Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
brüchig, dass Julian geradewegs durch sie hindurch in ihr Inneres blicken konnte.
Er trat zu ihr, legte die Arme um sie und zog sie an sich. »Elena, lass los. Nur ein einziges Mal in deinem Leben. Lass los, bevor du endgültig zerbrichst.«
Einen Wimpernschlag lang ließ sie sich von seinem Mitgefühl und Trost einhüllen, doch dann schob sie ihn von sich. »Ich kann nicht.«
»Loslassen oder dich umarmen lassen?«
»Eines geht nahtlos ins andere über, und ich kann mir keines von beiden erlauben. Nicht jetzt, Julian, okay?«
In diesem Moment wurde ihm plötzlich klar, dass sie ihn niemals an sich heranlassen würde. Möglicherweise würde die Beziehung zwischen ihnen immer einseitig bleiben – Elena, die ihm hier und da winzige Brocken ihrer Zuneigung hinwarf, während Julian mit seinem ganzen Herzen darin aufging, mit all seinen Sehnsüchte und Träumen. Er dachte an ihre Freundin Mia, die sie eiskalt aus ihrem Leben verbannt hatte. Wie lange waren die beiden befreundet gewesen?
Und als er vor ihr stand, spürte er, wie die Kluft zwischen ihnen weiter wuchs, aber vielleicht sah er die Dinge auch nur, wie sie wirklich waren. Die Wahrheit, dass Elena allein und unerreichbar auf einem Gipfel stand, während er, der ewige Bittsteller, vergeblich versuchte, den rutschigen Aufstieg zu bewältigen, um zu ihr zu gelangen. Ihm war klar, dass die Umstände sie dazu gemacht hatten, dass es nicht ihre Schuld war. Trotzdem …
»Ich fahre dich hin und setze dich dort ab. Wenn du zurück willst, kann Patrick dich ja herfahren.«
Ihr Blick verriet ihm, dass auch sie die Distanz zwischen ihnen spüren konnte. »Danke. Aber du brauchst nicht auf
mich zu warten. Wahrscheinlich bleibe ich bei Patrick über Nacht. Er ist am Boden zerstört.«
Julian nickte.
Alvin jaulte leise.
Ivan kam langsam zu sich. Es fühlte sich an, als würde er gleich ersticken, während sein Kopf vor Schmerz zu explodieren drohte. Sein ganzer Körper schien ein einziger Schmerz zu sein, abgesehen von seinem Knöchel, der gefühllos war.
»Er kommt zu sich«, hörte er eine Stimme sagen. Ivan hustete, als etwas aus seiner Luftröhre gezogen wurde. Seine Kehle fühlte sich rau an, während der Schmerz in seinem Gesicht und in seinem Mund pochte. Er öffnete die Augen einen Spaltbreit, nahm Details wahr, versuchte, seine Erinnerungsfetzen zu einem Ganzen zusammenzusetzen, doch da war dieses Rauschen in seinem Kopf, das ihn hinderte, einen klaren Gedanken zu fassen, und das Zimmer war von einem merkwürdig fluoreszierenden bläulichen Licht erhellt. Er hörte das Summen. Jemand nahm seine Hand.
»Ivan«, sagte Patrick.
Er schlug erneut die Augen auf. Da war Patrick, über ihm, tränenüberströmt. »Was ist passiert?« Das Sprechen bereitete ihm Mühe.
»Du hattest einen Autounfall. Du bist drei Blocks vom Orange Bear gegen einen Baum gefahren.« Patrick sah ihn vorwurfsvoll an. »Du musst mindestens achtzig Sachen gefahren sein, um den Wagen so zu Schrott zu fahren.«
Er hatte keinerlei Erinnerung. Schüttelte den Kopf. »Ich weiß nichts mehr. Es ist alles weg.« Etwas schob sich an den Rand seines Bewusstseins, etwas Unangenehmes, entzog sich ihm jedoch sofort wieder.
»Schon gut, mach dir keine Sorgen. Irgendwann wirst du
dich an alles erinnern.« Patrick holte tief Luft. »Ich dachte, du wärst tot.« Tränen liefen ihm übers Gesicht. »Ich dachte, du wärst tot.« Er küsste ihn, und Ivan schmeckte Salz und Tränen. Er wusste, dass etwas nicht stimmte, konnte sich aber nicht erinnern, was es war. Er gab sich der Wärme des Kusses hin, dann schlief er ein.
Gegen drei Uhr früh schickte Elena Patrick nach Hause, damit er sich eine Weile hinlegte und etwas anderes anzog. So aufgelöst hatte sie ihn noch nie gesehen. Er weinte, wanderte ruhelos im Raum auf und ab. »Ich hätte rausgehen und nachsehen sollen, ob alles in Ordnung ist. Das Ganze war so peinlich für mich, aber wie peinlich muss es erst für Ivan gewesen sein? Es war nicht fair von mir. Normalerweise bin ich nie so gemein. Aber ich war es leid, dass er ständig so eifersüchtig ist, deshalb wollte ich ihm einen Denkzettel verpassen.«
Elena nickte, strich ihm über den Rücken, hörte ihm zu, als er immer wieder alles durchkaute. »Ich bleibe bei ihm«, versprach sie. »Und wenn du zurückkommst, fahre ich nach Hause.«
Schließlich saß sie allein neben dem tief und fest schlafenden Ivan und döste ebenfalls ein. Als sie aufwachte, war Isobel da. Sie saß am
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