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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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Försterin ihrem Mann am Abend, »und ich bin froh, daß wir nun nicht mehr ganz allein da heroben sind. Jetzt, meine ich, ertrag ich es auch leichter. Aber trotzdem werde ich froh sein, wenn du einmal versetzt wirst. Dieser endlose Wald ist unheimlich.«
    Der Juni brütete mit heißen Tagen über dem Waldgebirge.
    Der Holzeinschlag auf dem Hochruck hatte begonnen, die Handsägen rauschten und sangen, die Äxte klopften, und brausend sanken die gewaltigen Baumriesen in den Grund. Entrindete Stämme bleichten wie Totengebein, das welkende Geäst türmte sich zu Haufen, der Rauch des Holzhauerfeuers kroch durch das Unterholz, und die im Akkordlohn schuftenden Männer dampften im Schweiß. Sie arbeiteten in zwei Partien, kochten sich ihren Schmarren und nächtigten in Rindenkobeln. Nur der Keppl und der Thums konnten nach jedem Arbeitstag nach Hause gehen; der Weg in die Gschwend hinüber war nicht weit.
    Dort hatte der Waldsommer ein Paradies geschaffen, und die Bewohner waren so glücklich und froh, als könnte es in dieser Einöde nie anders werden. Noch war alles neu und kurzweilig, und die jungen Frauen hatten sich viel zu erzählen, ihren Haushalt und die Ziegen zu versorgen. Und an den Abenden halfen die Männer, das Berggras zu mähen und zu heuen, da und dort noch etwas zu verbessern, was allen das gute Gefühl gab, als hätten sie dem Wald ein Stück Erde abzuringen, und sich darauf ihr Leben aufzubauen. Ab und zu kam der Förster vorbei, lobte und war freundlich. Auch die Holzhauerpartien stellten fest, daß der Förster Greiner nun öfter bei ihnen auftauchte und sehr gesprächig geworden war. Oft kam er noch vor der Dunkelheit zu ihrem Rindenkobel und setzte sich pfeiferauchend eine Weile zu ihnen. Bald kannte er alle ihre häuslichen Verhältnisse. Daß er dazwischen auch die Rede auf die Leute von Stinglreut brachte, konnte nicht auffallen. Nie aber war vom Wildern oder Schmuggeln die Rede. Als der alte Kern einmal vorsichtig damit anfing und dem Förster sagte, daß es an diesem Morgen nicht weit vom Hochruck geknallt hatte, brach er seine Rede mitten im Satz ab. Die Verlegenheit der anderen fiel dem Förster wohl auf, aber er tat die Mitteilung nur mit einer lässigen Handbewegung ab:
    »Kann auch droben an der Grenze gewesen sein. Da mische ich mich nicht ein.« Dennoch ging Greiner an diesem Abend nachdenklich und zufrieden auf die Gugl-wies zurück. Einer war unter den Holzhauern gewesen, der anders auf die Worte des alten Kern reagiert hatte als seine Kameraden: der Weber. Ihm war eine Röte ins Gesicht gesprungen, und er hatte den Kern angeblitzt, als sollten seine Blicke dessen Zunge lähmen. Und als sich die Blicke der beiden kreuzten, brach auch der Kern mitten im Satz ab.
    Der Weber? Ein stämmiger und wendiger Mann mit einem Fuchsgesicht, der sich seinen eigenen Rindenkobel gebaut hatte, und dem der abendliche Besuch des Försters sichtlich nicht behagte, weil er sich auch nie an der Unterhaltung beteiligte und nur kurze und mürrische Antworten hatte, wenn er gefragt wurde. Unter Tags, wenn er nicht wußte, daß der Förster hinter einem Baum hervor die Holzhauerpartie beobachtete, dann war der Weber ganz anders: ungezwungen und redselig. Dann unterschied ihn nichts von den anderen. Samstags und sonntags saß er beim Reibenwirt, hatte sich der Förster vom alten Sterl sagen lassen. Das kostete Geld! Allerdings war sein Weib, die Weberin, die Botin von Stinglreut, die wöchentlich zweimal die zwei Stunden zur kleinen Stadt ging und für das Dorf Besorgungen machte, und eine kleine Landwirtschaft hatten die Weberleut auch. Mit dem Reibenwirt verband den Weber eine Freundschaft, obwohl er oft ein lästiger Gast war, der gerne Händel suchte und im Rausch recht aufsässig wurde.
    Ein Holzhauer, der den Wald ringsherum wie seine Hosentasche kannte, der vielleicht mehr Geld im Wirtshaus ausgab, als ihm zustand.
    Ein fleißiger Mann war er, aber an manchen Montagen war er von der Arbeit weggeblieben.
    Es war schon dunkel, als Greiner das Forsthaus erreichte. Geradewegs ging er in seine Kanzlei und holte die Lohnlisten der vergangenen Monate hervor. Im Licht der Petroleumlampe blätterte er sie durch und stellte fest, daß der Holzhauer Weber in den Wochen, in denen die Partien im Tagelohn gearbeitet hatten, fast regelmäßig nur fünf Tage in der Woche geschafft hatte. Soweit die Partien im Akkord arbeiteten, war das Fehlen des Holzhauers Weber nicht festzustellen.
    Befriedigt schlug Greiner die

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