Das Gluecksarmband
uns zum Verkaufen geschickt wurde, ein Armband gefunden haben. Aber ich habe nirgends etwas über den Absender entdeckt.» Molly zog das Bettelarmband hervor, um es Lila zu zeigen. «Und ich weiß, dass es wertvoll ist. Bestimmt vermisst es jemand.»
Lila beugte sich vor, um das Armband anzuschauen. «Das ist ja wirklich hübsch, so viele Anhänger. Ich will mal sehen, was ich machen kann. Normalerweise haben wir Informationen über die Absender, aber merkwürdig, da steht gar nichts drauf.»
Lila tippte den Sendungscode von UPS in ihren Computer, um den Vorgang aufzurufen. Sie drückte «Enter» auf ihrer Tastatur und zog gleich darauf die Stirn in Falten. «Huch», sagte sie, «das ist aber komisch.»
Molly legte den Kopf schräg. «Stimmt was nicht?»
«Ich bin nicht ganz sicher», meinte Lila. Dann schüttelte sie den Kopf. «Sehen Sie, Ihre Pakete haben zwar einen Sendungscode, aber wir vergeben diese Codes immer wieder neu, und vor allem in der Vorweihnachtszeit geht das recht schnell. Es gibt also keine Information mehr darüber, wo Ihre Kartons herkamen, denn der Sendungscode wurde schon wieder zugeteilt. Wenn ich ihn eingebe, dann sagt mir der Computer, dass er wieder verwendet wird, für ein Paket, das gerade auf dem Weg nach … Boise in Idaho ist.»
Molly verzog das Gesicht. «Dann können Sie mir also nicht sagen, wo unsere Sendung herkam?»
Lila schüttelte den Kopf. «Tut mir leid. Aber die Infos über die alte Sendung sind noch irgendwo gespeichert, allerdings muss dafür ich in der Zentrale anrufen. Und heute bin ich leider allein, da kann es eine Weile dauern, bis ich dazu komme.» Sie warf einen Blick auf die lange Schlange, die sich hinter Molly gebildet hatte.
«Natürlich, das verstehe ich.» Molly griff noch einmal in ihre Handtasche. «Hier ist meine Karte. Wenn Sie was rausfinden, können Sie mich unter diesen Nummern erreichen.»
«Danke, ich kümmere mich darum. Kein Problem.» Lila lächelte. «Ich finde es toll, dass Sie versuchen, die Eigentümerin ausfindig zu machen. Vielen Leuten wäre das ja ganz egal. Gut zu wissen, dass es so nette Menschen gibt.»
«Danke, aber das ist ja wirklich das Mindeste, was ich tun kann.» Molly nahm das Bettelarmband und betrachtete es noch einmal. «Ich weiß, dass es ein gutes Leben gehabt hat. Jetzt muss ich ihm bloß helfen, wieder nach Hause zu finden.» Feierlich ließ sie das Schmuckstück in ein Innenfach ihrer Handtasche gleiten. «Danke noch mal», sagte sie mit einem Lächeln zu Lila.
«Gerne. Und ich melde mich, sobald ich es schaffe.»
«Super.» Molly wandte sich zum Gehen. Sie war fast an der Tür, als Lila ihr etwas nachrief. Inzwischen stand schon der nächste Kunde am Tresen.
«Entschuldigung … hallo?»
«Ja?»
«Mir ist gerade noch was eingefallen. Es klingt vielleicht albern, aber meine Mutter hat immer gesagt, wenn man etwas verloren hat, soll man Schritt für Schritt zurückgehen … sich erinnern, was man getan hat, bevor man gemerkt hat, dass es weg ist. Vielleicht sollten Sie das mal versuchen.»
«Aber ich habe ja nichts verloren», entgegnete Molly verwirrt. «Das Armband ist verlorengegangen.»
Lila lächelte. «Ich weiß, aber wenn Sie rauskriegen, wo die Anhänger herkommen, dann erfahren Sie vielleicht auch, wo es hingehört. Ist nur so ein Gedanke.»
Molly spürte, wie ihre Nackenhaare sich aufrichteten.
Die junge Frau hatte recht.
Sie dachte an die Anhänger an ihrem eigenen Armband. Jeder einzelne davon hatte eine Geschichte und eine bestimmte Bedeutung. Wenn sie mehr über die Anhänger an ihrem Fundstück in Erfahrung bringen konnte, würde ihr das vielleicht den Weg zu der Frau weisen, die es verloren hatte.
Wieder warf sie einen Blick auf ihr geliebtes Schmuckstück. Die kleinen Anhänger illustrierten schließlich klar und deutlich ihren eigenen Lebensweg, oder?
City University of New York, Manhattan, 1997
«Ich hab wirklich keine Ahnung, wie ich das alles jemals schaffen soll. Ehrlich, dieser Warner ist so ein Fiesling. Als ob es ihm Spaß machen würde, seine Studenten zu quälen», jammerte Molly. Sie fuhr sich mit der Hand durch ihre kastanienroten Locken. «Und diese Haare, da muss ich unbedingt was unternehmen.»
Seufzend blickte sie auf die Bücher, die sie auf dem Tisch in der Bibliothek vor sich aufgetürmt hatte, einen wahren Mount Everest an Lehrbüchern. «Und vor allem muss ich mir ein Leben aufbauen!»
Laura, ihre Zimmergenossin, schaute von ihrem eigenen Stapel Arbeit auf und
Weitere Kostenlose Bücher