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Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen

Titel: Das göttliche Mädchen - Carter, A: Das göttliche Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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sagen, doch dann wandte er sich ab und ging hinaus. Ich blieb allein in Persephones Schlafzimmer zurück.
    Vier Jahre lang hatte ich damit verbracht, mich zu weigern, meine Mutter aufzugeben. Henry würde ich das ebenso wenig erlauben. Wenn er nicht um seiner selbst willen weitermachte, würde ich einen Weg finden, ihn dazu zu bringen, stattdessen für mich weiterzumachen.
    Stunden später, als der Mond schon so hoch stand, dass ich ihn aus meinem Fenster nicht mehr sehen konnte, lag ich im Bett und starrte an die Decke. Ich wollte schlafen und meiner Mutter alles erzählen, was ich erfahren hatte. Ich wollte sie fragen, was in aller Welt ich tun konnte, um Henry zu überzeugen, es wenigstens zu versuchen. Doch ich wusste, dass sie mir nichts sagen würde, was ich nicht bereits wusste. Es war nicht ihre Aufgabe, das hier in Ordnung zu bringen. Ich war diejenige, die den Deal eingegangen war, und so leicht würde ich nicht aufgeben.
    Lange nach Mitternacht hörte ich ein leises Klopfen an meiner Tür, und ich vergrub das Gesicht in meinem Kissen. Ava war fort gewesen, als ich aus Persephones Zimmer geschlichen war, und ich war nicht in der Stimmung, ihr zu erzählen, was passiert war. Erst einmal brauchte ich ein oder zwei Tage, um mir über alles klar zu werden, bevor ganz Eden Manor davon erfuhr – falls das nicht längst geschehen war.
    Obwohl ich nicht antwortete, hörte ich, wie die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde und wie leise Schritte auf mich zukamen. Ich bemühte mich, so still wie möglich liegen zu bleiben,und hoffte, wer auch immer es war, würde wieder gehen.
    „Kate?“
    Ich musste mich nicht umdrehen, um Henrys Stimme zu erkennen. Irgendetwas darin schlug eine Saite in meinem Innersten an, eine vertraute Note, die eine Welle der Geborgenheit durch meinen angespannten Körper schickte. Doch ich blickte ihn immer noch nicht an.
    Er bewegte sich so leise, dass ich nicht wusste, wie nah er war, bis ich die Matratze nachgeben fühlte. Er schwieg lange, bevor er etwas sagte.
    „Es tut mir leid.“ Seine Stimme klang dumpf. „Das hättest du nicht sehen sollen.“
    „Ich bin froh drüber.“
    „Warum das?“
    Ich weigerte mich zu antworten. Wie sollte ich ihm erklären, dass ich nicht wollte, dass er aufgab? Ich riskierte alles für ihn – und ich tat es gern –, aber ich würde nicht zulassen, dass ich es für nichts und wieder nichts tat. Ich konnte ihn nicht zwingen, zu kämpfen, aber ich würde einen Grund für ihn finden, nicht zu vergehen.
    Ich hörte Henry seufzen. Ihn so anzuschweigen verschlimmerte die Dinge nur, also murmelte ich schließlich in mein Kissen: „Warum hast du mir nicht früher die Wahrheit über James erzählt?“
    „Weil ich gefürchtet habe, dass du auf diese Weise reagieren würdest. Vor diesem Schmerz wollte ich dich so lange wie mög-lich bewahren.“
    „Es ist nicht das Wissen, dass er es ist, das wehtut“, sagte ich. „Was wirklich wehtut, ist die Tatsache, dass niemand hier mir auch nur die klitzekleinste Information anvertraut.“
    Ich spürte seine Hand auf meinem Arm, doch die Berührung dauerte nur eine Sekunde.
    „Dann werde ich mich bemühen, dir mehr anzuvertrauen. Ich entschuldige mich.“
    Egal, ob er es ehrlich meinte oder nicht, in meinen Ohren klangseine Entschuldigung hohl. Ich drehte das Gesicht zum Fenster, immer noch von ihm abgewandt.
    „Wenn ich bestehe, werden sich die Dinge ändern, oder? Das Leben wird nicht mehr ein einziges großes Spiel sein, bei dem sich alle bemühen, mir alles Mögliche vorzuenthalten, oder? Denn wenn die Antwort auf diese Frage irgendwas anderes ist als ein überzeugendes Ja, glaube ich nicht, dass ich das hier schaffe.“
    Mit dem Handrücken streifte er meine Wange, doch auch diese Berührung dauerte nur kurz.
    „Ja“, sagte er im Brustton der Überzeugung. „Es liegt nicht daran, dass ich dir noch nicht vertrauen würde. Es ist nur so, dass es einige Dinge gibt, die du jetzt einfach noch nicht wissen darfst. So frustrierend das auch sein mag, ich verspreche dir, dass das nur zu deinem Besten geschieht.“
    Nur zu meinem Besten. Offensichtlich war das ihre Standardentschuldigung für jedes Mal, wenn sie etwas taten, das mir nicht gefiel.
    „Und Persephone“, fügte ich hinzu und war froh, dass ich von ihm abgewandt lag und den Schmerz nicht sehen musste, von dem ich wusste, dass er beim Klang ihres Namens in seinen Augen aufblitzte. „Ich bin nicht sie, Henry. Ich kann nicht sie sein, und ich

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