Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gluehende Grab

Das Gluehende Grab

Titel: Das Gluehende Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
Vom Netzwerk:
dabei, ist das in
Ordnung?«
    »Selbstverständlich«,
antwortete der Mann, stieg aus dem Wagen und lud ihr Gepäck
ein. »Ihr wohnt im Hotel þórshamar, nehme ich
an«, sagte er, als sie alle im Auto
saßen.
    »Ja.«
Dóra betrachtete den Mann genauer. Die Brüder waren
sich ähnlich und hatten bestimmt in jüngeren Jahren sehr
gut ausgesehen. Leifur war etwas älter als Markús, etwa
Mitte fünfzig. Das Alter stand ihm gut, wie seinem Bruder. Er
sah aus wie jemand, der es gewohnt ist, Anweisungen zu geben.
Dóra fand beide Brüder attraktiv, obwohl sie
normalerweise nicht auf ältere Männer stand. Kleidung und
Auto zeugten davon, dass Leifur Wert auf Qualität
legte.
    »Das
Hotel ist günstig gelegen.« Leifur fuhr los.
»Mitten im Ort, nicht weit vom
Hafen.«
    »Klingt
gut.« Dóra überlegte, was sie als Nächstes
sagen sollte. Sie hatte keinen blassen Schimmer, wie viel er
über den Fall wusste, und wollte keine Informationen
ausplaudern. »Tolles Wetter. Ist das hier immer so
gut?«
    Leifur drehte
sich zu ihr und grinste. »Klar.«
    Leider
entwickelte sich über das Wetter kein lebhaftes Gespräch.
Sie schwiegen eine Weile, und Dóra schaute aus dem Fenster.
Es war so gut wie niemand auf der Straße, genau wie beim
letzten Mal. Die Landschaft war atemberaubend, und sie wollte
gerade eine Bemerkung darüber machen, als Leifur ernst sagte:
»Furchtbare Sache, das mit den Leichen. Ist es okay, in
Anwesenheit deiner Sekretärin darüber zu
sprechen?«
    »Selbstverständlich.
Ich darf sowieso keine vertraulichen Auskünfte
geben.«
    »Nein,
ich wollte auch nicht versuchen, dir etwas aus der Nase zu
ziehen«, entgegnete der Mann. »Das war nicht meine
Absicht. Ich bin nur völlig entsetzt, dass das ausgerechnet in
unserem Haus passiert ist. Meine Familie hat es schon schwer
genug.«
    »Aha?«
Dóra musterte den Jeep und dachte daran, dass Markús
ebenfalls recht gutgestellt war. Die Familie hatte bestimmt keine
Geldsorgen.
    »Ach, es
gibt da so ein paar Kleinigkeiten und diverse größere
Probleme. Vor allem die Krankheit meines
Vaters.«
    »Markús
hat mir davon erzählt.« Dóra sprach nicht gerne
mit Fremden über Krankheit und Tod. »Tut mir leid. Eine
schreckliche Krankheit.«
    »Danke.«
Der Mann bog in den Ort ein. »Markús hat mir seine
Version der Geschichte erzählt, und ich muss sagen, auch wenn
sie ungewöhnlich klingt, glaube ich ihm. Jeder hat
mitgekriegt, wie er Alda damals den Hof gemacht hat. Er hätte
alles für sie getan – und hat auch ohne sie schon genug
Dummheiten angestellt.«
    »Ja, das
ist alles sehr merkwürdig«, sagte Dóra.
»Ich hoffe, {60 }dass ich etwas Licht auf die Ereignisse
werfen kann, während ich hier bin, aber das ist bestimmt nicht
so leicht. Es ist alles schon so lange her.«
    »Ja und
nein«, entgegnete Leifur. »Den Vulkanausbruch haben die
meisten, die ihn miterlebt haben, noch gut in Erinnerung. Eine
schlimme Erfahrung.«
    »Das
kann ich mir vorstellen.« Dóra zeigte auf einen
steinernen Torbogen beim Eingang zum Friedhof. »Ist das nicht
das Tor von dem berühmten Foto?« Sie hatte ein Bild von
dem Vulkanausbruch vor Augen, auf dem der Friedhof komplett mit
Asche bedeckt war. Das Tor mit der Aufschrift Ich lebe und ihr
werdet leben war das Einzige, was aus der tiefschwarzen Fläche
herausragte. Im Hintergrund loderte eine Feuerzunge in den Himmel.
Dem Fotografen war ein eindrucksvolles Bild gelungen, das eine
tragische Geschichte erzählte. »Mir war gar nicht klar,
dass der Friedhof auch ausgegraben wurde.«
    »Nach
dem Ausbruch ist alles Mögliche ausgegraben worden. Seinerzeit
sind fast zehntausend Kubikmeter Asche täglich aus dem Ort
abtransportiert worden. Die Landakirkja war halb
verschüttet«, erzählte Leifur und zeigte auf das
würdevolle, aber schmucklose Gotteshaus neben dem Friedhof.
»Neben der Stelle, wo jetzt die Ausgrabungen stattfinden,
wurden damals schon viele Häuser freigelegt.«
Dóra musste sich unbedingt intensiver in das Thema einlesen,
wenn sie nicht noch mehr Zeit daran verschwenden wollte, sich
anzuhören, was schon alle wussten. Sie hatte das Buch, das
Gylfi aus der Bücherei ausgesucht hatte, mitgenommen und
würde heute Abend im Hotelzimmer einen Blick hineinwerfen.
Leifur sprach weiter. »Ich weiß nicht genau, warum die
Häuser in unserer Straße damals nicht ausgegraben
wurden. Vermutlich gab es triftige Gründe dafür. Man ist
zu Recht davon ausgegangen, dass sie nicht mehr bewohnbar sind.
Niemand würde heutzutage auf die Idee

Weitere Kostenlose Bücher