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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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konjugierte, öffnete sich die Tür zum Klassenraum, und Irene aus dem Sekretariat trat ein. Alle Köpfe, meiner eingeschlossen, wandten sich zu ihr um, doch die Einzige, die sie ansah, war ich.
    Mit einem Gefühl, als würden jeden Moment die Beine unter mir nachgeben, stand ich auf. Auf meinem Hinterkopf spürte ich förmlich James’ und Avas Blicke brennen. Ich stolperte durch die Tischreihen auf Irene zu und ignorierte das allgemeine Flüstern.
    „Kate“, sagte Irene sanft, als wir auf dem Flur standen und sie die Tür zum Klassenraum fest hinter mir geschlossen hatte. „Die Krankenschwester deiner Mutter hat angerufen.“
    Alles um mich herum schien sich zu drehen, und für einen Moment wollte mir nicht mehr einfallen, wie man atmete. „Ist sie tot?“
    „Nein“, erwiderte Irene, und Erleichterung durchflutete mich. „Sie ist im Krankenhaus.“
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen, drehte ich mich um und rannte den Flur hinunter, der Unterricht war völlig vergessen. Alles, was ich wollte, war, zum Krankenhaus zu gelangen, bevor meine Mutter starb.
    „Kate?“
    Es war später Nachmittag, und ich saß völlig erschöpft im Warteraum des Krankenhauses. Die letzten drei Stunden hatte ich allein hier verbracht, die Zeitschriften durchgeblättert, die sichauf dem Tisch stapelten, und darauf gewartet, dass die Ärzte mir sagten, wie es meiner Mom ging.
    „James!“ Auf wackligen Beinen ging ich auf ihn zu und umarmte ihn, als hinge mein Leben davon ab. Es dauerte länger, als unbedingt nötig gewesen wäre, doch ich brauchte das Gefühl seiner warmen Arme, die mich hielten. Es war lange her, dass ich jemanden umarmt hatte, der nicht zerbrechlich war. „Meiner Mutter geht es schlecht, und sie sagen mir nicht …“
    „Ich weiß“, bremste er mich. „Irene hat’s mir erzählt.“
    „Was ist, wenn es das jetzt war?“, fragte ich und barg mein Gesicht an seiner Brust. „Ich konnte mich nicht mal verabschieden. Ich konnte ihr nicht sagen, dass ich sie liebe.“
    „Sie weiß es“, murmelte er, während er durch mein Haar strich. „Ich verspreche dir, dass sie es weiß.“
    Die nächsten Stunden blieb er bei mir, verschwand nur kurz, um etwas zu essen zu besorgen, und saß neben mir, als schließ-lich der Arzt kam und das sagte, wovor ich mich gefürchtet hatte: Meine Mutter war ins Koma gefallen, und sie würde nicht mehr lange bei uns sein.
    James blieb an meiner Seite, als ich hineinging, um meine Mutter zu sehen. So klein und zerbrechlich sah sie aus, wie sie da in dem großen Krankenhausbett lag, den Körper an mehr Maschinen und Monitore angeschlossen, als ich zählen konnte. Ihre Haut war aschgrau, und selbst wenn der Arzt es mir nicht gesagt hätte, konnte ich sehen, dass sie nicht mehr lange durchhalten würde. Im Kopf ging ich noch einmal alles durch, was am Vortag geschehen war, und hasste mich selbst mit jedem Mal mehr, dass ich mich erinnerte, wie ich sie im Garten hatte bleiben lassen. Vielleicht würde sie noch immer durchhalten, hätte ich nicht zugelassen, dass sie sich so anstrengte.
    Jetzt, wie sie dort in ihrem Krankenbett lag, war sie kaum mehr wiederzuerkennen. So wollte ich meine Mutter nicht in Erinnerung behalten – als leblose Hülle der Frau, die sie einmal gewesen war. Doch ich konnte nicht loslassen.
    Kurz vor zehn kam eine Krankenschwester und erklärte, dassdie Besuchszeit vorbei sei. Als ich mich ein paar Minuten später immer noch nicht hatte lösen können, trat James neben mich.
    „Kate.“ Ich spürte seine Hand auf dem Rücken und versteifte mich. „Je eher du etwas Schlaf bekommst, desto früher kannst du morgen wieder herkommen und nach ihr sehen. Komm, ich fahr dich nach Hause.“
    „Das ist nicht mehr mein Zuhause“, widersprach ich, ließ jedoch zu, dass er mich fortführte.
    Ich starrte aus dem Fenster, während er mein Auto zurück nach Eden fuhr – dankbar, dass er nicht versuchte, eine Unterhaltung anzufangen. Selbst wenn er es versucht hätte – ich war mir nicht sicher, ob ich eine Antwort herausgebracht hätte. Erst als wir mit laufendem Motor in meiner Auffahrt standen, richtete James das Wort an mich. Im Hintergrund spielte leise ein Song im Autoradio, und ich musste mich anstrengen, ihn über-haupt zu erkennen. Ich schob es vor mir her. Ich wollte nicht in dieses Haus gehen. Jahrelang hatte ich mich auf das vorbereitet, was kommen musste. Und nun, da es passierte, konnte ich den Gedanken nicht aushalten, allein zu sein.
    „Bist du sicher, dass

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