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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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reinzugehen.“
    Aus schmalen Augen sah sie mich an. „Ich gehe rein, wenn du bereit bist, mit mir zu reden.“
    „Ich rede doch mit dir“, wich ich aus. „Bitte, Mom, du über-anstrengst dich. Es wird dir schlechter gehen.“
    Ein humorloses Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Ich wüsste nicht, wie. Redest du mit mir darüber oder nicht?“
    Ich schloss die Augen und versuchte die stechenden Tränen zu ignorieren. Das war nicht fair. Etwas Zeit mussten wir doch noch haben, oder? Sie hatte so lange durchgehalten – sicher konnte sie noch ein paar Monate mehr schaffen. Weihnachten, dachte ich. Nur noch ein gemeinsames Weihnachten, dann würde ich es über mich bringen, Lebewohl zu sagen. Den Deal hatte ich schon die letzten vier Jahre gemacht, und bisher hatte er immer funktioniert.
    „Ich will nicht, dass du mich vermisst“, sagte sie. „Du sollst dein eigenes Leben leben, Liebes, und dich nicht mit mir belasten – erst recht nicht, wenn ich fort bin.“
    Meine Kehle fühlte sich rau an, doch ich sagte nichts. Ich wusste nicht, wie das ging – mein eigenes Leben leben. Selbst in New York war sie schon meine beste Freundin gewesen – meine einzige Freundin in den vergangenen vier Jahren. Was erwartete sie von mir? Dass ich zusammenpackte und das alles einfach hinter mir ließ?
    „Und ich will, dass du dich verliebst und deine eigene Familie gründest – eine, die deutlich länger bei dir bleibt als ich.“ Sie streckte den Arm aus, ergriff meine Hand und drückte sie sanft. „Finde jemanden, der gut zu dir ist, und lass ihn niemals gehen, hörst du?“
    Ich fühlte mich, als würde ich ertrinken. „Mom“, brachte ich mühsam hervor, „ich weiß nicht, wie das alles geht.“
    Traurig lächelnd sah sie zu mir auf. „Das weiß niemand, Kate.Nicht am Anfang. Aber du bist bereit dafür, das verspreche ich dir. Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand.“ Für einen Moment wirkte sie abwesend und blickte auf unsere verschränkten Finger. „Du bist bereit, und du wirst es mit Bravour meistern, Liebes. Du wirst das Unmögliche schaffen, das spüre ich. Und selbst wenn du denkst, ich wäre nicht bei dir, werde ich es doch immer sein. Ich werde dich niemals verlassen – vergiss das nie, okay? Manchmal wird es sich vielleicht anfühlen, als wäre ich fort, aber ich werde immer da sein, wenn du mich am meisten brauchst.“
    Mit der freien Hand wischte ich mir die Tränen fort, und mein Griff um ihre Finger wurde fester. Etwas in meinem Inneren bröckelte schneller weg, als ich es wieder kitten konnte, und ich wusste nicht mehr, was ich noch tun konnte. Ein Leben ohne sie konnte ich mir nicht vorstellen. Nicht, dass ich das überhaupt gewollt hätte. Und doch war es eine Realität, der ich mich früher würde stellen müssen, als ich bereit wäre. Ich wollte sie, meine Mutter – keine bloße Erinnerung.
    „Versprich mir, dass du du selbst bleibst und tust, was dich glücklich macht, was auch kommen mag“, bat sie eindringlich und umschloss mit beiden Händen meine klammen Finger. „Auf dich wartet Großes, mein Liebling, aber je mehr du dich dagegen wehrst, die zu sein, die du bist, desto schwerer wird es werden. Welche Hindernisse sich dir auch immer in den Weg stellen: Denk immer daran, dass du alles schaffen kannst, wenn du es nur willst. Und das wirst du.“ Sie lächelte, und der letzte Rest Selbstbeherrschung in mir zerbrach. „Du bist so viel stärker, als du glaubst. Versprichst du mir, zu versuchen, glücklich zu sein?“
    Ich wollte ihr sagen, dass ich nicht wusste, wie ich ohne sie glücklich sein sollte, dass ich nicht wusste, wer ich war, wenn sie nicht bei mir war, und dass ich nicht stark genug war für das hier. Doch ihr flehender Blick zwang mich in die Knie. Also log ich ein zweites Mal.
    „Okay“, murmelte ich. „Ich versprech’s.“
    Ihr Lächeln machte meine Schuldgefühle nur noch größer.„Danke“, erwiderte sie. „Es wird einfacher sein, zu gehen, wenn ich weiß, dass du zurechtkommen wirst.“
    Schweigend half ich ihr auf die Beine. Ich wusste nicht, ob ich meiner Stimme in diesem Augenblick trauen konnte. Ohne einen weiteren Blick auf das ausgerupfte Unkraut mitten auf dem Rasen zu werfen, klopfte ich ihr den Schmutz von den Knien und brachte sie halb stützend, halb tragend ins Haus – während ich mit aller Macht wünschte, sie müsste überhaupt nicht gehen.
    Am nächsten Tag, während die Lehrerin herunterleierte, wie man französische Verben

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