Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
Sie streckte die Hand aus und ließ sich die Flanellhose und das dünne T-Shirt geben. An der Badezimmertür blieb sie noch einmal stehen. »Oder vielleicht doch der Reißverschluss.«
Elena zog ihn herunter. »Vorsichtig«, sagte sie, als Portia gefährlich zu schwanken begann.
»Ooooh!«, stöhnte Portia unvermittelt, schlug sich die Hand vor den Mund, ließ ihre Sachen fallen und stürmte ins Bad. Sie übergab sich lautstark und sank mit einem leisen Wimmern zu Boden.
»Du glaubst es mir wahrscheinlich nicht, aber es ist das Beste so.« Elena nahm einen Waschlappen aus einem Regal und hielt ihn unters kalte Wasser. Dann bückte sie sich und reichte ihn dem Mädchen. »Wenn man zu viel getrunken hat, ist es immer besser, sich zu übergeben und den Alkohol loszuwerden.«
Portia wischte sich den Mund ab. »Das ist ja … wie … Bulimie.«
»Lieber sich übergeben als an Alkoholvergiftung sterben«, bemerkte Elena.
Portia nickte und schwankte leicht. »Ich glaube, ich brauche doch Hilfe beim Ausziehen.«
»Okay.« Behutsam half Elena ihr, das teure Kleid abzustreifen und gegen ihren Schlafanzug einzutauschen, sorgsam darauf bedacht, so diskret wie möglich zu sein. Dann
zog sie die Haarnadeln aus ihrer Frisur und reichte ihr eine Zahnbürste mit Zahnpasta darauf. Es mochte nicht die Zahnreinigung des Jahrhunderts sein, aber immerhin bliebe ihr am nächsten Tag dieser widerwärtige Geschmack im Mund erspart. Schließlich half sie ihr, sich hinzulegen, und deckte sie zu. »Ich bringe dir noch ein Glas Wasser. Brauchst du sonst noch etwas?«
Portia schüttelte den Kopf. »Aber bitte verraten Sie meinem Vater nichts, okay?«
Elena setzte sich auf die Bettkante. »Das kann ich dir nicht versprechen, Portia, aber lass uns kurz reden. Wenn dich eine Urinprobe in Schwierigkeiten bringt, hattest du doch zuvor schon Ärger wegen Alkohol, richtig?«
»Nein«, antwortete sie mit einem langgezogenen Seufzer. »Meine Freundin hat Ärger bekommen. Ich war nur dabei.«
»Aber du wusstest, dass auch du Ärger kriegen würdest.«
Portia schnaubte und schlug die Augen auf. »Nur falls Sie es noch nicht gemerkt haben – den Leuten ist es doch völlig schnuppe, was ihre Kinder machen.«
»Ich glaube nicht, dass es deinem Vater schnuppe ist, was du machst, Portia.«
»Oh, und wie kommt’s, dass er noch nicht mal gemerkt hat, dass ich mir einen hinter die Binde gieße, obwohl ich direkt vor ihm am Tisch gesessen hab?« Ihre Worte waren leicht undeutlich, das Gefühl dahinter jedoch aufrichtig.
Elena hatte keine Ahnung, wie man am besten ein Gespräch mit einem Teenager führte, und schon gar nicht mit einem »Problemkind«. Aber mit Ehrlichkeit kannte sie sich aus. »Er war heute Abend sehr beschäftigt. Offenbar war dieser Geschäftstermin sehr wichtig für ihn. Er wollte ein Projekt präsentieren und sein neues Restaurant vorstellen.«
»Klar. Und?«
»Deshalb solltest du ihn unterstützen, wenn er dich braucht.«
»Oh, so wie er mich immer unterstützt?« Die verschmierte Wimperntusche ließ sie wie eine erschöpfte Teenie-Prostituierte aussehen. So viel Zorn lag in diesem Blick. So viel Wissen.
Elena sah Alvin an und tätschelte einladend die Matratze neben Portia. Wenn ein Kind je einen Hund gebraucht hatte, dann dieses. »Ich weiß nicht, was früher passiert ist, Portia. Vielleicht waren sie nie für dich da, wie Eltern es sein sollten. Ich sehe jedenfalls, dass dein Vater dich sehr liebt und eine Menge auf sich genommen hat, um hier ein sicheres und positives Umfeld für dich zu schaffen.«
Portia schloss die Augen. Tränen, bläulich schwarz von der Wimperntusche, quollen unter ihren geschlossenen Lidern hervor. Alvin lehnte sich vor und leckte ihr übers Gesicht, woraufhin sie zu lachen begann.
Elena stand auf. »Er kann über Nacht bei dir bleiben«, sagte sie, »aber ich will, dass du ihn gleich morgen früh nach Hause bringst, verstanden?«
»Sind Sie sicher?«
Alvin seufzte und legte den Kopf auf Portias Bauch, als wolle er betteln, bleiben zu dürfen. »Bin ich. Gute Nacht.«
»Wo ist eigentlich Ihre Familie, Elena?«
»In New Mexico.«
»Ihre Mom auch?«
»Meine Großmutter.«
»Ist Ihre Mom tot?«
»Wer weiß.« Elena blieb auf der Schwelle stehen. »Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit ich acht Jahre alt war. Meine Mutter war ein Partygirl. Sie hat mich im Elternhaus meines Vaters abgeliefert und ist nie mehr zurückgekehrt.«
»Wow, das ist echt übel.«
»Allerdings. Aber mi abuela
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