Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)
Liebkosungen ungestüm. Doch Cristin machte sich von ihm los und registrierte mit Befriedigung seinen beschleunigten Atem.
»Nie wieder werden wir eine derartige Möglichkeit bekommen, unsere Goldspinnerei auch über die Grenzen hinweg bekannt zu machen.« Cristin sah ihm tief in die Augen. »Schau, du hast immer gefordert, ich solle nicht mehr so hart arbeiten. Wenn wir erst mal den einen oder anderen Auftrag von dem italienischen Tuchhändler in der Tasche haben, könnte ich endlich Lohnarbeiter einstellen.«
Baldo blieb ihr eine Antwort schuldig, sein Blick jedoch wurde starr. Liebevoll fuhr sie über seine Züge und zeichnete die Linien seines Mundes nach.
»Aber du kannst dich beruhigen, Liebling. Ich werde nicht allein reisen.«
»So? Wen nimmst du mit … Minna etwa?«
»Ach, Baldo.« Sie fuhr ihm zärtlich durch das feuchte Haar. »Bastian Landsberg hat sich bereit erklärt, mit mir nach Italien zu fahren.«
»Landsberg? Ich verstehe nicht.« Baldo machte sich von ihr frei und kratzte sich am Hinterkopf. »Wie kommst du darauf, dass er mit dir kommen wird?«
»Weil er die Bitte einer hübschen Frau nicht abschlagen kann.«
Baldo fuhr herum. Ein kräftiger Mann mit braunen, auf die Schultern fallenden Haaren, stand in der offenen Küchentür. In der Hand hielt er einen schmucklosen Filzhut. Er lächelte, und dieses Lächeln war so einnehmend, dass es sein sonst eher unauffälliges Äußeres attraktiv erscheinen ließ.
»Landsberg!« Baldos Augen wurden groß. »Wie kommt Ihr denn hierher?«
Auf dem bartlosen Gesicht wurde das Lächeln breiter. »Da staunt Ihr, was?«
»Allerdings.« Der Hausherr ergriff die ausgestreckte Hand des Besuchers und schüttelte sie herzlich.
Hinter ihnen lachte Cristin hell auf. »Die Überraschung ist offenbar gelungen. Ich habe unserem Freund sofort eine Nachricht zukommen lassen und ihn gebeten, uns zu besuchen. Und kurz bevor du eben zur Tür hereinkamst, ist er eingetroffen. Du siehst, er hat sich beeilt.«
»Darauf muss ich erst mal einen Becher Wein trinken«, erwiderte Baldo kopfschüttelnd. »Setzt Euch bitte.«
Er ließ sich auf einen der Stühle fallen, und Landsberg tat es ihm gleich.
»Ihr habt den langen Weg nach Hamburg auf Euch genommen, um Cristin nach Venedig zu begleiten?«, fragte er, griff nach dem Krug mit Würzwein und füllte zwei Becher.
Der andere nickte. »Außerdem wollte ich Euch zwei endlich einmal wiedersehen. Obendrein spreche ich leidlich Italienisch, was Eurem Weib zum Vorteil geraten dürfte. Einen Beutel voller wunderschöner Bernsteine habe ich ebenfalls dabei, die ich beabsichtige, den Venezianern zu verkaufen. Somit schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe, wenn ich Cristin begleite, mein Freund.« Er lächelte abermals. »Erzählt, wie ist es Euch ergangen, nachdem wir das letzte Mal voneinander schieden, Baldo? Habt Ihr aus meinen Bernsteinen schöne Schmuckstücke anfertigen können?«
»Oh ja, einige sind allerdings noch übrig. Ich möchte daraus Knöpfe herstellen.«
Mit lebhaften Gesten beschrieb Baldo, wie er die verbliebenen Steine bearbeiten wollte. In seinen Augen entdeckte sie einen besonderen Glanz. Wärme durchflutete Cristin, als sie ihn beobachtete. Baldo war ein anderer geworden, seit er seine Leidenschaft für das Kupferschmiedehandwerk entdeckt hatte. Wie schade nur, dass er ohne eine anständige Lehrzeit seine Werke nicht auf einem Markt feilbieten durfte. Eine Weile lauschte sie dem angeregten Geplauder der beiden Freunde.
»Erinnert Ihr Euch, Cristin? Ihr wolltet mir damals weismachen, ihr wärt Geschwister. Agnes, Adam und Piet.« Landsberg lachte. »Meine Güte, was habt Ihr für ein Geheimnis um Euch drei gemacht. Dabei hab ich mir damals gleich gedacht: Mit denen stimmt was nicht.« Er nahm einen tiefen Schluck. »Baldo hat mir bei seinem letzten Besuch von Eurer Eheschließung berichtet. Das ist gut. Es ist nicht richtig, wie Mann und Frau zusammenzuleben, ohne den Segen Gottes.«
Der Bernsteinhändler war ein tiefgläubiger Mann und gehörte zur Gemeinschaft der Waldenser, die von der Kirche erbarmungslos als Ketzer verfolgt wurden. Am Strand der Ostsee hatte er sie damals während ihrer Reise nach Polen angesprochen und ihnen zwei prächtige Bernsteine abgekauft, die Cristin gefunden hatte. Er hatte sie bewirtet, bevor sie gen Süden weitergezogen waren.
»Wie wahr, Herr Landsberg«, lächelte Cristin. »Von der Eheschließung jedoch musste ich Baldo zunächst überzeugen. So weit hat mein
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