Das Glücksprojekt
Leute vor mir, die waren bestimmt auch verfroren. Da gibt es zum Beispiel den Selk’Bag, einen Schlafsack zum Anziehen, mit Armen und Beinen. Der wäre für meine Zwecke ideal, der Nachteil ist, dass man eben aussieht, als hätte man einen Schlafsack an. Der Rest der Vorschläge aus dem Internet zum Thema »Ganzkörperanzug« hat nichts mit Wärme zu tun. Falls Sie aber schon immer in einem Vakuum-PVC-Anzug mit Staubsaugeranschluss stecken wollten, dann wird Ihnen auf der Seite www.catsuitkontor.de das Herz aufgehen.
All diese interessanten Fakten recherchiere ich, während ich in der Arbeit an meinem Schreibtisch sitze. Das ist auch viel spannender, als über die Marketingstrategien für eine blöde Bohrmaschine nachzudenken. Gerade, als ich den schwarzen Catsuit im Wet Look betrachte, sieht mir die Drösel über die Schulter. »Was ist das denn?«, fragt sie und ich schrecke zusammen. »Das? Das ist, das ist …«, stammle ich und rede wirres Zeug von der »Zielgruppe für Bohrmaschinen« und »man könnte ja einen Pin-up-Kalender machen«, die Drösel guckt skeptisch auf die Dame im schwarzen Lackleder. »So im Stil von Kill Bill ? Uma Thurman?«, rudere ich herum und schließe die Seite. »War nur so eine blöde Idee«, sage ich und drehe mich demonstrativ um.
Nach der Arbeit bin ich mit Anne im Café Vermont verabredet. »Wenn so ein Anzug nicht aus Plastik, sondern aus Wolle wäre, käme das ziemlich nah an deine Idee mit der Ganzkörper-Bettsocke«, sagt Anne und schlürft ihren Tee. »Stimmt«, finde ich und klappe den Laptop auf. »Ob es das schon gibt?« Das gibt es natürlich schon, ob Ganzkörperanzug, Maske oder Peniswärmer, alles kann man aus Wolle bei der Firma Wolltraum bestellen. Anne packt mich plötzlich am Arm und sieht mich mit großen Augen an: »Mensch, Alex! Merino!«
Sie wartet darauf, dass ich verstehe, was sie meint, dass ich mir mit der Hand auf die Stirn schlage und rufe: »Klar, Merino!«, aber ich habe keine Ahnung, was sie mir sagen will. »Merino?«, frage ich. »Wer ist Merino?« Anne lässt meinen Arm wieder los.
»Das ist so eine feine Wolle, sauteuer und ganz warm, daraus gibt es auch so langärmelige Shirts und Leggins, das ist fast so was wie eine Bettsocke für unten drunter!«
Für Outdoor-Sportler, die auch im Winter und bei Kälte das tun, was Outdoor-Sportler eben so tun, mag das keine große Überraschung sein, für mich hingegen ist es die Entdeckung des Jahrhunderts: Es gibt tatsächlich Kleidung zum Druntertragen, die selbst die verfrorensten Fröschlein im Winter warm hält. Das ist außerdem ganz dünne Kleidung! Ich habe mich bis jetzt im Winter immer nach dem Prinzip viel hilft viel angezogen. Mehrere Schichten langärmeliger Oberteile, darüber den dicken Pulli, darüber Daunen und kalt war es dann trotzdem. Bei gleichzeitiger Geruchsentwicklung, weil die Haut irgendwie wegen des Materialwusts durchdreht und in ihrer Not das Transpirieren anfängt. Derweil muss man von Oktober bis März gar nicht aussehen wie das Michelin-Männchen! Mein Shirt (208 Euro) besteht aus einer Mischung aus Merinowolle und Possumgarn. Es kommt aus Neuseeland und lässt meine Lebensqualität bei Kälte um 100 Prozent steigen, und während alle anderen die Schultern hochziehen, um den Hals zwischen den Schulterblättern zu verstecken, fühle ich mich pudelwohl. Mein Merino-Possum-Shirt ist pures Glück!
Geschenke machen
Geschenke zu machen, kann ein Quell großen Glücks sein, es kann einem aber auch ganz schön die Stimmung vermiesen, wenn man etwas schenken will-soll-muss und keine Ahnung hat, was. Als Weihnachten noch zu Hause bei meinen Eltern gefeiert wurde, war der schönste Moment des Abends der, wenn ich mein Geschenk überreichte und wusste, dass ich damit goldrichtig lag. Die ganze Mühe und Arbeit vorher waren diesen einen Moment wert: die Freude in ihrem Gesicht und das Glück, das daraufhin im eigenen Inneren aufging wie die Sonne. Dieses Glück leuchtete sogar heller als jenes, das ich spürte, wenn ich die Geschenke öffnete, die für mich bestimmt waren.
Inzwischen fahren die verschiedenen Teile der Familie an Weihnachten in Urlaub oder müssen arbeiten, L. und ich bleiben zu Hause und machen es uns gemütlich. Abgesehen von Weihnachten hagelt es in einem fort Geburtstage, Namens- oder Hochzeitstage und im Laufe der Jahre feiern nicht nur die Verwandten und Freunde Geburtstag, sondern auch deren Kinder, und die werden mit der Zeit immer mehr. Da beschenkt man noch
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