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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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und einigen Männern gewechselt wurden. Obwohl der Holzbauer und der Utz ihn nachdem Essen noch festhalten wollten und in ihrer ungeschickt derben Art meinten, daß die Frau Försterin ja gewiß noch gerne auf den Tanzboden ginge, machte sich Greiner auf den Heimweg, und seine Frau war gerne damit einverstanden.
    Nach dem Mittag drängte auch der Keppl Ambros zur Heimkehr, und die vier von der Gschwend verabschiedeten sich von ihren Angehörigen beim Daglwirt. Der alte Sterl nahm sich seinen Schwiegersohn noch zur Seite und forschte ihn aus.
    »Bei euch droben ist allerhand los, man redet im Dorf drüber. Alle Augenblick soll es krachen. Hast du den Stutzen — ich meine hast du schon damit geschossen?«
    »Dumm werd ich sein, wo der Förster eh schon ganz wild ist und jetzt schier alle Tage einmal bei uns vorbeikommt! Hab ihn schon vor dem Tag gesehen, und vor der Nacht ist er alleweil unterwegs. Habe gerade zu tun, daß der Kaspar keine Dummheiten macht. Aber laß den Stutzen nur bei mir, vielleicht brauch ich ihn doch noch«, schnüffelte der Ambros leise.
    Der Kaspar ging nicht gerne, und als sie durch das Dorf aufwärts beim Reibenwirt vorbeikamen, meinte er: »Sollten doch ein wenig hineinschauen. Du bist doch auch einmal ein Feuerwehrmann gewesen, hast ja noch die Bluse und die Mütze.«
    »Nix da!« entschied der Ambros, und die Frauen stimmten ihm zu. »Das ist kein Wirtshaus für dich! Da drinnen machen sie dich nur zum Haderlumpen!«
    »Heimgehen tun wir!« sagte auch die Burgl, und mit saurem Gesicht stapfte der Kaspar weiter.
    Hinter ihnen verklang das Schrammen und Brummen der Blasmusik und das laute Reden.
    »Da meinen die Leute, was sie wohl haben«, schnaufte der Ambros auf, als sie in den Wald eintraten. »Saufen das Bier in sich hinein, reden, damit der Tag vergeht, und hupfen auf dem Tanzboden herum, bis sie nicht mehr können. Ich kann daran nix finden. Kann doch nirgends schöner sein als bei uns droben.«
    Die Frauen hatten darauf nichts zu sagen, nur der Kaspar brummte:
    »Kannst ja recht haben, aber wenn alle Leute in der Einschicht wohnen und dort bleiben täten, das wäre ja auch nix.«
    »Ich mag es so, und du auch, gell Lina?«
    Sie sprachen nur noch von den Neuigkeiten, die sie im Dorf gehört hatten. Bekannte aus den Nachbarorten waren dagewesen, die Holzbäuerin hatte sich auf der Dorfstraße mit dem Wirt gestritten und ihn einen Gauner genannt, der der Arbeit aus dem Weg ginge, und ihm hingeschrieen, daß man schon wisse, woher sein Geld komme. Worauf der Wirtssepp gedroht habe, sie zu verklagen. Den Schmuggel hatte die Holzbäuerin wohl gemeint, und man wußte ja, daß Burschen und Männer von Stinglreut viel über die Grenze gingen und man im Dorf mehr tschechische Kronenbesaß als deutsches Geld. Das Zigarettenpapier, das sie hinübertrugen, brachte der Bruder des Holzhauers Weber aus halb Niederbayern zusammen, und bald würde es keines mehr geben. Tombakene Uhren , Ringe, sogar Eßbestecke und Wollsachen: alles wardrüben gut abzusetzen, und die Differenz zwischen den Währungen diesseits und jenseits war so groß , daß bald in Stinglreut lauter reiche Leute sein würden . Die tschechischen Kronen brauchten gar nicht mehrbei der Bank umgewechselt zu werden, weil man sie in der Stadt verkaufen und dabei noch etwas über denKurs hinaus gewinnen konnte.
    »Seien wir froh, daß wir davon nix wissen«, tat derAmbros belehrend, »alleweil geht das auch netgut.«
    »Oft tat es mich schon gelüsten —«, wollte der Kaspar meinen, aber der Ambros fuhr ihn an:
    »Untersteh dich und probier es noch einmal! Das Kreuzschlag ich dir ab, wenn du es noch einmal versuchen willst!«
    »Aber den neuen Kasten und die Stühle, und den schönen Herrgott und die Bilder hat es uns doch eingebracht, und feste Winterschuhe kann ich mir auch kaufen.« Das sagte die Burgl, und darauf wußte der Ambros nichts mehr zu erwidern.
    So hatten sie sich auseinandergeredet, und schweigend legten sie das letzte Stück des Weges zurück, schloffen aus den Sonntagskleidern, und die beiden Männer zogen die Ziegen aus den Ställen und weideten sie für den Rest des Nachmittags, jeder an einer anderen Stelle und von der ganzen Breite der Waldblöße von Gschwend getrennt.
    Unlustig führte der Kaspar seine Ziege am Strick und sah über die Wälder hinweg, die schon die bunten Farben des Herbstes zeigten.
    Gedankenverloren suchte sein Blick das Tal, wo hinter den dunklen Bäumen Stinglreut lag, und es war ihm, als wäre

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