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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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zu dem Blut gesagt?«  
    »Eigentlich
nichts«, antwortete Dóra. »Er hatte davon
gehört, dass Daði und Magnús am Hafen waren, wusste
aber nichts über die Hintergründe. Von dem Segelboot
hatte er noch nie was gehört.« Dóra seufzte.
»Ich muss unbedingt etwas aus Magnús
herausbekommen.«
    »Glaubst
du wirklich, dass er dir was
erzählt?«
    »Ich
weiß es nicht. Er ist jedenfalls einer der wenigen, die noch
am Leben sind und verraten könnten, was wirklich passiert ist.
Aber man weiß natürlich nicht, wie viel davon noch in
seinem Kopf herumschwirrt.«
    »Wenn
ich vier Männer umgebracht hätte, würde ich das ganz
bestimmt nicht vergessen«, sagte Bella. »Die Arbeit und
die Kollegen in der Kanzlei schon, aber das
nicht.«
    Dóra
lächelte. »Hoffentlich hast du
recht.«
    Magnús
starrte apathisch den Kompass an, den Dóra ihm gegeben
hatte. Die alten Bücher lagen auf einem kleinen Stapel auf dem
Tisch neben ihm, aber er interessierte sich nicht im Geringsten
dafür. Seine sehnigen Hände umkrallten die Sessellehnen.
»Warum?«, fragte er unvermittelt, den Blick starr auf
den Kompass gerichtet. Dóra warf María einen Blick
zu, aber sie zuckte nur mit den Schultern. Dann legte sie ihre Hand
auf Magnús’ graue Pranke und erschrak, weil sie so
kalt und knochig war. »Freust du dich nicht über den
Kompass? Ich hab ihn im Keller gefunden.«
    Der Mann
schaute plötzlich auf und fixierte Dóra.
»Warum?«
    Dóra
wusste nicht, was sie antworten sollte. »Ich dachte, du
hättest ihn im Haus vergessen, als der Vulkan ausgebrochen
ist.« Sie achtete darauf, seinen Blick nicht zu verlieren.
»Ist das nicht schön?«
    Der alte Mann
blickte wieder in seinen Schoß und schüttelte
betrübt den Kopf. »Du bist alt geworden,
Sigríður. Du warst noch ein kleines
Mädchen.«
    »So wie
Alda?« Dóra glaubte nicht, dass diese
Sigríður eine Rolle spielte.
    »Die
arme Alda.« Magnús schüttelte wieder den Kopf.
»Hässlich.«
    »Was war
hässlich? Ich hab ganz vergessen, wie das damals war.«
Als sie den Satz zu Ende gesprochen hatte, merkte sie, dass sie
einen Fehler gemacht hatte. Der Mann sah sie mit vor Wut verengten
Augen an.
    Schnell kam
ihr María zu Hilfe. »Ist dir kalt, Maggi?«,
fragte sie freundlich, und er entspannte sich wieder. »Ich
hole dir die Decke.« Sie stand auf und breitete eine Decke
über seine Beine. »So.« Sie tätschelte sein
Knie. »Und jetzt sei nett zu Dóra. Sie hilft deinem
Sohn Markús.«
    »Markús
liebt Alda«, sagte der Mann eifrig nickend. »Ein gutes
Mädchen.« Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich.
»Alles zerstört.«
    »Zerstört?«,
rutschte es Dóra heraus. Ruhiger fügte sie hinzu:
»Was ist ihr denn zugestoßen? Hat sie sich
verletzt?«
    »Alles
zerstört«, wiederholte der Alte. »Geopfert.«
Starr betrachtete er den Kompass und verzog das Gesicht.
»Widerlich. Nimm das.«
    Dóra
musste sich beherrschen, den Mann nicht an den Schultern zu packen
und zu schütteln, als sie den Kompass aus seinem Schoß
nahm. Verdammt nochmal, er wusste alles, was sie herausfinden
musste. Sie überlegte, ob es möglich war, Alzheimerkranke
zu hypnotisieren. »Alda ist tot, Magnús. Wenn ich
Markús helfen soll, muss ich wissen, was ihr
zugestoßen ist.«
    »Markús.«
Der Mann schaute aus dem Fenster. »Markús liebt
Alda.« Er starrte wieder geradeaus.
    »Ich
weiß.« Dóra griff nach der zerschlissenen
Geldbörse mit Goldmünzen, die Bella gefunden hatte.
»Sieh mal, was ich hier habe«, sagte sie und hielt ihm
die Geldbörse hin. »Die Münzen, die du gesucht
hast.« Der Mann versuchte, seinen Kopf wegzudrehen und wollte
nicht hinschauen. Sie öffnete die Börse und zeigte ihm
den Inhalt. »Gold, Magnús. Goldmünzen.«
Urplötzlich schlug er Dóra die Geldbörse aus der
Hand, sodass die Münzen durch den ganzen Raum geschleudert
wurden. Einige landeten in seinem Schoß, wie glühende
Lavabrocken. Magnús schrie, zitterte am ganzen Körper
und versuchte, die Münzen wegzuwischen.
    María
sprang auf und beruhigte ihn. Gemeinsam schafften sie es, die
Münzen wieder einzusammeln, und Magnús entspannte sich
ein wenig. »Blut«, sagte er.
»Blutmünzen.«
    »Blut?«
Dóra wusste, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb. »Ist
jemand gestorben, Magnús? Sind vier Männer
gestorben?«
    Magnús
hörte auf zu zappeln und schaute sie mit angstverzerrtem
Gesicht an. »Schlechte Männer, Sigríður.
Schlechte Männer.« Er versuchte aufzustehen. »Der
Falke ist ein schöner Vogel«, fügte er

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