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Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Bar stellen und so
tun, als sei er tief in Gedanken versunken. Sofort wankte irgendein
beschwipstes Mädchen auf ihn zu und erzählte ihm
irgendwas Albernes. Es war also nicht mehr besonders aufregend; das
war es eigentlich noch nie gewesen. Genauso aufregend, wie mit
einem Kescher in einem Fischzuchtteich zu angeln. Der Psychologe,
zu dem er gehen musste, hatte gesagt, er sei so ein Typ, der eine
bestimmte Sorte Frauen anzieht, und deshalb trage er eine
große Verantwortung. Na, super. Warum musste er irgendeine
Verantwortung übernehmen? Das konnten die Weiber doch selbst
machen. Er konnte schließlich auch nichts dafür, dass er
unbewusst eine animalische Ausstrahlung auf das andere Geschlecht
ausübte.  
    Jedenfalls
wäre es das Allerschlimmste, wenn ihn noch mehr Weiber
anzeigen oder im Internet vor ihm warnen würden. Trotzdem
konnte er der Versuchung nicht widerstehen. Er musste vorsichtig
sein. Das Geld war in Reichweite; er konnte es schon rascheln
hören. Wenn er den Prozess verlor, konnte er das Geld erst mal
nicht ausgeben. Und wie sollte er sich danach überhaupt noch
Frauen besorgen? Das ganze Geld an Nutten verschwenden? Die
Kopfschmerzen wurden stärker. Er stöhnte instinktiv und
sah mit Entsetzen, dass die Wimpern des Mädchens zuckten.
Adolf hielt die Luft an. Sie wachte nicht auf, und er entspannte
sich ein wenig. Aber es dauerte nicht lange, dann schlug sie die
Augen weit auf und starrte schlaftrunken ins Leere. Er beobachtete,
wie sich ihre Pupillen hektisch in alle Richtungen bewegten, als
sie versuchte, sich zu orientieren. Am Ende blieben sie an seinen
Augen kleben, und ein breites Lächeln zog sich über ihr
Gesicht, während sie sich unter der Bettdecke
räkelte.
    »Guten
Morgen«, sagte sie mit rauer Stimme.
    »Guten
Morgen. Wie geht’s dir?« Er versuchte, seine Stimme
nicht gleichgültig klingen zu lassen.
    »Ging
schon mal besser. Hast du Cola?« Sie warf ihm einen Blick zu,
der verführerisch sein sollte, ihn aber nur nervös
machte. Die verschmierte Schminke und das unausgeschlafene Gesicht
waren nicht gerade vorteilhaft. Vielleicht war sie unter normalen
Umständen hübsch – er wünschte es ihr
zumindest.
    »Bestimmt«,
sagte er und setzte sich auf. Er schwang die Beine über den
Bettrand, musste aber einen Moment innehalten, bis der Schwindel
vorüberging. Er musste aufhören zu trinken. Jedenfalls so
viel zu trinken. Als er mit unsicheren Schritten Richtung
Küche wankte, spürte er, dass das Mädchen seinen
nackten Körper anstarrte, was ihn trotz seines Zustands
erregte. Auf dem Weg durchs Wohnzimmer suchte er nach seinen
Zigaretten und entdeckte ein halbzerknülltes Päckchen auf
dem Sofatisch neben dem übergelaufenen Aschenbecher.
Während er eine zerbeulte Zigarette herausfischte, ermahnte er
sich, einen größeren Aschenbecher zu kaufen. Das
Feuerzeug lag in einer eingetrockneten Rotweinpfütze auf dem
Tisch. Nach mehreren Versuchen zündete es endlich, und er
steckte sich die Zigarette an. Er sog gierig daran und ließ
den Rauch aus dem Mundwinkel entweichen. Mit der brennenden
Zigarette im Mund ging er in die Küche und riss den
Kühlschrank auf. Er hatte immer Cola in verschiedenen
Flaschengrößen vorrätig. Er schraubte eine
Zweiliterflasche auf und trank das kalte Gesöff in
großen Schlucken, um seinen Magen zu
beruhigen.
    Als die
Kühlschranktür einrastete, fiel sein Blick auf den
Zettel, den er vor langer Zeit angepinnt und vergessen hatte
wegzuschmeißen. Alda – Mittwoch 18 Uhr. Adolf riss den
Zettel herunter, knüllte ihn zusammen und schmiss ihn in den
offenen Mülleimer. Der Zettel traf genau auf den Rand des
Mülleimers, rollte auf den Fußboden und blieb vor seinen
Füßen liegen. Adolf schaute ihn kurz an und trat das
zerknüllte Stück Papier dann mit dem Fuß in die
Ecke. Am besten vergaß er alles, was mit dieser {65 }Frau zu
tun hatte, und zwar so schnell wie möglich. Er hatte
dafür gesorgt, dass sie ihn ab jetzt in Ruhe
ließ.
    Adolf
versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was er vorhatte. Er
konnte sich unmöglich daran erinnern, ob sie verhütet
hatten. Angesichts des Nebels, der die vergangene Nacht
einhüllte, bezweifelte er es. Er musste etwas tun. Ein
uneheliches Balg, für das er Unterhalt zahlen musste, war
schon mehr als genug. Adolf reckte sich nach dem
Küchenschrank. Er schob einige Gegenstände zur Seite, bis
er das fand, wonach er suchte: einen Becher aus dickem dunkelblauem
Glas, das so gut wie undurchsichtig war. Dann öffnete

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