Das göttliche Dutzend
aus den Händen eines gewaltigen Vertreters der Knochenbrecherbranche riesige Spitzhacken in Empfang. Der Knochenbrecher deutete knurrend auf eine schwefelbedeckte Wand und wies auf diverse leere Eimer. Sie klafften in der Finsternis wie die Mäuler hungriger Todesechsen aus dem schönen Lande Ammoretto.
»Graben«, grunzte der Wächter wortgewandt und trat jenem der drei, der ihm am nächsten stand, mit einem festen Huf in den Hintern.
Die Ketten an Nabobs Fußgelenken schepperten, als er auf die Wand zuschlurfte und den Versuch machte, die Spitzhacke zu heben. »Graben?« greinte er. »Ich kann das Ding nicht mal heben.«
»Das lernst du noch«, knurrte der Wächter und warf einen fröhlich-spöttischen Blick in die rote Dunkelheit hinein. »Sonst setzt es was«, fügte er geheimnisvoll hinzu und wandte sich zum Gehen.
»He!« rief Schoysal protestierend. »Wo gehen Sie hin? Sie können uns hier doch nicht allein lassen …«
»Schnauze!« blaffte Byrernst dumpf. »Hast du denn gar nichts im Kopf?« Er winkte dem Wächter fröhlich zu. »Ist schon in Ordnung«, rief er. »Wir kriegen das schon hin. Gehen Sie ruhig in Ihr Loch und machen Sie sich ’n schönen Abend.« Sein Geist zischte in dem sicheren Wissen, daß er bald in der Lage sein würde, eine Spitzhacke fachmännisch zu handhaben. Wenn kein Wächter da war und zwischen ihm und der Freiheit nur zwei Ketten lagen, konnte er schnell lernen, wie man ein kettenzerschmetterndes Werkzeug schwang.
»Sehr freundlich«, grunzte der Wächter. »Nacht, Nacht. Ach, Sekunde mal. Das hätte ich ja beinahe vergessen.«
Nabob, Schoysal und Byrernst strengten verblüfft ihre Ohren an, als sie das Öffnungsgeräusch dreier kleiner Käfige und das plötzliche Summen winziger Schwingen hörten.
»O nein, er wird doch wohl nicht …« stieß Byrernst hervor, der das Geräusch sofort erkannte.
»Was? Was wird er n …« fragte Schoysal, der ein gewisses Maß an Alarmiertheit in Byrernsts Stimme zufrieden vernahm.
»Nein! Bitte nicht! NEEEIIIN!« quäkte Byrernst, als sich ein kleines insektenartiges Wächtermhodemm sanft auf seiner Schulter ausrichtete und bedrohlich mit dem Rüssel wackelte.
Der Wächter grinste sich eins, als er das Echo des Geschreis im Schacht der Miefinger Lava- und Schwefelminen hörte.
Hauptmann Zuphall schaute sich im Inneren des Städtischen Tempels um und schüttelte erstaunt den Kopf. Er tat es aber nicht, weil man das Innere gänzlich renoviert hatte, damit man es als Tagungsort für Hochzeitsfeiern unter zehn Minuten nutzen konnte. Er tat es auch nicht, weil Lyndor D’Mol tief in die Tasche gegriffen und den ganzen Fusel und den Fraß der Gäste bezahlt hatte. Und schon gar nicht, weil er trotz des großen Publikums seinen Text nicht vergessen hatte.
Nein. Hauptmann Zuphall war verblüfft, weil nichts schiefgegangen war. Trotz vieler tausend individueller Panikzustände, die mit Blumen, Kleidern, der Sitzordnung, den Frisuren und einer Unmenge anderer Patzer zu tun hatten, von denen er nichts wußte, war alles wirklich gutgegangen. Na schön, die Blume in den Knopflöchern der Verwandten des Bräutigams hatten nicht zu ihren Togen gepaßt, fünf Gäste waren vor Erregung ohnmächtig geworden, man hatte 53 Fälle von Avocado-Wacholdervergiftung gezählt, aber sonst … Na ja, er hatte es hinter sich. Luphan und Ferona waren nun Herr und Frau Burk, und ganz Axolotl freute sich.
Zuphall nippte an seinem Melonenlikör und schlenderte zu einem hohen Balkon. Das Okarina- und Kammbläserorchester gab mißtönend einen beliebten, dreißig Jahre alten Schlager zum Besten. Er lugte seufzend aus dem Fenster, dachte über den vergangenen Tag nach und bereitete sich darauf vor, am Abend ordentlich abzutanzen. Noch zwölf Abende wie dieser, dann war er jedermanns …
Dann bewegte sich draußen etwas. Sein Augenwinkel reagierte alarmiert, als eine Schar weißer Flöckchen fröhlich auf einer Brise herumtollte. Ihr folgten weitere, und es lief ihm vor Entsetzen kalt den Rücken hinunter.
War die gefürchtete Prophezeiung etwa schon eingetroffen?
Waren es Schneeflocken … oder war es Konfetti?
Hauptmann Zuphall schüttelte sich und trank verzweifelt einen Schluck Melonenlikör.
In einer obskuren Ecke des Hymmelreiches schlug eine erboste Gestalt verzweifelt auf die Wände einer kahlen hohlen Höhle tief im Inneren einer riesigen Wolkenbank ein.
Knapp zehn Minuten, nachdem die Gottheit mit dem Panamahut die Tür abgeschlossen hatte und
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