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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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heiraten! Hast du net gesagt, daß wir unsere Sache ausmachen können, wenn das Geschäft einmal vorbei ist? Jetzt ist es also soweit!«
    Er wich ihrem Blick aus und sagte kalt und höhnisch: »Pressieren tut gar nix! Muß mir das überhaupt erst noch einmal überlegen.«
    Mit gespreizten Fingern fuhr sie auf ihn los und zischte wütend: »So? Überlegen willst du dir das noch? Willst sitzen? Willst ins Zuchthaus? Dann allerdings hast du Zeit genug zum Überlegen.«
    Aufbrausend wehrte sich der Weber Christian: »Bist du närrisch? Was bildest du dir denn eigentlich ein?«
    Nun war es die Resl, die eisigkalt antwortete: »Was ich mir einbilde? Ich bilde mir ein, daß wir morgen beim Standesamt das Aufgebot bestellen — oder wenn du es anders haben willst?«
    Der Holzhauer Weber ging mit einem zynischen Lächeln an die Türe: »Das macht euch nur allein aus, das geht mich nix an. Ich geh heim.« Er verschwand in den Wirtsgarten hinaus und trabte durch das Dorf hinunter in die Finsternis hinein. Über den Grenzhöhen zeigte sich der neue Tag an.
    Am Waldrand, hinter der ansteigenden Hauswiese des Reibenwirts, kauerte der Förster Greiner hinter einem Gebüsch und beobachtete das erleuchtete Glasfenster der Wirtsküchentüre, die in den Garten hinausführte. Schon kurz nach Mitternacht hatte er seinen Posten bezogen, und nun kam bald der Morgen, und das Licht brannte immer noch. Dort unten wurden die Schmuggeleien ausgeheckt, das wußte er nun schon lange, und es würde die Zeit kommen, wo er einmal der Grenzstreife gegenüber auspacken würde.
    Nun verließ ein Mann die Küche und ging durch den Garten auf den Dorfplatz. Seine Schritte verhallten im Dorf. Feuchte Luft zog kühl vom Teufelsbach herauf und schlug sich als Tau nieder. Ein früher Vogel zipste hinter ihm im Wald und begrüßte das erste Tagesgrau.
    Leise quietschte eine Türangel, und vom Hinterhaus des Gasthofes zum Reibenwirt löste sich ein Schatten, kam über die Wiese herauf. Den Förster erfaßte eine wilde Erregung. Der Mann, der da kam, trug ein Gewehr.
    »Jetzt ist meine Stunde gekommen, Bursche!« flüsterte der Förster. Diesmal hatte sich der Mann auf den Weg begeben, auf den er schon zwei Jahre gelauert hatte. Das war nicht der Weber, diese Gestalt kannte er. Nur wenige Meter seitlich von dem Gebüsch, hinter dem sich der Förster nun vorsichtig aufrichtete, verschwand der Mann im Wald. Dort führte ein kaum merkbarer Pfad hinüber zur Ziehbahn über der Teufelsschlucht.
    »Heute geht der Spuk zu Ende!« Greiner streifte die Schuhe ab und schlich in Socken, auf jedes Geräusch horchend, durch das Zwielicht unter den Bäumen, sah den Schatten vor sich und beobachtete innerlich triumphierend, wie der Mann auf die Ziehbahn einbog.
    Was Greiner in den vergangenen Wochen und Monaten an Enttäuschung, Zorn und Kummer schweigend erdulden mußte, versetzte ihn nun in einen wirren Taumel. Was war, wenn der Mann vor ihm plötzlich in den Wald sprang, sich versteckte oder floh? Wenn er ihn wieder verlor? Bald kamen sie auf die Höhe und an den Platz, an dem ihn seinerzeit der Schlin-genleger genarrt hatte. Dort war das Unterholz so dicht, daß eine Verfolgung fast aussichtslos war. So lange wollte und durfte er diesmal nicht warten. Er brauchte ihn nicht auf frischer Tat zu ertappen, denn wer mit einem Gewehr im Walde angetroffen wird, ist überführt.
    Es war hell geworden, und der Himmel bekam sein Tagesblau. Das Gewehr entsichernd, sprang er vorwärts, und kaum drei Meter hinter dem Wilddieb brüllte er sein »Halt!«
    Wie vom Blitz getroffen, zuckte der Mann zusammen und warf sich herum.
    »Den Stutzen weg, sonst knallt’s! Auf diese Stunde habe ich lange genug gewartet!«
    Schrecken und Haß starrten ihm aus den Augen des Mannes entgegen, und in diesem kurzen Augenblick waren nur zwei Menschen auf der Welt, gab es keinen schönen Maimorgen und keinen grünen Baum mehr, keine Vergangenheit und keine Zukunft, nur Haß, tödlichen Haß. Es war der Bruchteil einer Sekunde, der hier entschied. Der Mann sprang zur Seite, während er seinen Stutzen hochriß. Zwei Schüsse bellten gleichzeitig auf.
    Der Förster Greiner streckte sich, als wollte er in die Luft springen, und stürzte wie ein gefällter Baum hintenüber, während der andere mit einem Sprung im Walde verschwand. An diesem Tag traf ein stürzender Baum den Holzhauer Utz schwer an der Schulter. Er mußte die Arbeit im Hochwald an der Grenze beenden, und auf dem Weg ins Dorf hinunter fand er

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