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Das glückliche Ende der Welt.

Das glückliche Ende der Welt.

Titel: Das glückliche Ende der Welt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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der Dämmerung heimging, wurden alle Erlebnisse und Beobachtungen, Zorn und Enttäuschung der Vergangenheit zu einem klaren Bild.
    »Diesmal bin ich richtig dran, und jetzt geht es dem Ende zu!«
    Lange genug war er in der Irre gegangen, jetzt wußte er, was er zu tun hatte. Er konnte sich darüber nicht freuen, aber er brannte darauf, seinen letzten Gang gegen diese verschworenen Spitzbuben anzutreten. Einige Wochen, vielleicht nur mehr einige Tage würden vergehen, und er konnte sein Versetzungsgesuch weitergeben. So sicher wußte er das, daß er sich vornahm, es gleich seiner Frau zu sagen, daß man in einem Monat abziehen konnte. Das würde sie beruhigen. Diese kurze Zeit würde sie noch aushalten.
    Nun war ihm leichter, und der schöne Maiabend, der eben in die Nacht überging, machte ihn froh.
    »Muß doch alles wieder recht werden«, flüsterte er vor sich hin, »und sie ist ja eine gute Frau.«
    Über der Lichtung der Guglwies lag der letzte Tagesschein. Die mächtigen Ahorne trugen auf den jungen Blättern ein silbriges Licht.
    Greiner stutzte.
    Die Fensterläden im Erdgeschoß des Forsthauses waren geschlossen, und kein Lichtschimmer kam durch die Ritzen. Die Haustüre war unversperrt. Er ging in die Küche. Der Raum war kühl und fremd.
    »Anna!«
    Im Hause rührte sich nichts. Im Wohnzimmer stieß er die Läden auf und rief wieder in den Flur: »Anna!«
    Er tastete sich nach oben ins Schlafzimmer. Durch das zerschossene Fenster kam die kühle Nachtluft. Die Betten waren gemacht.
    »Anna!« brüllte er nun und erschrak vor dem Echo seines eigenen Schreies, das draußen der Wald zurückbrachte. Die Stiege abwärts tappend, öffnete er die Tür zur Forstkanzlei, riß auch dort den Fensterladen auf und zündete die Lampe an. Auf dem Schreibtisch lag ein Bogen Papier. Er griff danach und überflog die flüchtigen Zeilen.
    »Ist ja nicht möglich!« ächzte er, ließ sich in seinen Schreibstuhl fallen und las noch einmal:
    »Ich gehe. Wir verstehen uns nicht mehr. Diese Einsamkeit und den dauernden Streit ertrage ich nicht mehr. Die Trennung von meinem Kind noch dazu. — Bemühe Dich nicht, ich kehre auf keinen Fall hierher zurück und komme erst wieder zu Dir, wenn Du versetzt bist und wir eine andere Wohnung haben. Anna.«
    Schweratmend saß er eine Weile und starrte an die dunkle Wand. Wie ein huschendes Geistlein flatterte das Papier zu Boden. Müde und tonlos redete er vor sich hin und hörte seine eigene Stimme nicht. »Also hast du mich im Stich gelassen — gut — gut — dann eben —«
    Sein Kopf sank auf den Schreibtisch nieder, und der Schlaf übermannte ihn.
     
    Der Waldhirte Schreindl trieb wieder auf, der Waldsommer begann.
    Auf der Gschwend blühte der Kirschbaum spät. Der alte Ahorn hatte einen langen, grauen Flechtenbart angelegt und streckte die morschen Äste mit neuen grünsilbernen Blättern. Auf dem Schindeldach des Kepplhauses wuchs eine große Hauswurz heran und sonnte sich mit dem grünen Moos. Die Lina freute sich über diese Glückszeichen, aber der Ambros legte den Finger auf den Mund und deutete dann hinüber auf das Schindeldach, unter dem der Kaspar und die Burgl wohnten. Dort war das grüne Moos des Vorjahres verdorrt und zu grauen Flecken geworden.
    Die Burgl hatte den Winter und den Tod ihres Kindes überwunden, und sie konnte wieder lachen und froh sein, wenn der Kaspar Späße machte und an den Abenden wieder auf der Hausbank mit der Mundharmonika spielte. Die Kuckucksuhr in ihrer Stube aber blieb stehen und wurde nicht mehr in Gang gebracht. Die Burgl konnte das Knacken des Perpendikels in den Nächten nicht ertragen. Ihre gesunde Gesichtsfarbe bekam sie nicht wieder, und oft fiel sie ein trockener Husten an.
    Nun kam der Förster Greiner fast alle Tage vorbei, immer zu ungewohnter Stunde, war schweigsam, und als ihn die Lina einmal am Abend zur Ziegenmilchsuppe an den Tisch bat, aß er gerne mit und sagte so nebenbei, daß er seit einigen Tagen allein im Forsthaus sei und sich selber koche, weil seine Frau für längere Zeit zu Verwandten gegangen wäre, um sich zu erholen. Mit einem betrübten Lächeln machte er sich über seine eigenen Kochkünste lustig, fragte dann, ob nicht die Lina wenigstens zweimal in der Woche ins Forsthaus kommen möchte, um dort aufzuräumen.
    Der Ambros sah den Förster mit seinen hellen Augen an und dachte: Ist sie ihm also davongelaufen.
    Einmal meinte die Lina besorgt zum Kaspar und zur Burgl, warum wohl der Förster auf einmal so

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