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Das Glücksbüro

Das Glücksbüro

Titel: Das Glücksbüro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Izquierdo
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nicht zu den Menschen, die leicht zu beeindrucken waren, es passte schlicht nicht in sein Weltbild, von etwas beeindruckt zu sein, denn schließlich war er ja der Herr über Wohl und Wehe, und er hatte sich so sehr an dieses Allmachtsgefühl gewöhnt, dass er jetzt, da er vor dem Haupteingang des Bundesministeriums des Innern stand, kalt erwischt wurde: Er fühlte sich eingeschüchtert.
    Zur Rechten und zur Linken ragten zwei runde Türme in die Höhe wie der Eingang zu einer gewaltigen Burg. Nahtlos an die Türme schlossen die Verwaltungstrakte an, die in einer kühnen Biegung zueinanderfanden, sodass ein gewaltiges U entstand, das den Besucher ehrfürchtig an einen aufgerissenen Schlund denken ließ.
    Wer hier eintrat, ließ alle Hoffnung fahren.
    Dr.   Sommerfeldt starrte auf den Brunnen im Innenhof, auf dessen Wasser sich ein großer, ballrunder Granitstein drehte, und stellte sich vor, dass man dort zu Paste zermahlen werden konnte, wenn dem Minister danach war. Wittmann, der neben ihm stand und seinen Koffer trug, schien es ähnlich zu gehen, denn er wirkte eine Spur blasser als sonst.
    Dr.   Sommerfeldt nahm Haltung an und marschierte mutig voran, Wittmann lief ihm nach und hatte Mühe, das Tempo zu halten. Herrischer als sonst bellte Sommerfeldt den Empfang an, dass sie erwartet wurden, und sogleich trat auch eine junge Dame an sie heran und begleitete sie nach oben. Dort führte sie sie schnurstracks zu einem der größten Konferenzräume im Haus, öffnete die Flügeltür und bat die beiden herein.
    Sie staunten.
    Der Raum war randvoll mit Männern in dunklen Anzügen. Dr.   Sommerfeldt versuchte, sich zu orientieren, und erkannte hier und da Kollegen aus verschiedenen Behörden, die er mal auf der einen, mal auf der anderen Fortbildung oder Versammlung getroffen hatte. Allesamt waren sie Amtsleiter, so wie er einer war, und allesamt hatten sie ihre Assistenten zur Verstärkung mitgebracht.
    Am Kopfende des Raums war ein Podium errichtet worden, die Namensschilder ließen Dr.   Sommerfeldt schwer schlucken: Nicht nur die Namen der beamteten Parlamentarischen Staatssekretäre waren dort vermerkt, sondern auch seiner, was ihn gleichermaßen stolz wie nervös machte – eine solche Versammlung hochrangiger Beamter hatte es noch nie gegeben! Der Anlass musste von enormer Wichtigkeit sein, was ihn noch mehr erschauern ließ, denn der Anlass war ja offensichtlich sein Amt, und damit er selbst: Dr.   Isidor Sommerfeldt.
    Die Flügeltür wurde zu beiden Seiten geöffnet – einer der beiden beamteten Staatssekretäre trat ein, gefolgt von einer Entourage ernst dreinblickender junger Männer und Frauen. Ein paarmal Nicken zum Gruß, dann schon nahm der Staatssekretär Platz auf dem Podium, und alle anderen taten es ihm rasch nach, sodass nach kürzester Zeit Ruhe einkehrte und alle gespannt nach vorne blickten.
    »Ich danke Ihnen allen, dass Sie es so kurzfristig einrichten konnten, nach Berlin zu kommen. Wie Sie alle wissen, stehen wir vor großen Herausforderungen, und daher war es notwendig, jetzt zusammenzufinden, damit wir rechtzeitig und entschlossen handeln können.«
    Dr.   Isidor Sommerfeldt rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her und blickte in die Gesichter derer, die vor ihm saßen. Wieso starrten ihn alle an? Und wieso klang das alles nur so nach einer Krise? In der Einladung hatte etwas von einem informellen Gespräch gestanden! Oder war das eine Art Geheimcode für eine ernste Situation?
    Dieser verdammte Glück!
    Dr.   Sommerfeldt fühlte sich wie auf der Spitze eines Cruise-Missiles sitzend, nur einen Knopfdruck entfernt von einem Freiflug ins Nirwana.
    »Ich möchte daher den geschätzten Kollegen Dr.   Sommerfeldt bitten, uns einen kurzen Abriss der Ereignisse zu geben.«
    Dr.   Sommerfeldt räusperte sich, während er langsam aufstand, um sich vor den anderen zu entblößen. Ausgerechnet er! Wieso passierte das ihm? So kurz vor seiner Pensionierung eine solche Blamage! Seine Weste hatte plötzlich einen hässlichen Fleck – dafür würde jemand büßen müssen. Ganz sicher.
    »Geschätzte Kollegen! Seit geraumer Zeit haben wir in unserem Hause ein Problem mit einem Mitarbeiter, der bis dahin als vorbildlicher Beamter galt, jetzt aber von allen guten Geistern verlassen zu sein scheint. Sein Büro ist zu einer Art Durchlaufstation für Hilfesuchende geworden, mit fatalen Folgen für unsere Bilanzen. Ich kann Ihnen versichern, dass wir bereits Maßnahmen ergriffen haben, um diesem

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