drüben sein, oder er suchte denWaldhirten Schreindl auf oder er wollte über die Höhen zurück ins Tal. Der Schreindl selber kam wohl nicht in Frage, so schnell konnte der alte Mann nicht mehr laufen.
    Friedlich grasten am Vormittag die Jungstiere und schlugen bei jedem Schritt ihre Halsglocke an. Vorsichtig hatte sich Greiner der Waldweide genähert und beobachtete die Umgebung. Vor seiner niederen, mit Rinde gedeckten Hütte saß der alte Schreindl und rauchte sein Pfeifchen. Nichts Störendes war in dieser abgelegenen Ruhe. Langsam näherte er sich dem Waldhirten und blieb vor ihm stehen, der ihn mit seinem zahnlosen Mund und dem zausbärtigen Gesicht freundlich anlachte und ihm einen guten Morgen wünschte.
    »Jemand dagewesen?« fragte ihn der Förster scharf.
    Erstaunt schüttelte der Alte nur den Kopf.
    »Ich meine, daß ich doch öfter bei dir einmal nachsehen muß. Nichts in der Hütte?«
    »Schauen S’ nur selber nach, Herr Förster«, lud ihn der Hirte ein und wies nur mit der Pfeifenspitze hinter sich auf die offene Hüttentüre, die so niedrig war, daß sich der Förster bücken mußte.
    Die aus Baumstämmen gefügten Wände umschlossen einen kleinen Raum, der nichts weiter enthielt als ein Waldheulager und an einem Nagel einen muffigen Regenmantel. Die Feuerstelle in der Ecke bestand nur aus einigen rohen Steinen, und außer einer rußigen Pfanne war kein Geschirr vorhanden. In der Ecke aus dem Heulager zog Greiner zwei Flaschen Schnaps, betrachtete sie und legte sie wieder an ihren Platz, fand einen leinenen Beutel mit vier neuen Taschenmessern und einigen Feuerzeugen.
    Das geht mich nichts an, damit tauscht er sich wohl den Schnaps ein, sagte sich der Greiner und legte auch den Beutel wieder zurück. Interessant war jedoch zu wissen, daß der Hirte entweder selber über die Grenze ging oder eine Verbindung nach

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