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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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jetzt wird gefeiert!« entschied der Ambros.
    Das Faß Bier, das zur Kühlhaltung im hölzernen Brunnentrog lag, trugen sie in die Stube des Ambros und zapften es auf der Wandbank an. Brot und Geräuchertes kam auf den Tisch, und mit jedem Trunk wurde die kleine Gesellschaft fröhlicher. Die neue Petroleumlampe mit dem milchigen Glasschirm gab dazu ein heimeliges Licht in die blitzsaubere Stube und überdie rotkarierten Vorhängchen. Der Kaspar zog die Mundharmonika aus der Tasche und führte sie mit der Rechten an den Lippen, während er mit der Linken seine Walburga umfaßte und mit ihr einen Ländler drehte. Das brachte auch den Ambros und die Karolina auf die Beine, und schließlich tanzten sie auf Socken und Strümpfen und juchzten dazu.
    Das Faß wurde leerer, und in bester Stimmung sangen sie schließlich zur Weise einer böhmischen Polka:
    »Haben wir ein Glück, haben wir ein Glück.«
    Das Bier machte sie müde. Sie setzten sich unter der Lampe am Tisch zusammen, sangen die alten Lieder ihrer Waldheimat und freuten sich darüber, wie gut es klang und wie schön die Frauenstimmen zum Baß des Kaspar stimmten, wenn der Ambros sich nicht am Gesang beteiligte. Ihm war das Gehör für das Zusammenklingen der Stimmen nicht gegeben, weshalb er rauh und laut, wie ein knarrendes Stadeltor, die Harmonie der anderen störte.
    Der Tag war lange und anstrengend gewesen. Gegen Mitternacht zogen sich der Kaspar und die Burgl in ihr Haus zurück, und dann erloschen die Lichter, und über der Gschwend lag die Ruhe der Waldnacht, hauchend und säuselnd im Bergwind.
    Die Sterne glitzerten, und es war, als käme das leise Singen von den fernen Gestirnen. Der Brunnen röhrlte und blubberte, und von einem der alten Ahorne schrie ein Waldkauz sein unheimliches »Wuhuhuu.«
     
    Der neue Tag kündigte sich erst durch einen hellen Streifen im Osten über den Grenzbergen an, als der Förster Greiner schon wieder unterwegs war und sich hinter einer Haselstaude am Waldrand über Stinglreut postiert hatte. Mit dem Glas beobachtete er die schlafenden Häuser und die Wiesen und Wege, über denen ein weißlicher Dunst lag. Ein dunkles Gefühl riet ihm, den Ort mehr im Auge zu behalten, und manchen Morgen hatte er hier schon verbracht. Tat sich bis zum Sonnenaufgang nichts, dann hatte er sich eben wieder einmal umsonst die halbe Nacht um die Ohren geschlagen.
    Was lag daran! Der Streit im Forsthaus ging ohnehin nicht mehr aus. Warum verschwieg er eigentlich seiner Frau, daß er gar nicht daran denken wollte, sich versetzen zu lassen? Warum vertröstete er sie immer wieder und log sie an? Weil ihn dieses Grenzrevier mit den riesigen alten Waldbeständen, mit den schönen Forsten der Tallagen, dem Wildwuchs der Hänge und den wetterzerzausten Beständen auf den Höhen einfach nicht mehr loslassen wollte. So weit der Bezirk auch reichte, er kannte doch fast jeden Baum, wußte alle Steige und Winkel, hatte diesen Wald in wunderbaren Sommern und in tödlichen Wintern erlebt, jede Stunde in sich hineingelebt, bis ihn die grüne Flut verschlungen hatte und er sich nichts anderes mehr wünschte und dachte, als lange auf der Guglwies zu bleiben.
    Jetzt konnte er schon gar nicht gehen. Man würde sagen, daß er ginge, um seine Ohnmacht dem Treiben der Wildschützen gegenüber einzugestehen.
    Dieser Sonntagmorgen mußte doch einen der Burschen herauslocken! Keine Arbeiter im Wald, und der Förster konnte nicht überall sein, das war doch die beste Zeit, um einen Schuß anzubringen.
    Drunten hörte er das Knarren einer Türe, und ein Hund schlug an. Doch im grauen Morgen schlich oder ging niemand gegen den Berg. Es wurde hell, und enttäuscht verließ er sein Versteck. Heimgehen? Nein!
    Um die Umgebung der Guglwies brauchte er sich nicht zu sorgen, dort schoß keiner. Wenn er ihnen nachspüren wollte, mußte er auf der anderen Seite des Teufelsbaches bleiben. Mitten durch den Tann ging er aufwärts, und die Sonne kam herauf und lichterte unter den Stämmen.
    Wie schön wäre dieser stille, herrliche Wald, wenn es noch wäre wie vor dem Kriege. Damals brauchte er sich nicht mit Wilddieben abzuplagen, in seinem Revier hörte er keinen fremden Schuß, und nur ein einziges Mal hatte er eine ungeschickt gelegte Schlinge gefunden.
    In seinem Ärger rannte er, daß er in Schweiß gebadet droben bei den Steinriegeln ankam, wo aus dem Gefels die Quellen kamen, die zum Teufelsbach das Wasser lieferten. Und da stand er plötzlich vor einem Reh, das, in der

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