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Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness

Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness

Titel: Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara O'Neal
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Ringelblumenblüten darum. Die Teller waren servierbereit, die Eier dampften noch, der Kuchen war aufgeschnitten und ein Glas Bier für Edwin eingeschenkt.
    Heute würde Maria Elena zu den Holzkreuzen gehen, die sie am Unfallort aufgestellt hatte. Sie würde die vertrockneten Blumen vom letzten Jahr entfernen, die Namen ihrer toten Kinder mit frischer Farbe auf die Kreuze schreiben und die Erinnerungsstücke neu arrangieren, die vor zwanzig Jahren an der Gedenkstätte abgelegt worden waren. Einen Moment lang sank Elena im Geiste neben ihr auf die Knie und sah zu, wie sie den Schmutz eines Jahres wegwischte, das
Gestrüpp und die Blätter zur Seite fegte, die Papierschnipsel, Kronkorken oder sonstigen Unrat.
    Eines Tages könnte sie die Unfallstelle vielleicht selbst besuchen. Sie war nur ein einziges Mal dort gewesen, im zweiten Jahr nach dem Unfall. Damals hatte sie gerade wieder gehen können, hatte die Reha hinter sich gehabt und als Hilfsköchin in einem Restaurant in Santa Fé gearbeitet. Sie war über Ostern nach Hause gekommen und hatte sich von ihrem ältesten Bruder Ricardo zur Unfallstelle fahren lassen.
    Sie war aus dem Wagen gestiegen und hatte sich augenblicklich übergeben. Sie hatte keinerlei Erinnerung an den Unfall gehabt, sondern nur eine verschwommene Vorstellung davon. Doch sie hatte nicht dort bleiben können. Nicht einmal lange genug, um Blumen vor den Kreuzen abzulegen. Schweigend hatte Ricky sie nach Hause gebracht. Ihre Mutter hatte sich um sie gekümmert, hatte ihr das Gesicht abgewaschen und ein paar Tränen vergossen. »Oh, m’ija, m’ija «, hatte sie wieder und wieder gesagt und mit ihren kühlen, knorrigen Händen Elenas Stirn gestreichelt. »Du solltest nie mehr dort hingehen. Nie, nie wieder. La Santisima Muerte hat dich verschont.«
    In ihrem Wohnzimmer in Aspen senkte Elena nun den Kopf und betete ihren Rosenkranz aus geschnitzten Elfenbeinperlen, den sie zur Erstkommunion bekommen hatte. Um sie herum wurde das Rascheln lauter, und die Temperatur im Raum fiel. Leise setzte sie ihre Gebete fort, ließ die Geister näher treten, die Sachen probieren, sich über Haar und Gesicht streichen und den Rücken tätscheln. Sie fuhr fort, ein Gesätz nach dem anderen, während sich hinter ihr gedämpftes Gelächter erhob und jemand einen Witz machte, den sie nicht ganz mitbekam. Dann spürte sie einen Kuss auf ihrer Wange, hörte ein gehauchtes Danke, und ein paar einzelne Tränen kullerten ihr übers Gesicht, aber nicht sehr
viele. Dieser Altar war nicht für sie selbst gedacht, sondern für die anderen, für jene, die ein Stück weiter auf der Straße gegangen waren, die alle Menschen eines Tages beschreiten würden. Es war ein Geschenk an sie, ihre Art, ihnen die Ehre zu erweisen.
    Beim vierten Gesätz riss sie ein Klopfen an der Tür aus ihrer Andacht, doch da sie wusste, dass es Alvin sein musste, hielt sie inne und lief zur Tür. Mit hängenden Armen stand Julian vor ihr. Er wirkte seltsam verlegen. Alvin wedelte freudig mit dem Schwanz, woraufhin sie ihn hereinließ und ihm den Kopf tätschelte, ehe sie in den Türrahmen trat.
    »Danke, dass Sie ihn nach Hause gebracht haben«, sagte Elena und rief sich seine Förmlichkeit vom vergangenen Abend ins Gedächtnis.
    »Gern geschehen.« Ein Sonnenstrahl fiel auf seine dunklen Locken und auf das Gestell seiner dunklen Sonnenbrille. Das Ziegenbärtchen, sorgsam gepflegt und gestutzt, umrahmte seine roten Lippen und ließ ihre Üppigkeit nur umso deutlicher hervortreten. Kirschen, dachte sie. Oder Pflaumen. Reflexartig fuhr sie sich mit der Zunge über die Innenseite ihrer eigenen Unterlippe.
    Er stand immer noch reglos vor ihr. »Stimmt etwas nicht?«, fragte Elena schließlich.
    »Nein«, antwortete er und nahm die Sonnenbrille ab. »Darf ich reinkommen?«
    Ein Wagen bog eine Spur zu schnell auf den Parkplatz ein, so dass der Kies, den der Räumdienst in der Woche zuvor gestreut hatte, aufstob. Jemand lachte laut. Elena fluchte unterdrückt und schüttelte den Kopf. »Diese Kids! Es ist ein Wunder, dass nicht jedes Wochenende hier ein Auto im Graben landet.«
    »Es ist eine gefährliche Kurve«, bestätigte er und sah dem Wagen nach, der weiterfuhr.

    »Kommen Sie rein«, sagte sie und trat einen Schritt rückwärts.
    Betont zurückhaltend betrat er ihr Wohnzimmer, und einmal mehr spürte Elena die unwiderstehliche Magie seiner Aura. Alles an ihm versetzte sie in Aufruhr. Sein herrlich glänzendes Haar, die sehnige Langgliedrigkeit seiner

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