Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gluecksarmband

Das Gluecksarmband

Titel: Das Gluecksarmband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Greene
Vom Netzwerk:
stürzte sich in den morgendlichen Trubel auf den Straßen Manhattans.
    Sie ging in den Starbucks an der Church Street und sah erfreut, dass die Schlange gar nicht lang war, sodass sie ihren Zeitplan einhalten konnte. Sie lächelte zufrieden und stellte sich hinten an.
    Andere Stammkunden grüßten sie und erkundigten sich nach ihrem Befinden. Das gab Molly ein Gefühl von Geborgenheit und Frieden. Wer sagte, dass New Yorker unhöflich, laut oder selbstbezogen waren, hatte offenbar nie hier gelebt. Molly fand, dass viele ihrer Nachbarn und die Menschen, die sie regelmäßig in ihrem Viertel traf, zu den nettesten und freundlichsten auf der ganzen Welt gehörten.
    «Hier ist Ihr grüner Tee.» Die Barista lächelte, und Molly steckte einen Dollar in das Trinkgeldglas, bedankte sich und winkte zum Abschied.
    Während sie weiter die Church Street hinaufging, Richtung Greenwich Village, schaute sie auf die Uhr. Ausnahmsweise hatte sie mehr als genug Zeit, und sie war stolz auf sich. So viele Frauen hatten ihr erzählt, sie seien in der Schwangerschaft unzuverlässig und chaotisch geworden. Doch Molly ging das anders – sie war eher besser organisiert als vorher.
    Bei diesem Gedanken versetzte das Baby ihr wieder einen heftigen Tritt, und sie strich sich über den Bauch und trank ein Schlückchen Tee.
    «Aua!» Der Tee war glühend heiß, und Molly blieb kurz stehen und rieb sich die Lippe. «Verflixt, nächstes Mal muss ich sie unbedingt bitten, mir ein paar Eiswürfel reinzutun –»
    Plötzlich hallte ein ohrenbetäubendes Getöse von den Gebäuden rechts und links wider. Molly legte sich die freie Hand aufs Ohr und schaute hoch. Über ihr zog ein tieffliegendes Flugzeug eine Feuerspur durch den Himmel.
    Wie konnte eine Maschine nur so dicht über dem Boden fliegen? Ungläubig schaute Molly dem donnernden Flugzeug nach. Ihr Blick streifte andere Passanten, die zusammen mit ihr nach oben schauten und beobachteten, wie der Jet Richtung Lower Manhattan jagte.
    Molly bekam rasendes Herzklopfen und ließ ihren Tee fallen. Als ihr die heiße Flüssigkeit gegen die bloßen Beine spritzte, schreckte sie zusammen, aber sie konnte die Augen nicht von dem abwenden, was sich da vor und über ihr abspielte.
    Sie kehrte um, ging ein paar Schritte, blieb dann wieder stehen. Sie konnte nicht anders. Überall standen Menschen, beobachteten das Geschehen, stellten Spekulationen darüber an. Hier herumzustehen und zu glotzen grenzte an Katastrophentourismus, das war Molly wohl bewusst, aber sie konnte sich nicht vom Fleck rühren
    Als das Baby ihr erneut einen Tritt versetzte, der sich fast bösartig anfühlte, legte sie sich die Hände auf den Bauch und krümmte sich.
    Die Frau neben ihr bemerkte, dass es ihr nicht gutging.
    «Fehlt Ihnen etwas? Kann ich vielleicht Ihren Mann anrufen oder Ihren Freund? Oder sonst etwas für Sie tun?»
    Molly sackte zusammen, fiel auf die Knie. Als sie nicht antwortete, schaute die Frau sich um und versuchte, die Umstehenden aufmerksam zu machen, aber alle Blicke waren zum Himmel gerichtet.
    «Hier braucht jemand Hilfe! Ich glaube, die Frau hat Wehen!»
     
    Aber Molly hatte keine Wehen gehabt. Ihr war das Herz gebrochen.
    Im weiteren Verlauf des Tages erlebte sie mit, wie die Welt, die sie gekannt hatte, sich drastisch veränderte. Die freundliche Frau auf der Straße glaubte ihr schließlich, dass sie keine Wehen hatte, war aber dennoch überzeugt, dass die Schwangere in Gefahr war, denn sie hatte wie erstarrt dagestanden, unfähig, sich zu bewegen.
    Erst als ein weiterer namenloser New Yorker beide Frauen packte und vor der anrollenden Lawine aus Staub und Schutt wegzog, zwang Molly ihre Füße, sich wieder zu bewegen. Sie hetzten zu dem Starbucks, in dem Molly noch vor Minuten Kundin gewesen war, auf der Suche nach Schutz vor der höllischen Wolke, die sie zu verschlucken drohte.
    In diesem Starbucks setzte Molly sich auf den Boden, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und studierte die Gesichter ringsherum. Auch den Fernsehbildschirm in der Ecke hatte sie im Blick. Es war alles so unwirklich. Während sie mit Bekanntmachungen und erschreckenden Schlagzeilen überschüttet wurden, kam ihr eine beängstigende Erkenntnis. Ihr Kind würde niemals die sichere, beschützte Welt kennenlernen, in der sie selbst aufgewachsen war, in der sie bis zu diesem Tage gelebt hatte. Diese Welt existierte nur noch in der Erinnerung, und Molly wusste, dass auch sie selbst nie mehr so sein würde wie früher.
    Auch

Weitere Kostenlose Bücher