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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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weg von hier, und ich soll hier verrückt werden!«
    Nun brüllte auch er: »Wenn du es also schon weißt und dich hinter meinem Rücken um Dinge kümmerst, die dich nichts angehen, ja, dann — ich gehe nicht eher, bis ich nicht ein sauberes Revier hinterlassen kann! Verstehst du? Glaubst du, ich hätte so viele Nächte umsonst vertan? Heute hat wieder einer geschossen, und so kann es alle Tage sein — und mir soll man dann nachsagen, daß ich etwa vor den Wilddieben ausgerückt bin? Mir soll man nachsagen, daß ich mit ihnen nicht fertig wurde und deshalb einem anderen Platz machen muß? Ich habe es mir heute wieder geschworen, daß ich so lange bleibe —«
    Die Försterin weinte auf: »Denkst du denn gar nicht an deine Familie? Das Annerl muß in die Schule! Soll es Sommer und Winter die zweieinhalb Stunden laufen müssen?«
    »Wir können sie im Winter bei der Tante in der Stadt unterbringen. Im Sommer schadet dem Kind der Weg gar nicht. Andere Kinder haben es auch nicht leichter. Den halben Weg kann sie ja mit den Dorfkindern zusammen gehen, und vom Dorf hole ich sie meinetwegen alle Tage ab.«
    »Das kommt nicht in Frage, das tu ich dem Kind nicht an!«
    »Dann soll es im Sommer auch drunten bleiben!«
    »Und ich soll allein — nein! Nie!«
    Dem Ambros war es peinlich, daß er diesen Streit mithören mußte. Es dauerte eine Weile, bis er sich aufraffte und, besonders hart und laut auftretend, in das Forsthaus polterte und an die Wohnzimmertüre klopfte. Der Förster kam heraus und zog die Tür rasch hinter sich zu.
    »Na? Haben Sie sich gut umgesehen?«
    »Gar nix hab ich gesehen, Herr Förster, der Mann hat einen großen Vorsprung gehabt.«
    »Gut, Keppl, dann können Sie jetzt heimgehen. Wir machen am Mittag weiter. Ich hol Sie auf der Gschwend ab.« Der Ambros ging, und bedrückt überlegte er beim Aufstieg zur Gschwend, warum er nun eigentlich nicht gemeldet hatte, was er sah.
    Die Lina merkte ihm an, daß ihn etwas beschäftigte, und sie bohrte mit Fragen, bis er übellaunig herausknurrte:
    »Tun sich gar net gut miteinander, die Förstersleut, haben wieder gestritten.«
    Das war alles, was sie aus ihm herausbrachte, und sie meinte dazu: »Kann es net begreifen. Haben es so gut und haben gewiß keine Sorgen. Wohnen in einem schönen Haus — »
    »Die Frau will weg, und das ist alles.«
    Er blieb nachdenklich und schweigsam.
    Als der Holzeinschlag begann und die zwei Partien sich im Hochwald an der Grenze ihre Rindenhütten bauten und wochenüber wieder im Walde blieben, wurde der Ambros Keppl Vorarbeiter. Er holte sich die Anweisungen im Forsthaus, denn der Förster kam nur selten zu dem weit entlegenen Holzschlag.
    Der Weber war wieder im Dorf. Seine Strafe hatte er verbüßt. Er suchte beim Förster nicht um Arbeit nach, sondern beschäftigte sich mit seiner kleinen Landwirtschaft und war wieder an den meisten Abenden beim Reibenwirt zu finden, wo er sich nicht in der Gaststube aufhielt, immer aber in der Küche zu finden war. Dort saß er mit seinem Bruder zusammen, war der Wirtssepp dabei, der die Bedienung der Gäste der Resl überließ, und an vielen Abenden saß bei ihnen der alte Thums von drüben, während der Waldhirte Schreindl seinen Stammplatz auf dem Schemel beim Ofen behauptete. Die Burschen und Männer von Stinglreut hatten in der Wirtsküche nichts mehr zu suchen und wurden dort auch nicht geduldet. Die verstärkten Grenzstreifen und Gendarmerieposten hatten das große Geschäft über die Grenze lahmgelegt. Beim Übergang am großen Stein waren zwei Bauernburschen der Grenzstreife in die Hand gelaufen, und seitdem kontrollierten die Finanzer auch den Weg über die Guglwies zur Grenze und die Ziehbahnen. Damit war das Geschäft nur mehr den alten und erfahrenen Grenzgängern vorbehalten, und diese hatten sich längst andere und sicherere, wenn auch weitere Wege gesucht. Sie umgingen die Gschwend und den Hochruck und schlugen sich an einer Stelle, an der die Grenzschneise auf mehr als hundert Meter völlig gerade verlief und auf beiden Seiten vom dichten Wald und hohen Unterholz eingesäumt war, durch verborgene Steige. Die zwei oder drei Männer, die nach Anbruch der Dunkelheit oftmals das Reibenwirtshaus durch die hintere Tür verließen und geduckt, mit schweren Rucksäcken, die kleine Wiese bis zum Waldrand überquerten, wurden selbst von den Dörflern nie bemerkt.
    Es kamen die ersten Maitage. Der Förster Greiner und seine Frau hatten ihre Tochter zur Schule in die Stadt gebracht

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