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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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eingehen, ineffizient zu wirken? Oder sollte er triumphierend die Klauen in die schwefelhaltige Luft recken und einfach loslegen? Und das Risiko eingehen, daß d’Eibele alles verpaßte? Konnte er sich sicher sein, daß d’Eibele sich nicht einfach verkleidet auf den Synderplatz geschlichen hatte, um ihn zu prüfen? Er hatte keine Wahl. Er mußte anfangen. Es war die sicherere Option. Wenn d’Eibele verspätet eintraf, konnte er das ganze verdammte Fiasko noch einmal von vorn anfangen. Es bedeutete ja keine Härte für ihn, ein zweites Mal herrisch auf den Pöbel herabzuhöhnen und seine Überlegenheit und seine Macht über ganz Mortropolis zu zeigen.
    Jetzt war die ausgemachte Zeit. Die Parade sollte beginnen.
    Mit einem letzten Schnauben hob Byrernst die Klaue zum klassischen Zweiklauensalut und durchschnitt das Band. Die eilig zusammengestellte Dämonenmeute, die unter dem Namen Mortropolisches Sinfonievergewaltigungsorchester agierte, drosch lärmend auf Kochtopftrommeln ein und ließ die Saiten ungestimmter Violinen knarzen. Ein Dutzend (zeitweise von ihren Knochenbrecherpflichten befreite) hochbezahlte Massensteuerungsdämonen schwangen bedrohlich ihre Peitschen und trieben das Publikum in einen Rausch der Zustimmung. Fahnen wehten, Kehlen jubelten. Die konzentrierten Lanzen der Lavalampen fuhren schmerzend über den Platz. Von links her marschierte das massierte Elend der Synchronschlurfer aus den Feuergruben heran; die Ketten schepperten an ihren Fußgelenken.
    Von der plötzlich chaotischen chthonischen Animation ungesehen, rumpelten zwei von Stalagmotten gezogene Fuhrwerke versteckt heran und blieben an den gegenüberliegenden Enden des Platzes stehen. Hätte sich jemand die Zeit genommen, von der Seite auf die eigenartig sauber wirkenden bärtigen Gestalten zu schielen, die sich auf ihnen befanden, hätte er möglicherweise eigenartige purpurne Frömmigkeitszungen über ihren Häuptern schweben sehen. Aber niemand schaute hin. Keiner wagte es, Byrernsts Wut herauszufordern. Nicht heute. Nicht bei seiner Laune.
    Das Fundament des Synderplatzes schien plötzlich zu bocken und zu zucken, als das Riesenfindlings-Präzisionsschauteam seine Tonnenladung ins Blickfeld rollte. Begleitet wurde es vom instrumentalen Gekreisch des Sinfonievergewaltigungsorchesters. Neunschwänzige Katzen klatschten und zerfetzten die sie umgebende Luft; Dreizacke drehten sich in Wirbeln bösartiger Bedrohung. Byrernst wippte auf den Hufen auf und ab und geilte sich in finsterer Freude an allem auf.
    Schoysal und Nabob schauten auf ihren mit Gottheiten gefüllten Fuhrwerken ehrfürchtig zu. Winzige Häfen des Zweifels füllten sich allmählich mit Schiffen des Schwankens und Flottillen der Unglaubens. Vor ihren Augen spielte sich ein dermaßen erstaunliches Spektakel ab, daß der Teppich der Siegeszuversicht unter ihren Hufen weggezogen wurde. Nun waren sich die beiden äußerst unsicher, ob sie eine solche Schau jemals auf die Beine stellen konnten. Gut, daß sie zu weit voneinander entfernt waren, um es sich gegenseitig zu gestehen.
    Sie schluckten im wirbelnden Chaos der Kundgebung des neuen Regimes, legten alles unter ›Nerven‹ ab und bereiteten sich aufs Eingreifen vor.
    Inzwischen trieb, von einer sanften Schwefelbrise hoch über der Mehrheit der von Stalagmotten angenagten Dächer getragen, eine merkwürdig purpurne Butterblume der reinen Frömmigkeit knisternd und knackend auf die Massenansammlung des Synderplatzes zu. Wahrscheinlich wäre sie vorbeigetrieben, ziellos durch das Unterweltreich Höllien geflattert, irgendwann gegen eine verlassene Pennerhöhle gestoßen und hätte den dortselbst hausenden chthonischen Packratten eine Zuflucht des Glaubens und des Frohlockens gebracht. Sie wäre vorbeigetrieben, hätte es nicht die magnetische Präsenz der neun Gottheiten auf dem Synderplatz gegeben – und die noch stärkere Anziehungskraft zahlloser Dämonen, die bereits von der sanften, wohltuenden Liebkosung freudiger Hingabe gestreichelt worden waren.
    Trotz der heldenhaftesten Bemühungen des Luftstroms sank die purpurne Butterblume der Frömmigkeit hinab, und als sie näherkam, eruptierten winzige Lagen spontanen Kicherns aus der Menge der schanghaiten Massen. Rinnsale der Erregung blubberten auf, vereinigten sich und bildeten kleine Teiche des Frohlockens. Die Dämonen wurden von dem überwältigenden Verlangen ergriffen, Gesänge anzustimmen und Glöckchen zu läuten – Glöckchen, deren Töne einem talmihaften

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