Das Gold der Maori - Das Gold der Maori
Wochentag, und sie hatte eine Besorgung genutzt, um sich eine freie Stunde zu verschaffen.
Lizzie folgte der Wirtin mit klopfendem Herzen. Sergeant Meyers durfte um diese Zeit eigentlich nicht zu Hause sein. Aber man wusste natürlich nie …
Tatsächlich war es dann aber nur Velvet, die sie begrüßte. Sie schickte die Wirtin sofort freundlich, aber bestimmt fort, um Tee und Gebäck für sich und ihre Freundin zu bringen.
»Ich kann eigentlich gar nicht so lange bleiben …«, meinte Lizzie nervös und sah sich im Zimmer um. »Schön hast du’s hier. Du bist eine richtige Lady geworden, Velvet.«
Velvet lächelte. »Es ist nicht so schön wie bei deiner Herrschaft«, sagte sie. Die Meyers hatten die Smithers inzwischen auch gemeinsam besucht. Velvet sah Lizzie forschend an und missdeutete deren unglücklichen Gesichtsausdruck. »Na ja, wenn ich die ganze Pracht jeden Tag putzen müsste, sähe ich sie wohl auch mit anderen Augen …«, schränkte sie dann ein.
Lizzie schüttelte den Kopf. »Das ist es nicht. Ich putze ganz gern … Aber wir haben nicht viel Zeit, Velvet. Du musst mir zuhören. Ich brauche deine Hilfe.«
Velvet wehrte mit einer Handbewegung ab und wies mit dem Kinn auf den Flur. Die Wirtin stieß eben ohne anzuklopfen die Tür auf und stellte ein Tablett mit Teetassen und Muffins auf den Tisch.
Velvet dankte ihr lächelnd und bot Lizzie einen Platz an. »Jetzt können wir reden«, sagte sie, als die Frau gegangen war. »Also, was kann ich für dich tun? Du willst heiraten, habe ich gehört?«
»Ich will flüchten«, stellte Lizzie richtig. Sie hatte keine Zeit für höfliche Konversation. »Gemeinsam mit Michael Drury. Aber erst mal muss er raus aus seiner Chain Gang.«
»Moment, Moment …« Velvet goss ihnen Tee ein. Von Lizzies Eröffnung wirkte sie unbeeindruckt, aber so war sie ja immer gewesen. »Das geht alles ein bisschen schnell. Bist du dir klar darüber, dass bisher noch nie jemand aus Van-Diemens-Land entkommen ist?«
»Sagt man«, meinte Lizzie. »Aber wenn mir anstelle des Gouverneurs ab und zu einer wegliefe, gäbe ich es auch nicht zu. Wobei das egal ist. Wir sind dann eben die Ersten.«
»Aber warum denn, Lizzie?« Velvet sah an Lizzies ungeduldigem Ausdruck, dass ihre frühere Zellengenossin das nicht diskutieren wollte.
Lizzie blickte vielsagend auf die wunderschöne Standuhr in der Ecke des Zimmers. »Ich sollte zum Metzger, Velvet, die Köchin wartet auf das Fleisch …«
Velvet nickte. »Also schön, du willst dich unbedingt gemeinsam mit Michael Drury unglücklich machen. Was kann ich dabei tun?«
»Du kannst dich bei deinem Mann dafür einsetzen, dass er Michael auf Sicherheitsstufe II setzt und ihm die Ketten abnimmt!«, sagte Lizzie. »Das ist das Erste. Danach müssen wir irgendwie nach Hobart …«
Wenn sie ehrlich sein sollte, war ihr Plan noch nicht viel weiter gediehen. Zumal alles schnell gehen musste, ihr Aufgebot hing schließlich bereits aus.
»Irgendwie«, sagte Velvet spöttisch. »Nun sitz hier nicht wie auf Kohlen, Lizzie, so wird das nichts. Ein bisschen Zeit musst du dir schon nehmen …«
»Aber ich hab keine Zeit!«, brach es aus Lizzie heraus. »Dieses Schwein Smithers legt sich jede Nacht auf mich, die er mit mir unter seinem Dach verbringt! Mehr oder weniger mit dem Segen seiner Frau, die meint, es nur abstellen zu können, indem sie mich verheiratet. In vier Wochen werden sie mich mit dem Gärtner vermählen, der damit einverstanden ist, mich weiter mit Mr. Smithers zu teilen. Und Michael Drury hängt an der Kette mit ein paar gewalttätigen Schwachköpfen, die ihm von einer Flucht nach Neuseeland vorschwärmen – dabei können sie kein Ruderboot fahren, geschweige denn einen Segler über die Tasmansee bringen. Ich hab keine Zeit, Velvet! Ich brauche Papiere und eine Passage auf dem nächsten Schiff …«
»Die Schiffe nach England werden scharf kontrolliert«, meinte Velvet.
»Aber nicht die nach Auckland oder Greymouth oder wie diese seltsamen Orte da alle heißen in diesem Neuseeland! Die Idee ist nämlich nicht schlecht, nur die Ausführung. Mit Dylan und Connor kommt Michael da nie hin!«
Velvet knabberte an einem Keks. »Also, erstens hast du noch mehr Zeit, als du denkst«, bemerkte sie dann. »Nein, nicht jetzt natürlich, du musst gleich zum Fleischer, das sehe ich ein. Aber mit dem Heiraten. Vor der Begnadigung verhören sie dich noch mal, dazu schaffen sie dich nach Hobart – oder nach Launceston, wenn du Pech hast.
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