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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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wortkarg sei und der Ambros ebenfalls soviel vor sich hinspekuliere. Gerade als wäre es dasselbe, was die beiden Männer drücke.
    Dann fand sich gelegentlich auf der Gschwend auch die Grenzstreife ein. Die Beamten waren freundlich und fragten nichts. Drüben sei man jetzt endlich auch wach geworden, erzählten sie einmal, denn man habe die Grenze nun mit Soldatenpatrouillen besetzt, um den heimlichen Abfluß der Devisen aus dem Lande nach Bayern zu verhindern. Die Nullen auf dem deutschen Geld vermehrten sich, den Millionen folgten die Milliarden, und die tschechische Krone stieg von Tag zu Tag rapid im Kurs. Mit jedem Tag wuchs aber auch das Risiko für die Grenzgänger, und selbst drunten in Stinglreut meinte man schon, daß das Schmuggelgeschäft endgültig eingeschlafen wäre. Die Grenzer aber schienen zu wissen, warum sie sich einen neuen Kontrollgang über die Gschwend und die Waldweide unterm Hochruck zurechtgelegt hatten. Noch einmal wurde in diesen Nächten ein junger Mann aus dem Dorf beim Grenzübertritt ertappt, damit schien man es allen anderen endgültig abgeschreckt zu haben. Daß es nicht so war, wußte der Förster Greiner, der nun abends und morgens stundenlang in einem Gebüsch am Waldrand hinter dem Reibenwirt von Stinglreut lauerte und längst die zwei Männer erkannt hatte, die oftmals mit bepackten Rucksäcken aus dem Wirtsstadel kamen, über die Wiese zum Wald rannten und in der Nacht verschwanden. Er sah sie auch mit leeren Rucksäcken zurückkommen. Er wartete jedoch auf etwas anderes und war sich seiner Sache so sicher, daß ihm kein Abend und kein Morgen zu lange dauerte und er die weiten Wege in der Nacht nicht scheute.
    Es war eine der letzten Mainächte, als Greiner sah, daß gegen Morgen nur einer der Schmuggler zurückkam, der Weber. In der Küche des Wirtshauses wurde Licht gemacht und dann das Fenster verhängt.
    »Aha«, flüsterte der Förster grimmig, »ist endlich einmal etwas schiefgegangen. Nur noch eine Weile, dann wird dieses Schmugglernest ausgehoben!«
    In dieser Nacht war der Wald an der Grenze unruhig geworden, schallten kurz nach Mitternacht Rufe und Getrampel auf und verstummten wieder. Auf der Gschwend wurde die Burgl von einem leisen und dann lauter werdenden Klopfen am Schlafkammerfenster aus dem Schlummer geweckt, und sie stieß den Kaspar in die Seite, bis er zu sich kam:
    »Ist jemand am Fenster!«
    Draußen rief nun eine gedämpfte Stimme: »Kaspar, schnell, mach auf!«
    Schlaftrunken schlich der Kaspar zum Fenster und machte es einen Spalt weit auf.
    »Ich bin es, dein Vater«, hörte die Burgl den nächtlichen Besucher ganz außer Atem ächzen: »Sie sind hinter mir her — mußt mich verstecken!«
    Verwirrt taumelte der Kaspar durch die Stube und den Hausgang und zog den Alten ins Haus.
    »Wo kommst her — was ist los?«
    »Über die Grenze wollt ich — schnell, richt mir ein Lager — und ich bin gestern schon gekommen — verstehst! Gestern schon — wenn jemand fragt.« Während er dies sagte, riß er schon Joppe und Hose herunter und packte sie zu einem Kopfkissen zusammen, drückte es auf die Stubenbank und legte sich hin. »Schnell ein bissei was zum Zudecken.«
    Ohne weiter zu fragen, holte der Kaspar eine Decke und warf sie seinem Vater über. Dann verschwand er in der Kammer.
    »Burgl, ganz gleich, was sein wird — er ist gestern schon gekommen und übernachtet bei uns.«
    Die Bettstatt knarrte, und dann war es wieder ruhig im Hause des Kaspar Thums. Daß hinter den Holzwänden drei Herzen bange klopften und drei Menschen angestrengt horchten, konnten die zwei Beamten der Grenzstreife nicht ahnen, die bald über die Gschwend kamen.
    »Eigentlich könnten wir die Leute wecken, vielleicht —« sagte der Jüngere, als sie bei dem Ahorn stehenblieben und in der Dunkelheit die Häuser vor sich sahen.
    »Hat keinen Zweck«, erwiderte der Ältere, »diese Holzhauer müssen beim Tag schwer arbeiten. Die gehen nachts nicht über die Grenze.«
    Im Hause des Kaspar hatten sie die Schritte und das halblaute Reden wohl gehört, und sie atmeten auf, als ihnen die Geräusche verrieten, daß die Beamten sich entfernten. Eher als sonst standen sie am Morgen auf. Die Burgl machte die Ziegenmilchsuppe, stellte sie auf den Tisch und lud auch den alten Mann dazu ein.
    »Unsere Nachbarsleut brauchen dich net zu sehen«, begann der Kaspar, »mußt also verschwinden, ehe ich dann zur Arbeit gehe.«
    Dies schien den alten Mann wenig zu bekümmern. »Schön habt ihr es

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