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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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Winters hinaus noch ein schönes Anteilsümmchen verblieben. Der Schmuggel in den dunklen Sommernächten hatte sich gelohnt. Vieh herüber, Ware hinüber, das war ein doppeltes Geschäft gewesen!
    Die Schmarrenpfanne im Rucksack und die Regenkotze übergeworfen, schritt er der unteren Ecke der Waldlichtung zu, wo der Steig in den Wald und durch die Teufelsschlucht ins Tal führte. Dort legte er die Hände an den Mund, und sein rauher Lockruf hallte vom Wald zurück:
    »Hoha, Hoha, Hoha!«
    Brüllend antwortete ihm der Leitstier und folgte ihm, die Herde hinter sich. Die Schöllen rasselten, und ihr plemperndes Geläute entfernte sich waldabwärts.
    Still und verlassen blieb die Waldweide zurück. Der weiße Reif schmolz in der aufsteigenden Sonne und tropftevon den braunen Gräsern. Ein Specht trommelte an einen alten Stamm. Es war der Tag, an dem man drunten in Stinglreut die letzten Vorbereitungen für das Stiftungsfest mit Fahnenweihe der kleinen Freiwilligen Feuerwehr traf, und die Herde zog in einen festlich geschmückten Ort ein. Auf dem Dorfplatz nahmen die Bauern ihre Tiere in Empfang, drückten dem Schreindl ein erstes Trinkgeld in die Hand und trieben ihre Jungtiere den heimischen Ställen zu.
    Der alte Schreindl steuerte dem Reibenwirtshaus zu und trank das Bier in sich hinein, als wäre er kurz vor dem Verdursten gewesen. Sein Gewand, das er den ganzen Sommer nicht vom Leibe gebracht hatte, dampfte und stank, und die wenigen Einheimischen, die so früh am Tag in der Gaststube saßen, rückten von ihm ab. Mit Gesten und Blicken bedeuteten sie dem Wirt, daß es in der Nähe des Waldhirten nicht auszuhalten sei.
    »Ich meine, Schreindl«, wandte sich dieser endlich an den Alten, »es ist besser, wenn du dich einmal gut waschen tust und ein anderes Gewand anlegst, ehvor du unter die Leute gehst. Stinkst ja wie ein Bock.«
    »Mich dürstet!« fuhr der Schreindl auf. »Und jetzt bleib ich extra da.«
    »Ich hab halt gemeint, sind ja andere Leute auch noch da«, sagte der Wirtssepp entschuldigend.
    »Schenk ein!« knurrte der Hirte bissig und stieß ihm den leeren Maßkrug hin. »Bin ich sonst auch gut genug gewesen, kann ich jetzt auch dasitzen und mein Bier trinken.« Den nächsten Krug leerte er in zwei Zügen.
    Der Reibenwirt biß sich geärgert auf die Lippen. Schließlich brachte er es fertig, den Alten in die Küche zu bringen, wo ihn bald darauf die Resl grob hinausfeuerte.
    »So könnt ihr mit mir net umgehen!« drohte der Schreindl in seinem Rausch. »Sonst könnt ich einmal das Maul aufmachen!«
    Da schleppte ihn der Sepp in die Streuschupfe, warf ihn in das Heu und raunte ihm, knirschend vor Wut, zu: »Mach keine Dummheiten, alter Depp, sonst dreh ich dir den Kragen um!«
    »Laß mich in Ruhe«, murrte der Schreindl noch, ehe er zu schlafen begann.
    Er schlief bis in den andern Tag hinein und hörte nicht die Blasmusik, die die Nachbarfeuerwehren am Ortseingang empfing.
    Aus einem Fenster des Oberstockes vom Gasthaus des Josef Obermeier hing eine ausgewaschene weißblaue Fahne, und vor dem Haus, direkt der Kirche gegenüber, war aus Balken und Brettern ein Podium aufgebaut und mit kleinen Tännchen verziert. Tannengrün und Fähnlein schmückten auch die anderen Häuser um den Dorfplatz. Drunten beim Daglwirt, der auch an diesem Sonntagmorgen schon eine volle Stube hatte, überspannte ein Triumpfbogen die Straße, die von der Stadt her in diesen letzten Ort unter den Grenzhöhen führte. Dort stellte sich auch der Kirchenzug auf und, voran die Musik, zogen die Vereine durch das Dorf hinauf zur Kirche. Die Messinghelme blitzten in der milden Herbstsonne, die roten Aufschläge an den Uniformen leuchteten, und die Fahnenträger stemmten sich gegen den frischen Bergwind, der die bunten Erinnerungsbänder flattern ließ.
    Ganz diesem seltenen Ereignis hingegeben, säumten Männer, Frauen und Kinder Straße und Dorfplatz. Alles um sich vergessend, standen sie und fingen mit Aug und Ohr das Geschehen ein, das aus ihrem stillen und bescheidenen Grenzdorf einen großen, belebten Ort machte. Die schmetternde Musik hallte von den Häuserwänden wider.
    Das Stiftungsfest der Feuerwehr hatte auch die Einöder von der Gschwend ins Tal gelockt. Sie standen an der Freithofsmauer, und das alte Stinglreut kam ihnen in diesem Lärm und mit den vielen Menschen ganz fremd vor. Auch der Förster Greiner von der Guglwies war heruntergekommen und hatte Frau und Kind mitgebracht. Während er neben dem Holzbauer als

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