Das Glücksrezept - O'Neal, B: Glücksrezept - The Lost Recipe for Happiness
Mund. Göttlich. So lecker, dass ihr beinahe schwindlig wurde.
Sie nippte an ihrem Wein und dachte an Edwin an diesem längst vergangenen Tag in Española. Wie wäre ihr Leben
wohl verlaufen, wenn er noch hier wäre? Wenn diese Nacht niemals passiert wäre? Wo wäre sie heute?
Jedenfalls nicht hier.
Sie ließ den Blick durch die feudale Küche mit den Marmorarbeitsflächen und den kleinen Fenstern über der Spüle schweifen, die im Sommer Ausblick auf den Garten boten und ansonsten für viel Licht im Raum sorgten.
Ganz bestimmt nicht hier.
Sie nahm noch einen winzigen Schluck aus ihrem Glas und stellte sich vor, sie wären in Española geblieben. Oder in Albuquerque gelandet. Vielleicht hätten sie es ja tatsächlich geschafft, sich dort niederzulassen – sie, um sich dem Kochen zu widmen, und Edwin, um seinen Geschäften nachzugehen.
Aber aus der Sicht der Erwachsenen, die sie heute war, erkannte sie, welchen Verlauf ihr Leben höchstwahrscheinlich genommen hätte. Edwin hätte die lange Arbeitszeit im Restaurant nicht hingenommen. Er hätte gewollt, dass sie Kinder bekam, womit der Großteil der Erziehung an ihr hängen geblieben wäre. Vielleicht hätte sie ihn am Ende sogar gehasst.
Oder auch nicht. Es hätte andere Alternativen gegeben. Schlimmstenfalls wären sie in Española geblieben, wo sie ihre Schwestern um sich gehabt hätte, die sie trösteten, und er wäre abends zum Essen nach Hause gekommen, nur um kurz danach loszuziehen und sich mit Cousins und Freunden zu treffen. Poker zu spielen. Mit seinen Onkeln im Veteranenclub ein paar Biere zu trinken. Mit irgendeinem Freund an einem Auto herumzubasteln.
Allein bei der Vorstellung fühlten sich ihre Lungen an, als würden sie zerquetscht.
Bestenfalls hätten sie gemeinsam ein Restaurant eröffnet, ein glückliches Leben genossen, mit Kindern, die mittlerweile
die Highschool besuchten, einer Tochter, die heute längst aufs College ginge.
Durch ihr Weinglas sah sie Isobel vorbeischweben, das lange Haar, das wie eine Fahne hinter ihr herwehte. Entsetzt wurde ihr bewusst, dass sie insgeheim dankbar für die Tatsache war, dass der Unfall ihrem Leben eine vollkommen neue Wendung gegeben hatte. Durch ihn hatte sie sich zu einer Persönlichkeit entwickeln können, die für sie als Siebzehnjährige unerreichbar gewesen wäre.
Gewissensbisse erfassten sie, bitter und nach Blut schmeckend.
Sie stellte ihr Glas ab, als ihr auffiel, dass sie Patrick und Ivan seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte. Sie machte sich auf den Weg, um nach ihnen zu suchen.
Sie standen auf der Veranda und sahen zu den Sternen hinauf. Ivan beugte sich vor und legte die Lippen auf Patricks Nacken. Patrick stand da, auf den ersten Blick reglos, dennoch neigte er sich ihm kaum merklich entgegen.
Elena seufzte. »Hmm.«
»Das klingt nach Ärger.« Erschrocken fuhr sie beim Klang von Julians Stimme zusammen.
»Oh. Sie!«
»Mit wem haben Sie geredet?«
»Mit mir selber. Wieder mal.«
»Sie haben heute Abend erstklassige Arbeit geleistet, Elena.«
»Danke. Ich hatte den Eindruck, als sei alles sehr gut gelaufen.«
»Das glaube ich auch.« Er sah zur Veranda hinüber. »Ich schätze, Sie können gehen, wenn Sie wollen.«
Sie nickte. Kühl. »Klar.«
Er hielt einen Moment inne. »Danke, Elena«, sagte er und entließ sie mit einem Nicken. »Gute Nacht.«
Als er davonging, schürzte sie die Lippen und sah wieder zu Ivan und Patrick hinüber. Sie standen im Lichtkegel einer Lampe, hatten die Köpfe zusammengesteckt, und Patrick kuschelte sich wärmesuchend unter Ivans Arm.
Verdammt. Sie trat zu den Glastüren und schob sie auf. Abrupt löste Patrick sich von Ivan und sah sie schuldbewusst an. »Machen wir Schluss für heute. In den nächsten zwei Tagen gibt es noch mehr als genug zu tun.«
Patrick stürzte auf der Stelle los, während Ivan noch einen Moment stehen blieb – Ivan, der sie ausnahmsweise nicht lüstern oder provozierend anlächelte, sondern allem Anschein nach um seine Fassung rang. »Stimmt«, grollte er schließlich mit seiner gewohnten Stimme. »Jede Menge Arbeit.«
Sie berührte seinen Arm. »Alles in Ordnung, Rasputin?«
Er sah in Richtung Küche, wohin Patrick verschwunden war. »Alles bestens.«
Elena nickte. »Gut, dann lassen Sie uns zusammenpacken.«
In diesem Moment kam Portia um die Ecke und stieß um ein Haar mit Elena zusammen, die gerade die Küche betrat. »Hey«, blubberte sie drauflos, »gibt es noch welche von diesen
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