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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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stieß einen Schrei aus. Mein Kind, oh Gott, durchfuhr es sie.
    »Pscht, schönes Weib!«, zischte der Mann, während er sie unerbittlich zu sich heranzog. »Ihr müsst keine Angst haben. Euch und Euren Begleitern wird kein Haar gekrümmt, solange Ihr uns Eure Ladung übergebt! Auf der Stelle!«
    »Verdammter Hundsfott!«, bellte Baldo. »Lasst sofort meine Frau los!«
    »So reißt Euch doch zusammen, werter Herr. Glaubt mir, niemand will, dass hier ein Unglück geschieht.«
    »Nimm den Dolch weg, du Dreckskerl, sonst …«
    Die Spitze der Kurzschwertklinge war nun nur noch eine Fingerbreite von Cristins Brust entfernt. Ihr Blick flog zu Baldo, in dessen Miene sich Wut und Ohnmacht spiegelten, und suchte dann Bastians. Ihr wurde kalt. Vor dem Bernsteinhändler stand ein barhäuptiger Bursche von vielleicht achtzehn Lenzen. Die Spitze des Schwertes, dessen Griff der Kerl mit beiden Händen umklammert hielt, zeigte genau auf Bastians Adamsapfel. Und als ob es damit noch nicht genug war, kamen zwei weitere Wegelagerer unter der Plane des Fuhrwerks hervor, das der falsche Spielmann gelenkt hatte. Sie sprangen auf das Pflaster, bereit, ebenfalls nach ihren Dolchen zu greifen, sollte Baldo irgendwelche Anstalten machen, sich auf den Buntgekleideten zu stürzen. Der ließ nun Cristins Kleid los und umfasste stattdessen den Rand des Wagens. Mit einem Sprung erklomm der Mann die Ladefläche. Sofort zeigte seine Klinge wieder auf Cristin.
    »Ihr seid wirklich ein hübsches Weib.«
    Sie wich bis in die Ecke des Wagens zurück, drückte sich gegen einen Stoffballen und zog die Beine an.
    »Hör zu«, hörte sie Baldo mit gefährlich ruhiger Stimme fauchen. »Ich geb dir, was du willst, aber lass meine Frau in Ruhe!«
    Der Wegelagerer sank auf die Knie und kroch zu Cristin hinüber. Im Halbdunkel sah sie ihn die Lippen zu einem schmalen Lächeln verziehen.
    »Ich fürchte, Ihr verkennt die Lage«, rief er. »Ich will beides. Eure Ladung und Euer Weib!« Schon war er bei ihr, und die Klinge seines Dolchs legte sich kalt an ihre Wange.
    »Ich bitte Euch bei Eurer unsterblichen Seele, rührt die Frau nicht an!«, vernahm sie Bastians Stimme.
    »Heilige Scheiße, ein Pfaffe!«
    Der Mann grinste wieder. »Macht Euch keine Sorgen um meine Seele. Ich tu es auch nicht! Dreh dich um, Weib.«
    Der Druck der Klinge auf ihrer zarten Haut verstärkte sich.
    »Ich bitte Euch …«
    »Du sollst dich umdrehen, sag ich!«
    Sie gehorchte. Mit einer Hand fasste er nach ihrem Gesäß. Ein Wimmern stieg in ihr auf, während das Bild eines anderen Mannes vor ihr entstand: Gero Momper, der Fronknecht, der sie in der dreckigen Zelle der Lübecker Fronerei brutal von hinten genommen hatte. Ihre Lippen formten ein stummes Gebet.

2
    D ie ersten Novembertage waren noch angenehm mild, nur abends wurde es recht kühl. In den vergangenen drei Wochen war Piet auf den Marktplät zen rund um Polens Hauptstadt aufgetreten. Von dem Wenigen, was die Zuschauer in seine Mütze warfen, hatten er und Marianka mehr schlecht als recht leben können. So war er schließlich von Tag zu Tag übellauniger geworden. Seine Frau hatte ihn schließlich einen Ponurak – einen Griesgram – genannt und ihn gebeten, doch ein fröhliches Gesicht zu machen, denn einen traurigen Narren wollten die Menschen nicht sehen. Gelingen wollte es ihm jedoch nicht.
    Immer weniger Leute blieben stehen, um ihm zuzuschauen, und so manche Nacht kam Piet nicht in den Schlaf. Nicht nur, weil seine Narreteien kaum Geld einbrachten, zu allem Übel verfolgten ihn auch noch wilde, unzusammenhängende Träume, an die er sich am folgenden Morgen kaum noch zu erinnern vermochte. Lediglich Cristins Gestalt blieb ihm im Gedächtnis haften. Verdammt, warum entglitten ihm die Erinnerungen ständig wieder? Einzig eine unerklärliche Unruhe blieb übrig, die sich nicht abschütteln ließ.
    Wenn er nur ihr Haus in Hamburg kennen würde. Vielleicht wäre es dann möglich, sich wieder an einen dieser Träume zu erinnern. Oder hatte ihn die Gabe des Sehens etwa für alle Zeit verlassen und die Verbindung zu seiner Schwester war abgebrochen?
    Auch Marianka war nicht verborgen geblieben, wie sehr Piet sich um sie und Cristin sorgte, und sie hatte sich darüber Gedanken gemacht, was sie noch tun konnte, um ihren beinahe leeren Geldbeutel zu füllen. Piet hatte sich jedoch wenig begeistert von ihren Überlegungen gezeigt.
    »So weit kommt’s noch, dass sich meine Frau vor den Leuten zur Schau stellt.«
    Damit war für

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