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Das Glücksbüro

Das Glücksbüro

Titel: Das Glücksbüro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Izquierdo
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ein.
    Albert blickte auf: »Herr Wehmeyer, was kann ich für Sie tun?«
    Wehmeyer war für einen Moment sprachlos. Dieser Glück! Saß da und sah ihn an, als könnte er kein Wässerchen trüben. Die Unschuld vom Lande.
    »Sie wollten doch Urlaub machen, Herr Glück! Einen langen, langen Urlaub!«
    Albert nickte und bot Wehmeyer mit einer Geste einen Platz an, den dieser auch annahm.
    »Ja, ich weiß. Etwas Unvorhergesehenes ist eingetreten.«
    »So etwas wie dieser Zeitungsartikel?«, zischte Wehmeyer.
    »Oh, der? Da war mal ein Reporter vor ein paar Tagen da. Ich hab mir nichts dabei gedacht.«
    »Nichts dabei gedacht?«, rief Wehmeyer verzweifelt. »Er hat sich nichts dabei gedacht … Haben Sie heute schon die Zeitung gelesen?«
    »Nein, Sie sehen ja, was hier los ist.«
    Wehmeyer versuchte, seine Atmung zu kontrollieren, denn es nutzte niemandem, wenn er hyperventilierte und gleich vom Stuhl kippte. Dann fügte er ruhiger hinzu: »Herr Glück, Sie fahren jetzt in Urlaub. Wir hatten eine Abmachung.«
    Albert nickte: »Ich weiß, nur …« Er schien nach den richtigen Worten zu suchen, »ich habe keine Zeit mehr für Urlaub.«
    Wehmeyer reagierte heftiger, als er wollte: »Natürlich haben Sie Zeit, Herr Glück! Für Urlaub hat man immer Zeit! Alle machen gerne Urlaub. Viele Ihrer Kollegen machen schon Urlaub, wenn sie morgens das Amt betre…«
    Da hielt er einen Moment inne und schaute Albert an, über dessen Gesicht ein Schatten gehuscht war, der jetzt aber wieder freundlich aussah. »Moment, was meinen Sie mit: keine Zeit mehr ? Was heißt das? Verlassen Sie uns etwa?«
    Er wollte es beiläufig klingen lassen, aber es misslang: Seine Hoffnung auf ein unverhofftes Happy End war unüberhörbar. Nun könnte er vielleicht doch wieder Amtsleiter werden.
    »Ja«, antwortete Albert ruhig.
    »Oh, das ist natürlich etwas anderes. Haben Sie Frühpension beantragt?«
    Eigentlich bedauerte Wehmeyer, auf einen Mann wie Albert Glück verzichten zu müssen. Einen, der so viel leisten konnte – im Gegensatz zu vielen anderen hier im Amt. Aber wenn er seinen Ruhestand noch genießen wollte, war jetzt vielleicht sogar die richtige Zeit, um …
    »Ich werde sterben, Herr Wehmeyer. Schon bald.«
    Das war so schockierend wie eine Ohrfeige, die man nicht erwartet hatte. Und wie ruhig er das gesagt hatte! Wehmeyer war völlig fassungslos. Albert Glück schien deswegen überhaupt nicht besorgt oder verängstigt zu sein, hatte es festgestellt, als ob er einen Fleck auf seinem Sakko entdeckt hätte.
    »Was … was reden Sie denn da, Herr Glück?«
    »Ich bin sehr krank, Herr Wehmeyer.«
    Wehmeyer war völlig konfus: Er mochte diesen Albert Glück. Es ging ihm ohnehin schon gegen den Strich, dass er etwas gegen ihn unternehmen sollte, aber dass ausgerechnet er sterben sollte und Dr.   Sommerfeldt nur in Rente ging … das war so was von ungerecht.
    »Ist das … Sind Sie da sicher? Ich meine, es gibt keine Hoffnung?«
    Albert schüttelte den Kopf: »Ich habe einen Spezialisten aufgesucht, aber der hat mir auch nichts anderes gesagt als der Arzt vor ihm. Nein, es ist, wie es ist.«
    »Das tut mir leid, Herr Glück. Sehr leid. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
    Albert versuchte ein Lächeln: »Schon gut.«
    »Wie … wie lange noch?«
    Albert zuckte mit den Schultern: »Vielleicht Weihnachten noch. Vielleicht früher.«
    »Gott, wir haben Juli!«
    »Ja, ich weiß.«
    Sie saßen noch eine Weile da und sagten gar nichts.
    Es ärgerte Wehmeyer, dass ihm nichts Tröstendes einfiel, etwas, was Albert gezeigt hätte, wie sehr er ihn schätzte, aber letztlich war das gar nicht nötig. Albert konnte sehen, wie sehr Wehmeyer mit seiner Fassung rang – das war ihm Trost genug.
    Schließlich stand Wehmeyer auf.
    »Dann … dann will ich Sie nicht weiter aufhalten …«
    Er öffnete die Tür.
    Betrachtete die Wartenden.
    Und sagte dann: »Sie können jetzt rein. Das Büro ist wieder geöffnet.«

55.
    Wie üblich in den letzten Wochen verpasste Albert den großen Hungerlauf, der dank der Schlange vor seiner Bürotür nur umso erbitterter geführt wurde. Denn jetzt wurden auch Unschuldige miteinbezogen, die die Läufer als lebende Banden nutzten, um unliebsame Konkurrenten loszuwerden. Albert konnte in seinem Büro die empörten Rufe und Proteste auf dem Flur hören und grinste bei den Bildern, die er von diesem darwinistischen Überlebenskampf vor Augen hatte.
    Das Schönste daran war jedoch: Die hatten nicht die geringste Ahnung,

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