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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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erst noch einmal überlegen. Hätt alleweil den Kopf drinnen und wüßt net für was.«
    Der Weber wußte, worauf sie hinauswollte: »Laß dir nur Zeit, Reserl«, meinte er mit einem undurchsichtigen Lächeln, das alles und nichts verhieß: »Wir zwei werden uns schon noch einig.«
    »Das hast du schon oft gesagt, und den ganzen Winter hast du dich net sehen lassen!« sagte sie bissig. »An mich denkt ihr net! Aber wenn ihr meint, ich mach euch den Putzhadern, dann — red ich einmal.«
    »Halt dein Maul, bist ja selber drin!« wurde der Wirtssepp grob.
    Auf den Bergen versickerten die letzten Schneereste und rieselten in kleinen Wassern den Bächen zu. Wieder reckte und streckte sich der Wald zu neuem Leben. Der Förster holte sich die Männer von der Gschwend und beschäftigte sie mit der Ausbesserung der Ziehbahnen, der Reparatur von Holzbrücken und Waldwegen. Er wollte ihnen die weiten Wege zur Stempelstelle in der Stadt ersparen, und sie waren ihm dafür dankbar. Nun begann Greiner auch wieder mit den täglichen Gängen ins Revier, soweit ihm die Arbeit in der Forstkanzlei dafür Zeit ließ. An den schönen Tagen war er schon mit der aufgehenden Sonne unterwegs. Die Anweisungen für den Einschlag ziemlicher Holzmengen waren gekommen, und er hatte die Hiebe für die kommende Zeit zu planen. Dann bestellte er sich den Ambros, den er in diesem Sommer mit dem Einverständnis des Forstamtes zum Haumeister und Vorarbeiter für seine Holzhauerpartien machen durfte, zu sich, und sie zogen los, um in den alten Beständen den neuen Hieb auszusuchen.
    Greiner war an diesem Morgen schlecht gelaunt, da ihm die Anweisungen des Forstamtes einen unruhigen Sommer voraussagten, und es dauerte lange, bis er den neben ihm hergehenden Ambros anredete. Erst als sie auf dem Steig über der Waldweide unterm Hochruck waren, blieb er stehen und sah durch die Bäume auf die Waldblöße hinaus.
    »Es hat ihm das Dach eingedrückt«, bemerkte der Ambros und deutete auf die Hütte.
    »Diese Weiderechte und diese Hütte könnte ich verwünschen«, sagte der Förster ärgerlich, »und mit dem alten Spitzbuben komme ich sowieso noch irgendwo zusammen, das weiß ich bestimmt!«
    »Hm«, schnüffelte der Ambros, und weil Greiner mit dieser Antwort nichts anzufangen wußte, setzte er seine eigenen Gedanken fort.
    »Da wird es bald aussein mit der Ruhe da heroben.«
    »Ich mag das Geläut der Stierschöllen recht gern«, meinte der Ambros.
    Dieser Einwand hob die Stimmung des Försters nicht, und schweigend gingen sie weiter, um die aufsteigenden, teils nackten Gipfelfelsen des Hochruck herum und über eine vermoorte Hochfläche zu einem Höhenrücken, über den die hier nach Osten ausweichende Grenze ging. Greiner bezeichnete die zu fällenden Bäume, und der Ambros machte sie kenntlich, indem er mit der Axt ein Stück Rinde abhieb. Kreuz und quer stapften sie durch den frischen Morgenwald, und die Sonne schob sich höher. Aus dem Hochmoor zog sie einen feinen Dunst, den der Wind aufnahm und davontrug. Gerade wollte der Förster seine Pfeife in Brand setzen, als vom Hochruck herüber ein Schuß in die Stille peitschte und kurz nachhallte.
    Es riß ihn herum: »Kruzitürken, Schufte verdammte!« Seine Hand zuckte nach dem Gewehr, und der Zorn schoß ihm ins Gesicht. »Schnell, Keppl! Gehen Sie hinüber zur Ziehbahn und laufen Sie diese abwärts. Machen Sie die Augen gut auf!« Sich nicht mehr umsehend, rannte er davon gegen den Hochruck. Bald ging ihm bei seinem Weg über Stock und Stein der Atem aus.
    Eine halbe Stunde Weges konnte er nicht durchlaufen, und bis er drüben sein würde, war die Luft längst wieder rein.
    »Geht es nun schon wieder los, Hunde, verreckte!« schimpfte er wütend vor sich hin und überlegte fieberhaft. Hier irgendwo im Wald den Schützen suchen zu wollen, war umsonst. Instinktiv schlug er den Weg zur Hirtenhütte ein, und als er aus dem Wald auf die Blöße trat, riß er überrascht das Gewehr von der Schulter. Die Tür stand angelweit offen, und ein Rumoren unter dem eingestürzten Dach verriet ihm, daß jemand in der Hütte war. Mit ein paar Sätzen war er an der Tür und rief grimmig den Hirten an, der ihm mit einem verlegenen Grinsen im bärtigen Gesicht entgegensah.
    »Schreindl, was tun Sie da? Wer hat geschossen?«
    »Ich — muß die Hütte wieder herrichten«, tat der erstaunt, »wer geschossen hat, weiß ich net. Hab es gehört, aber hab mir denkt, es war der Herr Förster selbst gewesen.«
    »Du Gauner!«

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