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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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ganz saudumm ausgefragt«, bemerkte der Weber.
    So schnell bringen wir ihn net weg, das ist ein zäher Bursche. Aber ich weiß schon, wie wir ihm das Leben so sauer machen, daß er gerne geht.«
    Sie rückten noch näher zusammen. Sie tuschelten, und mit einem bösen Lachen beendete der Wirt schließlich die Unterhaltung.
    »Zeit ist. Ich geh euch bis unterhalb der Guglwies entgegen. Der Schreindl kann zum Passen bis zum großen Stein mitgehen, und zu dritt werdet ihr die Ochsen schon herüberbringen.«
    Er löschte die Lampe, sperrte die Türe ab und weckte die Resl, die in der Küche sitzend schlief. Aus einem kleinen Nebenraum holte sie zwei gepackte Rucksäcke, und lautlos entfernten sich die Brüder Weber mit dem alten Thums und dem Waldhirten. Dann verlosch auch in der Küche das Licht.
     
    Diesen Sonntagabend verbrachte man im Forsthaus auf Guglwies, wie es schon Gewohnheit geworden war. Frau Anna spielte nach dem Abendessen auf dem Klavier, und dann saß das Ehepaar, nachdem das Töchterchen zu Bett gebracht war, noch am Wohnzimmertisch unter dem an vergoldeten Ketten aufgehängten weißen Glasschirm der Lampe zusammen, wobei jedes seinen Gedanken nachhing, und nur spärlich teilte man sich gegenseitig mit, was man dachte. Die Försterin strickte, und der Greiner rauchte gemütlich seine Pfeife.
    Um das Forsthaus war es drückend still geworden. Das nächtliche, durch den Wald ziehende Sommerwetter war dem ruhigen Herbst gewichen. Das flüsternde Rauschen fallender Fichtennadeln und zu Boden huschender und gleitender Buchenblätter drang nicht durch die Wände. Der Himmel hatte einen Dunstschleier vor die Sterne gezogen, aus dem Tal krochen leichte Nebel durch den Wald herauf und dämpften die wenigen Laute der Waldnacht.
    »Dir hat es heute drunten im Dorf nicht sehr gefallen«, unterbrach Greiner die Ruhe im Raum. »Ich begreife das. Diese Leute werden rauh und laut, wenn sie etwas feiern, und ohne Bier kommen sie nicht in Stimmung. Ehrlich gesagt: ich habe mich auch nicht wohl gefühlt, dieser Reibenwirt wollte mich wohl mit seinem Rehbraten aufziehen — und sein unverschämtes Grinsen —«
    »Ja«, seufzte sie, »ich bin einfach den Eindruck nicht losgeworden, daß alle uns heimlich beobachteten und viele nur darauf warteten, daß wir wieder gehen würden.«
    »Früher waren sie jedenfalls freundlicher zu uns. Aber das ganze Nest ist ja heute voller Spitzbuben. Wer weiß, wieviel da drunten noch von der ehrlichen Arbeit leben! Der Krieg hat alle Moral zerstört. Schmuggeln und Wildern, das bringt heute mehr ein als jede Arbeit. Wenn ich daran denke, daß man da mit Leuten spricht und mit ihnen im Wirtshaus sitzt, die in meinem Revier herumschießen und Schlingen legen, dann läuft es mir heiß über den Buckel. Aber ich komme den Burschen noch auf ihre Schliche! Und wehe dem, der mir einmal vor die Flinte kommt!«
    Sie legte das Strickzeug in den Schoß und sah ihn besorgt an.
    »Josef, wie du daherredest! Du tust deine Pflicht, das weiß ich am besten, hast dir ja kaum Zeit zum Schlafen genommen! Überall kannst du nicht sein, und vielleicht wissen die Leute genau, wo du jeweils bist. Warum tut man dir keinen Forstgehilfen her? Zu zweit könntet ihr ganz anders auftreten.«
    »Und ich sage dir, daß ich die Brüder noch selbst erwische! Gestern habe ich drüben im Gestöck überm Teufelsbach wieder einen Aufbruch gefunden. Diese Wilderer sind schon so frech, daß sie sich sogar zum Ausnehmen der Rehe Zeit lassen und mir den Aufbruch auf einen Steig legen, damit ich ihn auch zu sehen bekomme. Man hat aber auch keinerlei Unterstützung. Die Gendarmen sagen, sie hätten genug mit den Holzdiebstählen zu tun, die Grenzstreifen kümmern sich auch nicht um das, was sie nichts angeht. Soll ich deswegen auch die Hände in den Schoß legen und zuwarten, bis alles abgeschossen ist?«
    Zaghaft fragte sie: »Hast du denn noch gar keinen Bescheid wegen der Versetzung? Die müßten dir doch sagen können, welche Aussichten bestehen.«
    Er hatte wieder einmal seinen Ärger aufgewärmt, und unbedacht entfuhr ihm die Bemerkung: »Solange ich da nicht aufgeräumt habe —«
    Wohl unterbrach er sich und strich sich verlegen den dunklen Vollbart, doch Frau Anna hatte es nicht überhört.
    »Wie meinst du das?«
    »Ach, nichts. Solange wir hier an der Grenze keine geordneten Verhältnisse haben, solange unser Geld nichts wert ist und jeder Schmuggler sich ein Vermögen auf Kosten unseres Staates machen kann, solange

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