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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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Schlafzimmer im ersten Stock zurück. Ans Schlafen konnte sie in diesen Nächten, in denen sie auf die Heimkehr ihres Mannes wartete, nicht denken. In diesen Stunden der völligen Einsamkeit fürchtete sie sich. Angst und Spannung hielten sie wach. Sie hatte in einem Buch zu lesen begonnen und legte es wieder zur Seite, weil das Gelesene nicht ihre Unruhe überbrücken und ins Bewußtsein gelangen konnte. Ein kleines Lämpchen brannte im Zimmer und gab düstere Schatten in die Ecken. Durch das offene Fenster kam das Rauschen der Nacht, ein Chor von tausend verschiedenen leichten Geräuschen, ein Flüstern und Wispeln in den Bäumen und dann wieder Laute, als tappten Schritte über knisternden Waldboden.
    Sie konnte es nicht mehr ertragen und schloß das Fenster. Nun störten sie die Geräusche im Haus, das leise Knacken der Holzwände, das verstohlene Rascheln und Rieseln. Von drunten hatte sie das Gewehr ihres Mannes mit heraufgenommen und geladen auf den Tisch gelegt. Es gab ihr keine Beruhigung.
    Es war unerträglich. Die Unruhe trieb sie auf, und sie ging im Zimmer hin und her, horchte wieder und wieder und sah auf die Uhr. Würde wohl noch eine gute Stunde dauern, bis der Mann zurück sein würde.
    Nein — das hielt sie nicht länger aus. Und in der Stadt war das Annerl allein und sehnte sich wohl nach der Mutter! Wie anders könnte es sein, wenn ihr Mann nur wollte! In der Stadt könnten sie wohnen.
    Elf Uhr! Die Zeit verging langsam. Aber ihr Mann konnte jetzt schon in Stinglreut drunten sein, und er würde sich beeilen, um bald zu Hause zu sein.
    Sie setzte sich aufs Bett, starrte vor sich hin und fuhr plötzlich auf. Da war ein kratzendes Geräusch an der Hauswand, dicht unter dem Fenster, gewesen. Von dieser Seite kam ihr Mann nicht! War er um das Haus herumgegangen? Wieder das Scharren und ein Klopfen an die Hauswand. Sie sah nach dem Fenster und kreischte entsetzt auf.
    An die Scheibe preßte sich ein scheußliches Gesicht mit glühenden Augen und einem klaffenden, feurigen Mund, dämonisch grinsend.
    Im Schrecken griff sie nach dem Gewehr, und zugleich mit dem Schuß splitterten die Scheiben. Die geisterhafte Fratze taumelte und verschwand. Eilende Tritte verklangen in der Nacht.
    Der Förster fand seine Frau völlig aufgelöst in Tränen, und nur unter Schluchzen vermochte sie ihm zu sagen, was vorgefallen war. »Keinen Tag und keine Nacht bleibe ich länger — jetzt ist meine Kraft zu Ende!« schrie sie ihn an.
    Er nahm die Laterne und ging aus dem Haus, fand unter dem Fenster des Schlafzimmers eine Stange und eine ausgehöhlte Feldrübe mit einem Kerzenstummel. Niedergeschlagen kehrte er zurück.
    So also ging man nun gegen ihn vor? Man wollte ihm wohl das Leben auf der Guglwies verleiden. Man nützte seine Abwesenheit, um seine Frau zu schrecken.
    Gut, je mehr die Burschen riskierten, desto eher würde er ihnen einmal gegenüberstehen. Dann —!
    »Eine Lausbuberei, weiter nichts«, sagte er zu seiner Frau und zeigte ihr die ausgehöhlte Rübe.
    »Und dazu kommt man mitten in der Nacht zu uns herauf? Nein — das ist eine Drohung! Die wollen uns weghaben, und du wirst sehen, daß man uns noch mehr antun wird!« regte sie sich auf.
    »Ach was, wenn wir natürlich Angsthasen sind, dann werden die sich die Haut voll lachen. Die sollen sich aber täuschen.«
    An Nachtruhe war nicht mehr zu denken, und der Wortwechsel wurde wieder heftiger und dauerte lange. Schließlich kam die Försterin wieder ins Schreien und Weinen und erklärte:
    »Ich gehe! Ohne Kind bleibe ich sowieso nicht! Ich lasse mich nicht von meinem Kind trennen! Du hast kein Herz für uns!«
    Da stand er auf, kleidete sich an und verließ mit dem Gewehr das Haus. Unschlüssig sah er gegen den Himmel, der sich von Osten her schon aufhellte, und schlug den Weg gegen den Hochruck ein.
    Wie ein giftiger Pfeil wirkte nun, was ihm der Reibenwirt angedeutet hatte. Der Keppl und der Thums, das hatte er doch sagen wollen — und einer von diesen hätte ihm einen Rehbock angeboten? Zum Teufel! Sollte er sich so in diesen Männern getäuscht haben, und sollten ihn die hinters Licht führen? Vielleicht aber war der Gauner, der mit der ausgehöhlten Feldrübe herumgeisterte, gar nicht von drunten? War gar nicht von Stinglreut heraufgekommen, sondern von der Gschwend herunter?
    Konnte aber auch sein, daß man ihn auf eine falsche Spur setzen wollte, und dann — war das der Wirt gewesen, der daran ein Interesse hatte! Der Wirt!
    Wirt und Weber!
    Es

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