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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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aufgegeben. Vielleicht versucht er es für dich, aber nicht, weil er weitermachen will. Er will nur nicht, dass du getötet wirst, das ist alles.“
    Ich schwieg einen Moment.
    „Stehen die Chancen dafür so gut?“
    James sah mich an, und ich sah die nackte Angst in seinen Augen.
    „Keine hat länger als bis Weihnachten überlebt. Bitte. Henry will das nicht. Er wird immer Persephone lieben, nicht dich. Sieh dich doch mal um – guck dir an, wo du bist. Das hier war ihr Zimmer.“
    An dem Raum war nichts außergewöhnlich, nur das Bild, das Henry nach James geworfen hatte. Doch je genauer ich meine Umgebung in Augenschein nahm, desto klarer wurde es mir: Es war wie ein Kinderzimmer, das ein trauernder Vater nach einer Tragödie nicht mehr anzurühren wagte. Auf dem Schminktisch in der Ecke lagen altmodische Haarnadeln, und die Vorhänge waren zurückgezogen, um das Sonnenlicht hereinzulassen. Auf dem Stuhl vor dem Schminktisch lag sogar ein Kleid bereit und schien nur darauf zu warten, angezogen zu werden. Es war, als sei in diesem Raum die Zeit stehen geblieben, als läge hier alles seit Jahrhunderten unberührt, wartend auf Persephones Rückkehr.
    „Diese Spiegelung …“ James deutete auf das Bild von Henry und Persephone, Seite an Seite und so überaus glücklich. „Sie ist nicht real. Sie ist ein Wunsch, ein Traum, eine Hoffnung – keine Erinnerung. Er hat sie so sehr geliebt, er hätte die Welt in Stücke gerissen, hätte sie ihn darum gebeten. Aber sie konnte es kaum ertragen, ihn anzusehen. Seit dem Tag ihres Todes fleht er den Rat an, ihn freizugeben und vergehen zu lassen. Denkst du wirklich, damit könntest du konkurrieren?“
    „Es ist kein Wettbewerb“, entgegnete ich rau und wiederholte seine Worte von vorhin. Doch noch während ich das sagte, wurde mir klar, dass es das sehr wohl war. Wenn ich Henry nicht dazu bringen konnte, dass ich ihm wichtig war, hätte er keinen Grund mehr weiterzumachen. Und in seinem Kopf würde ich mich immer an Persephone messen lassen müssen. Aber das war kein Grund, den Kampf um ihn aufzugeben. Er verdiente genauso sehr eine Chance auf sein Glück wie ich, und ich war nicht bereit,mich von einem weiteren Menschen in meinem Leben zu verabschieden.
    James’ Ausdruck wurde weich.
    „Er wird dich niemals lieben, Kate, nicht so, wie du es verdienst. Er hat schon vor langer Zeit aufgegeben, und alles, was du tust, verlängert nur seinen Schmerz. Es wäre barmherziger, wenn du ihn in Frieden lässt.“
    Ich trat auf James zu, hin- und hergerissen zwischen Zorn und dem heftigen Bedürfnis, ihn zu berühren – mich zu vergewissern, dass es James immer noch gab unter dem listigen Gott, der er plötzlich geworden war. Der alles sagte, wovon er dachte, es könnte mich überzeugen zu gehen. Damit ich die Ewigkeit von Henry stahl und sie ihm gab.
    „Und du denkst, das sollte ich tun?“ Jetzt war ich keinen halben Meter mehr von ihm entfernt. „Du denkst, ich sollte aufgeben und ihn verlassen, genau wie Persephone es getan hat?“
    „Persephone hatte ihre Gründe“, widersprach James. „Er hat sie fortgerissen von allem, was sie je geliebt hat, und sie gezwungen, bei ihm zu bleiben, obwohl sie nicht wollte. Du hät-test dasselbe getan.“
    Ich schwieg. Der Unterschied zwischen Persephone und mir war, dass sie noch etwas zu verlieren gehabt hatte. Verzagt griff James nach mir, und ich ließ ihn die Arme um mich schließen, das Gesicht in meinem Haar vergraben. Ich hörte ihn tief einatmen und fragte mich, ob er den Lavendel in meinem Shampoo roch oder in Wahrheit meine Angst und die Schuldgefühle und die Entschlossenheit aufnahm. Nach einigen zäh fließenden Sekunden erwiderte ich seine Umarmung.
    „Bitte tu dir das nicht an, Kate“, raunte er in mein Ohr. Ich schloss die Augen und tat für einen Moment so, als wäre er wieder einfach nur James. Nicht Henrys Rivale, nicht der Gott, der nur darauf wartete, durch mein Versagen alles zu gewinnen, sondern mein James.
    „Tust du mir einen Gefallen?“, fragte ich an seiner Brust.
    „Natürlich“, erwiderte er. „Alles.“
    Ich löste mich von ihm.
    „Verschwinde verdammt noch mal aus meiner Nähe – und komm nicht vor dem Frühling wieder.“
    Aus großen Augen sah er mich an. „Kate …“
    „Ich mein’s ernst.“ Meine Stimme bebte, doch ich gab nicht nach. „Raus hier.“
    Fassungslos trat er einen Schritt zurück und schob die Hände in die Taschen. Einen Moment lang sah er aus, als würde er etwas

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