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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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du gehen willst, können wir nichts tun, um dich aufzuhalten. Wenn Henry dich gegen deinen Willen hierbehält, haben wir jedes Recht einzuschreiten.“
    „Warte mal“, warf ich ein, als mir langsam klar wurde, was er da sagte. „Was meinst du mit wir? “
    Henry runzelte die Stirn, und für einen kurzen Moment wirkte er wie ein Fremder. „James“, warnte er leise.
    James richtete sich auf und ließ die Arme sinken.
    „Es ist mir egal, ob sie es erfährt.“
    „Den anderen wird es nicht egal sein“, erwiderte Henry, doch er tat nichts, um James aufzuhalten.
    Zögernd trat James auf mich zu, als wollte er meine Hand ergreifen, doch mein kalter Blick stoppte ihn.
    „Ich bin ein Mitglied des Rates.“
    Mir blieb fast das Herz stehen.
    „Du bist im Rat?“ Unbändiger Zorn erfasste mich. „Das kann nicht sein. Du bist – du .“
    „Scharfsinnig beobachtet“, murmelte er mehr zu sich selbst als zu mir. „Hör zu, Kate – es ist mir egal, ob du mir glaubst oder nicht. Na ja, nein, es wäre mir lieb, wenn du’s tätest, aber ich erwarte es nicht von dir. Du kannst mich hassen, so viel du willst, weil ich versuche, dich von Henry wegzubringen, aber ich versuche nur, das Beste für dich zu tun.“
    „Und du denkst, das Beste für mich ist, den Rest meines Lebens in dem Wissen zu verbringen, dass ich der Grund für Henrys Tod bin?“ Tränen traten mir in die Augen, doch ich blinzelte sie zurück und zwang mich, energisch weiterzusprechen. „Ganz zu schweigen von dem, was mit meiner Mutter passieren wird.“
    „Wenn du dich entscheidest, zu gehen, würdest du dich an nichts von alledem erinnern“, entgegnete James. „Das war ebenfalls Teil der Abmachung.“
    „ Genug von dieser bescheuerten Abmachung.“ Mir brach die Stimme, und ich erblasste. „Das hier ist meine Entscheidung, nicht deine. Du kannst nicht einfach daherkommen und hinter meinem Rücken alles beenden, bloß weil du denkst, du wüss-test, was das Beste für mich ist. Ich bestimme, wann das hier zu Ende ist, nicht du.“
    Angespannt blickte ich zwischen Henry und James hin und her, um sicherzugehen, dass sie beide zuhörten, doch Henry war auf meinen Knöchel konzentriert, den Kopf gebeugt und die Augen geschlossen. Eine wohlige Wärme breitete sich von seiner Berührung aus, bis in mein Knie und die Zehenspitzen, und Henry schloss die Hände um das Gelenk und bewegte es vorsichtig.
    „Tut das weh?“, fragte er, und ich schüttelte den Kopf. Er ließ mein Bein los, und vorsichtig zog ich es an und wackelte mit den Zehen. Es tat nicht mehr weh.
    „Wie hast du …“, setzte ich an, meine Wut kurzzeitig vergessend. Henry zuckte mit den Schultern.
    „Du sollst sie nicht heilen“, tadelte ihn James von der anderen Seite des Zimmers aus. Henry richtete sich auf, und selbst von der Seite sah ich den leeren Ausdruck in seinen Augen.
    „Es scheint, als würden wir heute Nacht alle möglichen Regeln brechen.“ Er stand auf. „Wenn ihr mich jetzt entschuldigen würdet.“
    Bevor ich protestieren konnte, war er verschwunden – und ließ mich allein mit James zurück. Ich erhob mich ebenfalls und belastete versuchsweise meinen Knöchel. Er trug mich sicher.
    „Ich hab mir das nicht ausgesucht, weißt du“, bemerkte James leise. „Dass ich für ihn übernehme, wenn du versagst. Ich bin das einzige Ratsmitglied, das die Unterwelt so gut kennt wie er.“
    „Und trotzdem wolltest du’s.“
    Er wandte den Blick ab, sah aus dem dunklen Erkerfenster hinab auf den Park. Der Mond war fast voll, und ich konnte sehen, wie sich die Spitzen der kahlen Bäume im Novemberwind wiegten.
    „Wir existieren, solange das da ist, was wir repräsentieren. Niedere Gottheiten vergehen andauernd, wenn sie vergessen werden, aber der Rat ist anders. Solange die Menschheit existiert, wird es immer Liebe und Krieg geben. Musik und Kunst werden immer existieren, genauso wie Literatur und Frieden, Ehen und Kinder und Reisende. Aber die Menschheit wird nicht ewig bestehen, und wenn sie vergeht, wird das auch mit uns passieren. Nur der Tod wird bleiben.“
    „Und wenn du die Unterwelt kontrollierst, überlebst du, selbst nachdem alles andere verschwunden ist?“ Ich formulierte es als Frage, doch ich kannte die Antwort bereits und hatte einen Kloß im Hals. „Darum geht es hier?“
    „Nein. Hier und jetzt geht es darum, dein Überleben zu sichern. Ich will nicht, dass du stirbst, Kate – bitte. Keiner von uns will das, und Henry hat schon vor langer Zeit

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