Das Gluehende Grab
er eine
Schublade und nahm einen Umschlag heraus. Er schüttelte sechs
kleine weiße Tabletten heraus und zerdrückte sie mit
einem Löffel auf einem gesprungenen Unterteller. Vier reichten
eigentlich, aber es war sicherer, mehr zu nehmen. Dadurch stellte
er sicher, dass die zweite Dosis, die 24 Stunden später
eingenommen werden sollte, abgedeckt war, denn Adolf war keineswegs
in der Lage, dafür zu sorgen, dass das Mädchen sie auch
wirklich nahm. Er würde sie nicht noch einmal treffen. Er
vermischte das Pulver mit der Cola und schaute dann zufrieden in
das Glas. Nur ein kleines Teilchen schwamm auf der Oberfläche.
Adolf fischte es mit dem Zeigefinger heraus und leckte ihn ab. Das
würde ihm bestimmt nicht schaden. Er nahm den Umschlag und
tastete ihn ab, bevor er ihn wieder in die Schublade legte. Nur
noch zwei Tabletten. Er musste sich so schnell wie möglich
neue besorgen.
Adolf drehte
den Plastikverschluss auf die Colaflasche und klemmte sie sich
unter den Arm. Dann hob er das Glas, so als proste er einem
unsichtbaren Kameraden zu, und ging zurück ins Schlafzimmer.
Er überlegte, wie er das Mädchen ohne Ärger
loswürde. Die Pillen verhinderten eine Schwangerschaft, aber
er musste ein näheres Kennenlernen vermeiden. Er hatte nicht
viel Zeit, sich etwas auszudenken, und beschloss daher, die
altbewährte Masche durchzuziehen. Er würde ihr
erzählen, er habe sich noch nicht ganz von seiner letzten
Trennung erholt und {66 }könne sich so schnell nicht wieder
binden. Dann würde er fragen, ob er sie anrufen dürfe,
wenn es ihm wieder besserginge, denn sie sei etwas ganz Besonderes.
Das würde sie schlucken – alle wollten etwas Besonderes
sein. Wenn sie nur wüsste, wie unglaublich gewöhnlich sie
war. Heute Abend würde er sich noch nicht mal mehr an ihre
Haarfarbe erinnern. Er drückte die Zigarette in dem
übervollen Aschenbecher aus, wobei zwei weitere Kippen auf die
Tischplatte fielen. Verdammt. Vielleicht könnte er sie dazu
überreden, ihm beim Aufräumen zu helfen, oder noch
besser: sie dazu bringen, alleine aufzuräumen.
»Cola«,
sagte er und schwenkte das Glas. Er lehnte sich an den
Türrahmen. »Willst du einen
Schluck?«
Das
Mädchen schaute ihn an und streckte ihre ausgetrocknete Zunge
heraus. »Oh ja, danke.« Sie lächelte ihn an und
setzte sich auf. Dabei glitt die Bettdecke von ihren Brüsten,
und sie tat nichts, um sie zu verdecken. Adolf grinste. Es gab ja
auch keinen Grund, so hübsche Brüste zu verstecken. Er
setzte sich zu ihr auf die Bettkante und reichte ihr das Glas.
Gierig trank sie, während Adolf beobachtete, wie sich ihr
Bauch auf und ab bewegte. Sie nahm das Glas von den Lippen und
atmete tief ein. »Oh Mann, hab ich einen Kater.« Sie
reichte ihm das fast leere Glas. »Willst du?«
Er
nahm das Glas entgegen, trank aber nicht. Stattdessen stellte er es
mit der Colaflasche zusammen auf den Nachttisch und rückte
näher an das Mädchen heran. Wär schon nett, zu
wissen, wie sie im Bett war – er konnte sich kaum an die
Nacht erinnern. Anschließend könnte er seinen Vortrag
über seine vorübergehenden emotionalen Schwierigkeiten
halten. Immerhin verschwendete er seine letzten Pillen an sie. Ein
kleines Lächeln spielte um seine Lippen. Die Geschichte war im
Grunde nicht gelogen. Er war emotional angeknackst. Seine Begegnung
mit dieser verdammten Alda war der Beweis dafür. Er grinste
anzüglich und sah am Gesichtsausdruck des Mädchens, dass
sie sich nicht sicher war, was sie tun sollte. Er musste über
die groteske Situation lachen. {67 }Als ob das Mädchen eine
Wahl hätte. Nein hieß Nein, das würde er
akzeptieren. Die Kunst war es, dieses Nein im Keim zu ersticken, zu
verhindern, dass es gesagt wurde. Er küsste das
unschlüssige Mädchen auf die Stirn und legte sanft seine
Hand auf ihren Mund.
8
SONNTAG 15. JULI 2007
»Bella,
was weißt du eigentlich über den Vulkanausbruch?«,
fragte Dóra, als sie bei wunderschönem Wetter das Hotel
verließen.
»Nichts«,
antwortete Bella. »Nur, dass der Vulkan ausgebrochen
ist.«
»Soll
vorkommen bei Vulkanausbrüchen.« Dóra
ärgerte sich darüber, die Sekretärin überhaupt
mitgenommen zu haben. »Tja, wir werden gleich mehr erfahren.
Der Mann, den wir treffen, weiß alles darüber. Sagt
Markús.« Dora selbst war zu jung und erinnerte sich
nur vage an die Katastrophe.
»Toll«,
sagte Bella.
Dóra
ging unbeeindruckt weiter, während Bella stehen blieb, um sich
eine Zigarette anzuzünden. Die
Weitere Kostenlose Bücher